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Piero Cipollone
Member of the ECB's Executive Board
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Währungshoheit im digitalen Zeitalter: Plädoyer für einen digitalen Euro

Keynote-Vortrag von Piero Cipollone, Mitglied des EZB-Direktoriums, anlässlich der Konferenz „Economics of Payments XIII“ der Oesterreichischen Nationalbank

Wien, 27. September 2024

Geld besitzt eine grundlegende Bedeutung für die Gesellschaft. Es ist der Motor der Wirtschaft, dank ihm können wir im Alltag bezahlen.[1] Die physische Form des Geldes, Bargeld, ist in Geschäften nach wie vor das meistgenutzte Zahlungsmittel, vor allem für kleinere Beträge. Fakt ist aber auch, dass immer mehr Menschen digitale Formen von Geld nutzen. Tagtäglich werden im Euroraum durchschnittlich 379 Millionen Zahlungen im Einzelhandel digital abgewickelt.[2]

Aufgrund der großen Bedeutung, die Geld für unser materielles und soziales Wohl hat, gilt die Regulierung des Geldes seit Langem als Grundpfeiler staatlicher Souveränität. Der im 16. Jahrhundert lebende einflussreiche französische Jurist und Staatstheoretiker Jean Bodin war der Auffassung, dass allein derjenige, der Recht sprechen darf, auch die Münzprägung regulieren kann.[3]

Auch heute noch regeln Gesetzgeber die Verwendung von Geld. Sie haben die Zentralbanken mit der Ausgabe von öffentlichem Geld betraut und ihnen den Auftrag erteilt, das Vertrauen der Menschen in das Währungssystem zu wahren.

Wir bei der Europäischen Zentralbank (EZB) geben Geld aus, mit dem man überall im Euroraum Großbeträge und im Einzelhandel bezahlen kann. Damit ist die Einheitlichkeit des Geldes in der gesamten Währungsunion garantiert. Wir sorgen zudem dafür, dass der Euro ein sicheres, stabiles und effektives Tauschmittel bleibt und seine Wertspeicherfunktion behält. Für die Wirtschaft und das Finanzsystem ist er dadurch ein unentbehrlicher Anker.

Bei der Integration von Großbetragszahlungen hat das Eurosystem große Fortschritte gemacht. Das ist vor allem der von ihm bereitgestellten robusten Zahlungsinfrastruktur zu verdanken. So verarbeitet T2, das Echtzeit-Bruttoabwicklungssystem des Eurosystems, jede Woche Zahlungen, deren Wert fast dem BIP des gesamten Euroraums entspricht. Überdies hat sich T2 mittlerweile als ein weltweit führendes Zahlungssystem etabliert.

Parallel dazu werden die Euro-Banknoten in allen Ländern des Euroraums im alltäglichen Zahlungsverkehr akzeptiert. Unsere Banknoten sind zu einem Symbol der europäischen Integration und Freiheit geworden.[4] Sie einen uns und stärken unsere gemeinsame Identität als Europäerinnen und Europäer.

Bei Großbetragszahlungen bieten Zentralbanken schon seit einiger Zeit die digitale Abwicklung in Zentralbankgeld an. Anders verhält es sich beim Bargeld, hier gibt es noch kein digitales Äquivalent.

Angesichts des Abwärtstrends sowohl bei der Verwendung als auch bei der Akzeptanz von Bargeld wird dies immer mehr zum Problem. Im Euroraum werden wertmäßig weniger Transaktionen mit Bargeld als mit Karte bezahlt.[5] Zudem hat sich der Anteil an Unternehmen, die angeben, kein Bargeld anzunehmen, in den letzten drei Jahren auf 12 % verdreifacht.[6] Die Europäische Kommission hat daher einen Legislativvorschlag zur Wahrung der Akzeptanz von Bargeld vorgelegt[7], und die EZB wird sicherstellen, dass Euro-Bargeld allgemein verfügbar und zugänglich bleibt.[8] Der Abwärtstrend bei der Nutzung von Banknoten für Alltagszahlungen dürfte aber anhalten, da er die Digitalisierung der Wirtschaft widerspiegelt, die in vielen fortgeschrittenen Volkswirtschaften zu beobachten ist.

Zudem ist der digitale Zahlungsverkehr im Euroraum nach wie vor fragmentiert, sowohl entlang der nationalen Grenzen als auch im Hinblick auf die Einsatzmöglichkeiten. Die derzeit in Europa verfügbaren digitalen Zahlungslösungen sind vor allem auf nationale Märkte und spezifische Einsatzmöglichkeiten ausgerichtet. Um in allen Ländern Europas bezahlen zu können, müssen Verbraucherinnen und Verbraucher auf die Dienste einiger weniger nichteuropäischer Anbieter zurückgreifen, die nun bei den meisten dieser Transaktionen marktbeherrschend sind. Und selbst die Zahlungslösungen dieser Anbieter werden nicht überall akzeptiert und können nicht immer (im Geschäft, bei Zahlungen zwischen zwei Personen und online) eingesetzt werden.

Folglich wird ein zentrales Ziel von Zentralbankgeld – die Bereitstellung eines Zahlungsmittels für die Menschen, hinter dem eine souveräne Instanz steht und das im gesamten Währungsgebiet für Massenzahlungen verwendet werden kann – im Euroraum im Hinblick auf den digitalen Zahlungsverkehr nicht erfüllt. Noch kurioser ist dieser Umstand angesichts der Tatsache, dass digitale Zahlungsmittel in einigen Euro-Ländern akzeptiert werden müssen (Grund für die verpflichtende Akzeptanz ist z. B. die Prävention von Steuerhinterziehung).

Außerdem ist der europäische Zahlungsverkehr mittlerweile ein Paradebeispiel für die Situation, die Enrico Letta und Mario Draghi in ihren unlängst veröffentlichten Berichten beschrieben haben.[9] Die Fragmentierung des Marktes, das unzureichende Angebot an europaweit verfügbaren europäischen Zahlungslösungen und die Schwierigkeiten hiesiger Zahlungsdienstleister, in technologischer Hinsicht mitzuhalten[10], haben zur Folge, dass Europa in seinem eigenen Markt nicht wettbewerbsfähig ist, vom Weltmarkt ganz zu schweigen.

Hinzu kommt, dass wir in einem geopolitisch instabilen Umfeld auf im Ausland ansässige Unternehmen angewiesen sind. Heute sind wir von US-Unternehmen abhängig, in Zukunft könnten wir auf Unternehmen aus anderen Ländern als den Vereinigten Staaten angewiesen sein. Plattformen wie Alipay der Ant Group haben bewiesen, dass geografische Entfernungen für sie kein Problem sind: Bei Großveranstaltungen wie der Fußball-EM 2024 konnte sie den Nutzerkreis ihrer Bezahl-App in Europa massiv ausweiten.[11]

Es gilt nun, rasch die Risken anzugehen, die darauf zurückzuführen sind, dass Europa derzeit nicht in der Lage ist, die Integration und Autonomie seines Massenzahlungssystems sicherzustellen. Dies ist eines der Hauptargumente für das Projekt digitaler Euro: Wenn wir unser Zentralbankgeld fit für das digitale Zeitalter machen, hätten wir ein digitales Äquivalent zu Banknoten und würden unsere Währungshoheit stärken.

Heute werde ich über die Herausforderungen sprechen, die sich für uns daraus ergeben, dass die Digitalisierung die Zweiseitigkeit des Zahlungsmarkts verstärkt. Anschließend werde ich darlegen, inwiefern die Einführung eines digitalen Euro einen spürbaren Unterschied bewirken könnte. Wenn wir den digitalen Euro so gestalten, dass er den unterschiedlichen Bedürfnissen von Verbrauchern, Händlern und Zahlungsdienstleistern gerecht wird, können wir erreichen, dass er auf breiter Front verwendet wird. Dies wiederum wird uns in die Lage versetzen, strategische Ziele wie Innovation, Integration und Unabhängigkeit zu verfolgen. Dadurch können wir letztlich unsere wirtschaftliche Effizienz, Widerstandsfähigkeit und Souveränität stärken.

Der Markt für Massenzahlungen: ein zweiseitiger Marktplatz

Um wirklich zu verstehen, warum es uns noch nicht gelungen ist, die Fragmentierung zu beseitigen, und warum der digitale Euro bahnbrechend wäre, müssen wir zunächst die Struktur des Massenzahlungsmarkts als zweiseitigen Marktplatz verstehen.

Massenzahlungssysteme fungieren als wichtige Intermediäre. Sie verbinden zwei wichtige Teilnehmer – Händler und Verbraucher –, deren Transaktionen von Zahlungsdienstleistern ermöglicht werden.[12] Wesentliches Merkmal dieses Marktplatzes ist, dass sich aus den Interaktionen zwischen den Teilnehmern Netzwerkeffekte ergeben. Dabei nimmt der Nutzen für jede Gruppe mit der steigenden Anzahl von Teilnehmern auf der jeweils anderen Seite zu. Denken wir einmal an das Telefonsystem: Mit jedem neuen Nutzer steigt sein Nutzen. Allerdings ergibt sich andererseits daraus auch ein kniffliges Henne-Ei-Problem. Plattformen brauchen eine kritische Masse an Nutzern, um weitere Teilnehmer anzuziehen – ohne eine solche anfängliche Nutzerbasis wachsen sie aber nur schwerlich auf das erforderliche Maß.

Aus diesem Grund haben Plattformen, die bereits eine große Nutzerbasis besitzen, einen Vorteil beim Eintritt in solche Märkte. Tatsächlich nehmen die Netzwerkeffekte zu, wenn Plattformen ihre Angebotspalette ausweiten und somit ihre Nutzerbasis ausbauen.

Technologische Neuerungen und die Entstehung digitaler, von großen Technologieunternehmen verwalteter Plattformen dürften diese Entwicklung weiter verstärken. Big-Tech-Unternehmen arbeiten in einzigartige Weise im Finanzbereich. Sie machen sich drei sich gegenseitig verstärkende Komponenten zunutze: Datenanalyse, Netzwerkeffekte und miteinander verbundene Tätigkeiten.[13] Netzwerkeffekte ermöglichen es Big-Tech-Unternehmen, mehr Daten zu sammeln, wodurch sich die Qualität ihrer Datenanalysen verbessert. Bessere Datenanalysen führen zu besserem Service und mehr Kundinnen und Kunden, denen eine größere Palette an Dienstleistungen angeboten werden kann und dank denen noch mehr Daten gesammelt werden können.

Infolgedessen erfreuen sich die Zahlungsapps von Big-Tech-Unternehmen vor allem in Schwellen- und Entwicklungsländern großer Beliebtheit.[14] Nehmen wir einmal China als Beispiel. Sein Finanzsystem hat Banken weitgehend von Zahlungstransaktionen abgekoppelt. Stattdessen haben Big-Tech-Unternehmen sich die Popularität von mobilen Apps zunutze gemacht und soziale Interaktionen und Einkaufserlebnisse in sie integriert, um den Nutzerinnen und Nutzern nahtlose digitale Zahlungsmethoden anzubieten.[15] Noch problematischer ist, dass diese Unternehmen – anders als internationale Kartensysteme – mit geschlossenen Zahlungssystemen arbeiten. Bei einem geschlossenen System laden die Verbraucher Geld beispielsweise auf ihr Alipay-Konto und zahlen, indem sie den Alipay-QR-Code des Händlers scannen. Das Geld wird also direkt vom Verbraucher an den Händler überwiesen und das traditionelle System der Banken und Netzwerkprozessoren dadurch umgangen. Nur der Eigentümer des geschlossenen Zahlungssystems hat Zugriff auf die Zahlungsdaten. Dies stellt das traditionelle Bankenmodell infrage, das nur mit Kundendaten und -beziehungen effektiv funktioniert. Und es beeinflusst auch, wie die Kreditvergabe an die Wirtschaft stattfindet.[16] Es besteht die Gefahr, dass von erfolgreichen Online-Plattformen und Big-Tech-Unternehmen entwickelte geschlossene Systeme künftig eine Parallelwirtschaft schaffen mit ihren eigenen Währungen und Recheneinheiten.

Auf globaler Ebene haben Big-Tech-Unternehmen wie PayPal und Apple höchst erfolgreiche Ökosysteme entwickelt, die auf einem geschlossenen Finanzdienstleistungsmodell basieren. Indem sie die Nutzer zur Verwendung ihrer Bezahl-Apps animieren, verpflichten diese Ökosysteme sie de facto zur Nutzung ihrer Zahlungsnetzwerke. Parallel dazu haben die Zahlungsplattformen darauf hingearbeitet, stärker in Social-Media-Giganten wie WhatsApp oder Meta integriert zu werden.[17] Plattformen wie X (ehemals Twitter) erwägen, künftig Zahlungsfunktionen anzubieten.[18] Und auch Amazon wagt gerade einen Vorstoß in das Kreditkarten- und Bezahl-App-Geschäft. Diese Beispiele verdeutlichen, wie diese Firmen Kundennetzwerke dazu nutzen können, um quersubventionierte Verknüpfungen zwischen verschiedenen Diensten herzustellen.[19]

Netzwerkeffekte können zwar einen positiven Zyklus wirtschaftlichen Wachstums begünstigen, bergen aber auch erhebliche Risiken.

So können geschlossene Plattformen („Walled Gardens“) oder eine unzulängliche Interoperabilität zwischen verschiedenen Zahlungslösungen zu einer Marktfragmentierung führen. Mithilfe von Technologie können Wettbewerber ausgeschlossen werden, beispielsweise durch Bevorzugung der Eigenprodukte einer Plattform oder die Beschränkung von konkurrierenden Dienstleistungen. Dadurch kann die Wettbewerbslandschaft zugunsten eines dominanten Players verzerrt und der Eintritt und das Wachstum im zweiseitigen Zahlungsmarkt könnten weiter erschwert werden. Infolgedessen würde der Wettbewerb behindert und es für europäische Zahlungslösungen noch schwieriger, ihre Produkte europaweit anzubieten.

Es besteht somit das Risiko, dass die derzeitige Entwicklung – also dass Big-Tech-Unternehmen versuchen, die Macht ihrer Plattform zum Einstieg bzw. zur Expansion im Zahlungsgeschäft zu nutzen – die Herausforderungen für den europäischen Markt für Massenzahlungen weiter verschärft. Dies beträfe die Integration und die Fähigkeit europäischer Lösungen, mit den anderen Schritt zu halten, auch in punkto Innovationen.

Marktmängel durch europäische Maßnahmen beseitigen

Seit Gründung der Währungsunion haben die politischen Entscheidungsträger in Europa wichtige Schritte ergriffen, um die Entwicklung privater europäischer Zahlungsinitiativen zu fördern, die den gesamten Euroraum abdecken. Man hoffte, dass diese Initiativen den Wettbewerb innerhalb der europäischen Zahlungsverkehrslandschaft beleben und Verbrauchern und Unternehmen mehr Auswahlmöglichkeiten und bessere Dienstleistungen bescheren würden.

Seit der Einführung des einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraums bis zur Annahme der Verordnung über Sofortzahlungen haben die Europäische Kommission[20] und die EZB[21] mit dem privaten Sektor zusammengearbeitet, um die Integration und Innovationen zu fördern und die Schaffung einer europaweiten Lösung für Massenzahlungen voranzutreiben.

Der Binnenmarkt wurde vor über 30 Jahren geschaffen und die einheitliche Währung vor 25 Jahren eingeführt. Trotz aller Bemühungen sind die meisten europäischen Lösungen für den Massenzahlungsverkehr nach wie vor auf ein bestimmtes Land ausgerichtet und nicht für alle Fälle einsetzbar. In Ermangelung eines eigenen nationalen Zahlungssystems verwenden 13 der 20 Euro-Länder ausschließlich Lösungen nichteuropäischer Anbieter.

Folglich sind Menschen, die in einem anderen Euro-Land als in ihrem Heimatland leben, arbeiten, reisen oder online einkaufen, de facto zur Nutzung zweier internationaler Kartensysteme gezwungen, die große Marktmacht besitzen. Dies hält kleine Unternehmen davon ab, ihr Geschäft ins Ausland auszuweiten oder sogar davon, in den einheimischen Online-Markt zu expandieren. In letzter Konsequenz behindert dies die Vertiefung des Binnenmarkts.[22] Und paradoxerweise profitieren die Verbraucherinnen und Verbraucher nicht in vollem Umfang von unseren Bemühungen zum Abbau von Handelshemmnissen auf den europäischen Gütermärkten, da deren positive Effekte von den wenigen internationalen Playern, mit deren Lösungen wir zurzeit in ganz Europa in Geschäften und online bezahlen können, in Form von höheren Gewinnen abgeschöpft werden.

Anstatt für die Entwicklung erfolgreicher gesamteuropäischer Lösungen Kräfte zu bündeln und Ressourcen gemeinsam zu nutzen, haben es Länder häufig vorgezogen, bestehende Strukturen zu erhalten, in die in der Vergangenheit Investitionen geflossen sind.[23] Wegen dieser Zögerlichkeit ist es ein paar großen globalen Playern nicht nur gelungen, eine Vormachtstellung im grenzüberschreitenden europäischen Zahlungsverkehr zu erreichen, sondern sich auch nach und nach einen noch größeren Anteil an den inländischen Transaktionen zu sichern. Dies hat zur Folge, dass heutzutage 64 % aller elektronisch angewiesenen Zahlungen mittels im Euroraum ausgegebener Karten auf internationale, von nichteuropäischen Unternehmen betriebene Zahlungssysteme entfallen.[24]

Der Handel – und die Verbraucherinnen und Verbrauchern, auf die letztlich die Kosten abgewälzt werden – müssen mit den Folgen der Marktdominanz internationaler Kartensysteme leben.

So haben sich z. B. die durchschnittlichen Netto-Servicegebühren der Händler in der EU zwischen 2018 und 2022 nahezu verdoppelt, von 0,27 % auf 0,44 %.[25] Dieser Anstieg konnte trotz regulatorischer Eindämmungsmaßnahmen nicht verhindert werden[26], da die internationalen Kartensysteme ihre starke Verhandlungsposition dafür genutzt haben, die nicht regulierten Komponenten der Händlergebühr (z. B. Systemgebühren) zu erhöhen.[27] Zusammen überweisen die europäischen Händler den internationalen Kartennetzwerken daher Jahr für Jahr hohe Summen.[28] Dabei sind die Kosten kleinerer Einzelhändler unverhältnismäßig hoch: Sie müssen drei- bis viermal höhere Gebühren stemmen als ihre größeren Wettbewerber.[29]

Diese Situation hat bei europäischen Unternehmen jeder Größenordnung Bedenken hervorgerufen.[30] Die EU-Wettbewerbsbehörden können zwar wirksame Maßnahmen ergreifen, tun dies in der Regel allerdings erst, wenn die marktbeherrschende Position bereits besteht. Zudem haben sie es mit der Komplexität der Regulierung von Zahlungsverkehrsnetzwerken zu tun.[31]

Dieser Trend verdeutlich, dass auf mehreren Märkten weiterreichende Wettbewerbsprobleme aufgetreten sind. In Kanada sind gegen einige Banken sowie Visa und Mastercard Sammelklagen eingereicht worden. Es geht um mutmaßliche Absprachen zur Festsetzung höherer Interbankenentgelte.[32] Im Vereinigten Königreich lautet das vorläufige Fazit der für die Regulierung des Zahlungsverkehrs zuständigen Behörde (Payment Systems Regulator), dass auf dem Markt für Kartenzahlungen nicht genug Wettbewerb herrscht. Dies sei der Grund dafür, dass die beiden größten Systeme die Gebühren erhöhen können.[33] Ebenso hat das US-amerikanische Justizministerium Anfang dieser Woche eine kartellrechtliche Zivilklage gegen Visa eingereicht. Visa wird vorgeworfen, dass sein ausschließendes und wettbewerbswidriges Verhalten die Auswahlmöglichkeiten und Innovationen im Zahlungsverkehr beeinträchtigt und den Verbrauchern, Händlern und der US-Wirtschaft enorme Kosten aufbürdet.[34] Visa soll weitaus höhere Gebühren abziehen, als dies in einem wettbewerbsintensiven Markt möglich wäre, was auf eine versteckte Abgabe in Höhe von mehreren Milliarden Dollar hinausläuft, die die US-amerikanischen Verbraucher und Unternehmen Jahr für Jahr zahlen müssen. Und da Händler und Banken diese Kosten an die Verbraucher weitergeben, wirkt sich das Verhalten von Visa nicht nur auf einzelne Preise, sondern auf fast alle Preise aus.[35]

Dass es diese Probleme nicht nur in Europa gibt, tröstet wohl kaum, besonders wenn man bedenkt, dass die Situation hier bei uns anders als in den Vereinigten Staaten unsere Währungshoheit gefährdet.

Die übermäßig starke Abhängigkeit von ausländischen Unternehmen im europäischen Zahlungsverkehrssektor gefährdet die Autonomie und Widerstandsfähigkeit der europäischen Zahlungsdienste. Ohne entschlossenes Handeln der öffentlichen Hand dürfte diese Abhängigkeit weiter zunehmen. Neue Player aus dem Ausland – etwa aus China[36], Brasilien[37] oder Indien[38] – möchten auf den europäischen Markt oder ihre Präsenz dort ausbauen.

Wettbewerb aus dem Ausland ist zwar zu begrüßen, wir können uns aber nicht damit zufriedengeben, dass Europa keine eigene digitale Zahlungslösung hat, die man überall im Euroraum verwenden kann. Und wir müssen aufpassen, dass digitale Währungen ausländischer Zentralbanken (CBDCs) am Ende nicht die internationale Rolle des Euro untergraben, zumal einige Länder erwägen, die Verwendung ihrer CBDC jenseits der eigenen Landesgrenzen zu ermöglichen.[39]

Die Entscheidungsträger in Europa – und insbesondere die EZB – haben diese Herausforderung erkannt. Als Reaktion darauf haben wir das Projekt zum digitalen Euro in die Wege geleitet, das sich derzeit in der Vorbereitungsphase befindet.[40]

Digitaler Euro: der Fragmentierung entgegenwirken und einen konkreten Nutzen schaffen

Das Projekt zum digitalen Euro ist ein entscheidender Schritt zur Verbesserung der Zahlungsverkehrslandschaft in Europa und zum Schutz unserer Währungshoheit.

Ziel ist es, dass alle Menschen im gesamten Euroraum Zugang zu Zentralbankgeld in digitaler Form erhalten. So soll der digitale Euro Verbraucherinnen und Verbrauchern, dem Handel und Zahlungsdienstleistern spürbare Vorteile bringen.

Vorteile für Verbraucher und Handel

Der digitale Euro wäre eine Ergänzung zu den Banknoten. Er würde allen Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen in Europa die Freiheit bieten, nahtlos digitale Zahlungen vorzunehmen und zu empfangen.

Bei meiner letzten Anhörung vor dem Europäischen Parlament[41] habe ich die Vorteile des digitalen Euro für die Verbraucherinnen und Verbraucher ausführlich erörtert. Dabei bin ich insbesondere auf seinen Nutzerkomfort eingegangen. Der digitale Euro wäre eine einheitliche, einfache, sichere und allgemein akzeptierte öffentliche Lösung für digitale Zahlungen in Geschäften, im Internet und zwischen Personen. Er stünde sowohl online als auch offline zur Verfügung und könnte für einfache Bezahlvorgänge kostenfrei verwendet werden.

In meinen Bemerkungen bin ich auch darauf eingegangen, wie der digitale Euro Händlern einen nahtlosen Zugang zur europäischen Verbraucherbasis bieten würde. Er wäre außerdem eine Alternative, die den Wettbewerb beleben würde: Die Transaktionskosten könnten dadurch auf direkterem Weg als durch Regulierungen oder Maßnahmen von Wettbewerbsbehörden gesenkt werden.[42]

Förderung von Wettbewerb und Innovationen in einem vereinten Zahlungsökosystem

Der digitale Euro würde auch den Wettbewerb und Innovationen fördern und der Wirtschaft des Euroraums damit einen umfangreicheren Nutzen bringen.

Europäischen Zahlungsdienstleistern fällt es immer schwerer, mit den internationalen Kartensystemen und elektronischen Zahlungslösungen mitzuhalten. Apple Pay zum Beispiel hat seine Reichweite in Europa massiv ausgebaut und sich einen Anteil an den Interbankenentgelten gesichert, der für die ausgebenden Banken einen „erheblichen Kostenpunkt“[43] darstellt. Die Banken laufen demzufolge Gefahr, dass ihnen nicht nur Interbankenentgelte, sondern auch Kundenbeziehungen und Nutzerdaten entgehen.

Bei einem digitalen Euro wäre indes gewährleistet, dass die Zahlungsdienstleister weiter für die Bereitstellung zuständig wären. Somit könnten diese weiter ihre Kundenbeziehungen unterhalten und für ihre Dienstleistungen vergütet werden, wie es momentan der Fall ist.[44] Der digitale Euro würde außerdem eine Alternative zum Co-Branding mit internationalen Kartensystemen bei grenzüberschreitenden Zahlungen im Euroraum – und möglicherweise über diesen hinaus – bieten und so den Wettbewerb fördern.

Mit dem digitalen Euro gäbe es zusätzliche Geschäftsmöglichkeiten für Zahlungsdienstleister, und die Kosten eines europaweiten Roll-outs von Lösungen würden sich reduzieren. Er würde zudem den Boden für ein Umfeld bereiten, das der weitreichenden Nutzung von Zahlungslösungen in ganz Europa zuträglich wäre.

Derzeit kommen in bestimmten nationalen Märkten bzw. ein paar Ländern Innovationen auf den Markt, die von europäischen Zahlungsdienstleistern vorangetrieben werden. Diese Innovationen sind zwar äußerst lobenswert und würden den Menschen das Leben vereinfachen. Jedoch würde der Versuch, diese in ganz Europa anzubieten, wegen der vorhandenen strukturellen Barrieren auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen. Diese Fragmentierung entlang von Landesgrenzen schränkt die Möglichkeiten privater Teilnehmer ein, in einem zweiseitigen Markt wie dem für Zahlungsverkehr auf die erforderliche Größe zu wachsen.

Und was ist letztendlich die Folge? Gelingt es diesen Unternehmen nicht, umfangreiche, für alle Menschen im Euroraum zugängliche Innovationen einzuführen, dann können sie nicht die optimale Größe erreichen, die es für kontinuierliche Investitionen in neue Technologien braucht. Dies schränkt die Fähigkeit der Unternehmen ein, erfolgreich mit großen internationalen Playern zu konkurrieren, die ihren Größenvorteil sogar auf globaler Ebene in vollem Maße ausnutzen können.

Dem Legislativvorschlag der Europäischen Kommission[45] zufolge würden der Status des digitalen Euro als gesetzliches Zahlungsmittel – aufgrund dessen der Handel den digitalen Euro für elektronische Zahlungen akzeptieren müsste – und die Verpflichtung zu seiner Bereitstellung dazu beitragen, die Schwierigkeiten bei der Erreichung der für einen zweiseitigen Markt ausreichenden Größe zu überwinden. Denn diese beiden Aspekte würden die breite Verfügbarkeit und Akzeptanz im ganzen Euroraum gewährleisten. Durch den Status als gesetzliches Zahlungsmittel in Kombination mit dem Regelwerk für den digitalen Euro würden gemeinsame Standards geschaffen, die es derzeit nicht gibt.

Lassen Sie es mich mit folgendem Beispiel veranschaulichen. Derzeit kommt in Bezahlterminals in Geschäften häufig eine von Mastercard oder Visa bereitgestellte, als „Kernel“[46] bezeichnete Technologie für Kontaktlostransaktionen (Nahfeldkommunikation) zum Einsatz. Nationale Kartensysteme können zurzeit kostenlos auf diese Technologie zugreifen, für mehrere Länder umfassende europäische Kartensysteme gilt dies indessen nicht. Die Kostenlos-Regelung könnte außerdem jederzeit enden.

In Zukunft müssten alle Geschäfte den digitalen Euro akzeptieren, d. h., die Bezahlterminals müssten seinen Standard unterstützen. Nach dem Verordnungsentwurf müsste der Standard privaten Parteien zur Weiterverwendung zur Verfügung gestellt werden. Diese könnten ihn dann für die Entwicklung ihrer Dienste nutzen. Das würde bedeuten, dass alle Bezahlterminals in Europa, die Transaktionen mit digitalen Euro unterstützen, mit einem systemagnostischen Kernel ausgestattet wären. Dieses offene System wäre sowohl für regionale als auch für nationale europäische Zahlungssysteme zugänglich, und den Kunden wäre es dadurch möglich, im gesamten Euroraum kontaktlos zu bezahlen.

Dies würde einen stärker integrierten europäischen Zahlungsverkehrsmarkt voranbringen. Indem private Anbieter ihre geografische Präsenz ausweiten und ihre Produktportfolios diversifizieren, werden sie von Kostenvorteilen profitieren und besser für den internationalen Wettbewerb aufgestellt sein.

Im Wesentlichen würden die Netzwerkeffekte, die sich aus einem digitalen Euro ergeben, als öffentliches Gut fungieren – sowohl öffentliche als auch private Initiativen würden profitieren. Dieser Ansatz ist vergleichbar mit der Schaffung eines gemeinsamen europäischen Eisenbahnnetzes oder eines europäischen Energienetzes, in dem verschiedene Unternehmen ihre eigenen Dienste wettbewerbsorientiert betreiben und ihren Kunden einen Mehrwert bieten könnten.

Es wären also keine erheblichen Investitionen zur Ausweitung bestehender Dienstleistungen auf den gesamten Euroraum erforderlich. Vielmehr würden offene Standards für den digitalen Euro eine kostengünstige Standardisierung ermöglichen. Privaten Anbietern von Lösungen für Massenzahlungen wäre es somit möglich, in größerem Maßstab neue Produkte und Funktionalitäten einzuführen.

Letztlich würde dieser standardisierte Rahmen, sei es durch den digitalen Euro oder private Lösungen, Innovationen freisetzen, neue Geschäftsmöglichkeiten eröffnen und den Zugang der Verbraucher zu einer Vielzahl von Waren und Dienstleistungen verbessern.

Diese Vision gemeinsam verwirklichen

Die Ausgestaltung des digitalen Euro – und auch die zentrale Bestimmung der von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Verordnung – trägt alle wesentlichen Elemente in sich, die notwendig sind, damit diese Vision Wirklichkeit wird.

In den vergangenen Jahren haben wir intensiv mit einer Vielzahl von Marktteilnehmern zusammengearbeitet, zum Beispiel in der Rulebook Development Group[47] und im Euro Retail Payments Board, um den Nutzen eines digitalen Euro herauszuarbeiten und seine Einführung vorzubereiten. Wir haben Anregungen aus dem ganzen Zahlungsökosystem eingeholt und uns ausgetauscht, beispielsweise mit Verbrauchervertretern, Händlern, Banken und anderen Zahlungsdienstleistern.

In den kommenden Monaten werden wir unsere Zusammenarbeit mit dem privaten Sektor intensivieren und uns dabei auf drei wichtige Fragen konzentrieren: Wie kann ein stärker wettbewerbsorientiertes Umfeld geschaffen werden, das Innovationen fördert und Verbraucherinnen und Verbrauchern mehr Auswahlmöglichkeiten bietet? Wie können Synergien am besten ermittelt und ausgeschöpft werden, die die Effizienz steigern und Geschäftschancen eröffnen, die nutzbringend für alle im ganzen Zahlungsökosystem sind? Wie können die Geschäftsmodelle aller Beteiligten so gestärkt werden, dass sie anpassungsfähig sind und in einer sich schnell wandelnden Zahlungsverkehrslandschaft erfolgreich sein können?

Jeder dieser Werttreiber wird ausführlich erörtert und den unterschiedlichen Rollen in der Zahlungskette, wie etwa ausgebenden Banken und Drittanbietern, dabei Rechnung getragen. Mithilfe dieses inklusiven Konzepts können wir sicherstellen, dass die Bedürfnisse und Perspektiven aller berücksichtigt werden, und den Weg für ein robusteres und dynamischeres Zahlungssystem bereiten.

Schlussfolgerung

Lassen Sie mich nun zum Schluss kommen. Ohne Geld keine Souveränität – dies gilt im digitalen Zeitalter mehr denn je.

Zurzeit wird digitales Zentralbankgeld für einen breiten Nutzerkreis (Retail-CBDC) in etwa 63 Ländern bereits (versuchsweise) verwendet, entwickelt oder erforscht.[48] Unterdessen sind große privatwirtschaftliche Zahlungslösungen weltweit auf dem Vormarsch. Manche Nationen dürften sogar die Nutzung von Krypto-Assets anstreben. So verspricht etwa der US-amerikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump, die USA zu einer „Bitcoin-Supermacht“ zu machen.[49]

In diesem hochdynamischen Umfeld kann sich Europa keinen Stillstand erlauben. In einer Währungsunion, in der die Zahlungsverkehrsmärkte nach wie vor entlang der nationalen Grenzen fragmentiert sind, spielt die EZB eine besonders wichtige Rolle, wenn es darum geht, Geld auszugeben, das im ganzen Euroraum akzeptiert wird.

Wir setzen uns dafür ein, dass die Menschen in Europa auch in Zukunft noch Bargeld benutzen können.[50] Wir können aber nicht tatenlos hinnehmen, dass Privatpersonen für ihre alltäglichen digitalen Transaktionen kein Zentralbankgeld verwenden können.

Mit dem digitalen Euro würden wir das Zentralbankgeld fit für die digitale Welt machen und dadurch im digitalen Zeitalter unsere Währungshoheit bewahren. Mit ihm würden wir die Fragmentierung überwinden, denn wir hätten eine Geldform, die für sämtliche digitale Zahlungen im Euroraum genutzt werden kann, die die Entwicklung gesamteuropäischer Zahlungsdienstleistungen ermöglicht und dadurch den Wettbewerb und Innovationen fördert, und die unsere Autonomie und Widerstandsfähigkeit dadurch stärkt, dass sie eine zu große Abhängigkeit von ausländischen Zahlungslösungen verhindert.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

  1. Ich danke Alessandro Giovannini, Jean-Francois Jamet und Cyril Max Neumann für ihre Hilfe bei der Vorbereitung dieser Rede sowie Henk Esselink, Patrick Papsdorf, Benjamin Sahel, Doris Schneeberger, Erik Tak und Evelien Witlox für ihre Anmerkungen.

  2. Quelle: Zahlungsverkehrsstatistik der EZB. Die Daten beziehen sich auf bargeldlose Zahlungsvorgänge im Jahr 2023. Bargeldlose Zahlungsvorgänge umfassen keine Bargeldabhebungen. Enthalten sind Überweisungen, Lastschriften, Kartenzahlungen mit von inländischen Zahlungsdienstleistern ausgegebenen Karten, E-Geld-Zahlungsvorgänge mit von inländischen Zahlungsdienstleistern ausgegebenem E-Geld, Schecks, Geldtransfers und sonstige Zahlungsdienste.

  3. „Sechs Bücher über den Staat“ (zunächst erschienen im Jahr 1576 unter dem Titel „Les Six livres de la République“).

  4. Die meisten Menschen in Europa möchten bar bezahlen können. Für viele ist dies ein wesentlicher Aspekt ihrer Freiheit: Bargeld ist einfach zu bekommen, und niemanden ist von seiner Nutzung ausgeschlossen. Es wird im gesamten Euroraum akzeptiert und bietet ein Höchstmaß an Datenschutz. Siehe P. Cipollone, Freiheit zur Wahl des Zahlungsmittels wahren, Der EZB-Blog, 25. Juni 2024.

  5. Gemessen am Wert der Zahlungen war im Jahr 2022 der Anteil der mit Karte getätigten Bezahlvorgänge mit 46 % höher als der mit Bargeld beglichener Transaktionen (42%). In den Jahren 2016 und 2019 verhielt es sich noch anders: Damals war der auf den Wert bezogene Anteil der Bargeldtransaktionen mit 54 % bzw. 47 % höher als der Anteil von Kartenzahlungen. Siehe EZB, Study on the payment attitudes of consumers in the euro area, 22. Dezember 2022.

  6. Zwischen 2021 und 2024 ist der Anteil der Unternehmen im Euroraum, die keine Barzahlungen akzeptieren, von 4 % auf 12 % gestiegen. Siehe EZB, Use of cash by companies in the euro area in 2024, 18. September 2024.

  7. Im Juni 2023 legte die Europäische Kommission einen Gesetzgebungsvorschlag zum Status des Euro-Bargelds als gesetzliches Zahlungsmittel vor. Er zielt darauf ab, die Rolle des Bargeldes zu wahren und sicherzustellen, dass es weithin als Zahlungsmittel akzeptiert wird und für Privatpersonen und Unternehmen im gesamten Euroraum leicht zugänglich bleibt. Siehe Europäische Kommission, Paket zur einheitlichen Währung: Neue Vorschläge zur Gewährleistung der Möglichkeit, Bargeld zu verwenden, und zur Schaffung eines Rechtsrahmens für einen digitalen Euro, Pressemitteilung, 28. Juni 2023.

  8. Mit der Bargeldstrategie des Eurosystems soll sichergestellt werden, dass das Euro-Bargeld auch in Zukunft als Zahlungsmittel und als Wertspeicher verfügbar und leicht zugänglich ist und allgemein akzeptiert wird.

  9. E. Letta, Much more than a market, April 2024; M. Draghi, The future of European competitiveness, September 2024.

  10. So verfügen laut Capgemini Financial Services nur 13 % der europäischen Banken über eine starke technologische Basis für Sofortzahlungen. Siehe Capgemini, Velocity, meet value, World Report Series 2025, September 2024.

  11. In der Eröffnungswoche der Fußball-EM 2024 konnte Alipay bei den Transaktionen in Deutschland eine Steigerung um 67 % verbuchen, und 40 % mehr Händler als zuvor akzeptieren jetzt Zahlungen per Alipay.

  12. Siehe J.-C. Rochet und J. Tirole, Platform competition in two sided markets, Journal of the European Economic Association, Juni 2023, S. 990-1029; J.-C. Rochet und J. Tirole, Cooperation among competitors: the economics of payment card associations, RAND Journal of Economics, 2022, Bd. 33, Nr. 4, S. 1-22; M. Rysman, The economics of two-sided markets, Journal of Economic Perspectives, 2009, Bd. 23, Nr. 3, S.125-143.

  13. Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, Big tech in finance: opportunities and risks, BIS Annual Economic Report, 23. Juni 2019.

  14. S. Doerr, J. Frost, L. Gambacorta und V. Shreeti, Big techs in finance, BIS Working Papers, Nr. WP 1129, Oktober 2023.

  15. Alipay läuft über Alibaba (das chinesische Gegenstück zu Amazon) und WeChat Pay über Tencent (Chinas Facebook).

  16. T. Beck, L. Gambacorta, Y. Huang, Z. Li und H. Qiu, Big techs, QR code payments and financial inclusion, BIS Working Papers, Nr. 1011, 4. Mai 2022.

  17. WhatsApp Pay ist eine digitale Bezahlfunktion, die in den WhatsApp-Messenger integriert ist. Mit WhatsApp Pay können Unternehmen Zahlungen direkt über WhatsApp erhalten. Es wurde im November 2020 in Indien eingeführt und ist nun auch in den USA (unter Nutzung von Novi, einer digitalen Wallet von Meta) und Brasilien verfügbar (über Facebook Pay, auch Meta Pay genannt).

  18. Finextra, X working on ‘payments’ button, 7. August 2024.

  19. TechCrunch, Amazon considers moving Amazon Pay into a standalone app in India, 19. August 2024.

  20. Europäische Kommission, Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen zu einer EU-Strategie für den Massenzahlungsverkehr, 24. September 2020.

  21. P. Cipollone, Innovation, integration and independence: taking the Single Euro Payments Area to the next level, Rede bei einer Konferenz der EZB zum Thema „An innovative and integrated European retail payments market“, 24. April 2024.

  22. E. Letta, a. a. O.

  23. . Das Eurosystem unterstützt vom Markt ausgehende Initiativen zur Entwicklung privat betriebener, europaweiter Zahlungslösungen unter europäischer Führung, die am Point of Interaction eingesetzt werden. Die europäische Zahlungsverkehrsinitiative, die von 16 europäischen Banken und Finanzdienstleistungsunternehmen getragen wird, hat sich das Ziel gesteckt, eine auf einer digitalen Wallet basierende Zahlungslösung für Verbraucher sowie Händler in ganz Europa zu entwickeln. Parallel dazu wurden neue Initiativen angekündigt, die auf dem Grundsatz der Interoperabilität beruhen. Diese Initiativen decken jedoch noch nicht den gesamten Euroraum ab.

  24. Dabei handelt es sich um den volumenmäßigen Anteil der internationalen Kartensysteme an allen elektronisch angewiesenen Zahlungen mittels im Euroraum ausgegebenen Karten und weltweit angenommenen und abgerechneten Transaktionen für das erste Halbjahr 2023. Er basiert auf Daten, die gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1409/2013 der Europäischen Zentralbank zur Zahlungsverkehrsstatistik (EZB/2013/43) erhoben werden.

  25. Europäische Kommission, Study on new developments in card-based payment markets, including as regards relevant aspects of the application of the Interchange Fee Regulation - Final Report, Februar 2024.

  26. In den letzten Jahren haben die Gesetzgeber eine Reihe von Initiativen auf den Weg gebracht, um für mehr Wettbewerb im Massenzahlungsverkehr zu sorgen. Beispiele sind die Verordnung über Interbankenentgelte, Verpflichtungsangebote für interregionale Kartentransaktionen, die Richtlinie und die Verordnung über Zahlungsdienste (PSD2/PSR) sowie die Verordnung über Sofortzahlungen.

  27. EuroCommerce, EU businesses’ competitiveness impacted by current cards payments landscape – a call for urgent action, Position paper – Payments, 8. Juli 2024.

  28. Siehe P. Cipollone, Aus der Abhängigkeit in die Autonomie: die Rolle eines digitalen Euro für die europäische Zahlungsverkehrslandschaft, Einleitende Bemerkungen von Piero Cipollone vor dem Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments, 23. September 2024.

  29. EHI, Zahlungssysteme im Einzelhandel 2023; Europäische Kommission (2024), a. a. O.

  30. EuroCommerce (2024), a. a. O.

  31. Europäische Kommission (2024), a. a. O.

  32. Siehe den Artikel auf apnews zu den Sammelklagen in Kanada gegen Kreditkartenbetreiber, Visa, Mastercard settle long-running anti-trust suit over swipe fees with merchants, 26. März 2024.

  33. Payment Systems Regulator, PSR provisionally finds that the card schemes do not face effective competition in the supply of scheme and processing services to acquirers, 21. Mai 2024.

  34. Justice Department Sues Visa for Monopolizing Debit Markets, US-Justizministerium, 24. September 2024.

  35. Siehe Attorney General Merrick B. Garland Delivers Remarks on the Justice Department's Lawsuit Against Visa for Monopolizing Debit Markets, 24. September 2024.

  36. Im Juni 2024 akzeptierten mehr als 400 000 europäische Händler mobile Zahlungen über Alipay+ von 14 internationalen E-Wallets und Banking Apps. Darüber hinaus können die Kundinnen und Kunden von mehr als 370 Banken in Deutschland und Österreich im Rahmen einer Partnerschaft zwischen Alipay+ und Bluecode digital bezahlen. In Frankreich hat sich Alipay+ mit Crédit Mutuel zusammengetan, um die Akzeptanz bei verschiedenen Einzelhändlern, Hotels und Restaurants zu ermöglichen. In Spanien kann Alipay+ im Mercat de la Boqueria in Barcelona und im Warenhaus El Corte Inglés genutzt werden, und es werden Sonderrabatte gewährt. In Italien hat Alipay+ seine Partnerschaft mit Worldline Italia ausgebaut, um alle Android-POS-Terminals zu modernisieren, wovon asiatische Touristen an Tausenden Standorten profitieren. Business Wire, Alipay+ Expands Global Merchants Coverage for Partner E-Wallets in UEFA EURO 2024TM Summer Craze, 12. Juni 2024.

  37. Kürzlich wurde bekannt gegeben, dass Wipay, ein spanisches Unternehmen für Zahlungstechnologie, mit PagBrasil zusammenarbeitet, um Pix, ein brasilianisches System für Sofortzahlungen, in Europa einzuführen. PagBrasil gab außerdem seine Pläne bekannt, Pix an mehreren Verkaufsstellen in Spanien, Portugal und den Niederlanden zu testen.

  38. Seit Februar 2024 können Tickets für den Eiffelturm über die indische Zahlungslösung UPI gekauft werden. Frankreich war das erste Land in Europa, das UPI akzeptierte, nachdem die National Payments Corporation of India (NPCI) eine Partnerschaft mit Lyra, einem französischen Unternehmen für E-Commerce- und Proximity-Zahlungen, eingegangen war. Siehe Lyra, Lyra Network revolutionises global payments with UPI transactions in France, 2. Februar 2024.

  39. F. Panetta, „Hic sunt leones” – open research questions on the international dimension of central bank digital currencies, Rede bei der Konferenz von EZB und CEBRA zu internationalen Aspekten digitaler Währungen und von Fintech, 19. Oktober 2022.

  40. Die Vorbereitungsphase schließt sich an die Untersuchungsphase des Projekts an, in der die wichtigsten Gestaltungs- und Bereitstellungsoptionen für den digitalen Euro erörtert wurden. EZB, Progress on the preparation phase of a digital euro, 24. Juni 2024.

  41. Siehe P. Cipollone, Aus der Abhängigkeit in die Autonomie: die Rolle eines digitalen Euro für die europäische Zahlungsverkehrslandschaft, Einleitende Bemerkungen von Piero Cipollone vor dem Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments, 23. September 2024.

  42. Siehe A. Usher, E. Reshidi, F. Rivadeneyra und S. Hendry, The Positive Case for a CBDC, Staff Discussion Paper der Bank of Canada, 20. Juli 2021; Y. Liu, E. Reshidi und F. Rivadeneyra, CBDC and Payment Platform Competition, Bank of Canada, 17. Mai 2023.

  43. Siehe DOJ calls Apple card fees ‘significant expense’ for banks, Payments Dive, 26. März 2024.

  44. Der Verordnungsvorschlag sieht ein Ausgleichsmodell vor, das im Einklang mit den folgenden Grundsätzen faire wirtschaftliche Anreize für alle Beteiligten (z. B Verbraucher, Händler und Banken) setzt: a) der digitale Euro wäre ein öffentliches Gut und seine Nutzung für einfache Bezahlvorgänge daher umsonst; b) Zahlungsdienstleister würden von Händlern für die Dienste rund um den digitalen Euro Gebühren verlangen, um ihre Bereitstellungskosten zu decken, wie schon heute bei anderen digitalen Zahlungsmitteln der Fall. Zahlungsdienstleister könnten zusätzlich zu den Dienstleistungen für die grundlegende Nutzung des digitalen Euro weitere Services für ihre Kunden entwickeln; c) für die Gebühren, die Händler an die Zahlungsdienstleister für Dienste im Zusammenhang mit digitalen Euro entrichten müssten, gäbe es eine Obergrenze, damit, wie im Verordnungsvorschlag der Europäischen Kommission für einen digitalen Euro vorgesehen, keine übermäßigen Gebühren anfallen, d) das Eurosystem würde die Ausgabekosten tragen, wie heute bei der Banknotenproduktion bereits der Fall.

  45. Siehe Europäische Kommission (2023), a. a. O.

  46. Ein Kernel ist eine in Bezahlterminals integrierte zentrale Software für die Verarbeitung von Zahlungsvorgängen. Sie sorgt dafür, dass das Terminal die auf der Karte bzw. in der digitalen Wallet gespeicherten Daten lesen, authentifizieren und mit dem Bank- oder Zahlungsnetzwerk kommunizieren kann, um die Transaktion zu genehmigen oder abzulehnen. Sie erledigt sozusagen die Schritte, die zur Abwicklung einer sicheren Zahlung erforderlich sind.

  47. Siehe Europäische Zentralbank, Update on the work of the digital euro scheme’s Rulebook Development Group, 5. September 2024.

  48. Laut dem Atlantic Council CBDC Tracker haben drei Länder eine Retail-CBDC eingeführt, in 35 Ländern laufen entsprechende Pilotprojekte, 13 Länder befinden sich in der Entwicklungsphase und in zwölf Ländern wird an Retail-CBDC geforscht.

  49. Siehe New York Times, Trump, Appealing to Bitcoin Fans, Vows U.S. Will Be ‘Crypto Capital of the Planet’, 27. Juli 2024.

  50. Die Bargeldstrategie des Eurosystems hat zum Ziel, dass Bargeld auch in Zukunft als Zahlungsmittel und als Wertspeicher verfügbar ist und allgemein akzeptiert wird. Siehe auch EZB, EZB wählt „Europäische Kultur“ sowie „Flüsse und Vögel“ als mögliche Themen für künftige Euro-Banknoten aus, Pressemitteilung vom 30. November 2023.

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