Suchoptionen
Startseite Medien Wissenswertes Forschung und Publikationen Statistiken Geldpolitik Der Euro Zahlungsverkehr und Märkte Karriere
Vorschläge
Sortieren nach

Jahresrückblick

A person in a suit

AI-generated content may be incorrect.

Die EZB hat 2024 eine neue Phase ihres aktuellen geldpolitischen Zyklus erreicht. Dieser besteht aus drei unterschiedlichen Phasen: Die erste war die Straffungsphase von Juli 2022 bis September 2023, in der die Zinssätze so stark wie noch nie – um 450 Basispunkte – anstiegen. Darauf folgte eine Phase ohne Zinsschritte, d. h. die Zinsen blieben unverändert. In der dritten Phase begannen wir ab Juni 2024 mit der Zurücknahme der Straffung. Seither ist der geldpolitische Kurs schrittweise weniger restriktiv geworden.

Der im vorliegenden Bericht beleuchtete Zeitraum fällt in die letzten beiden Phasen dieses geldpolitischen Zyklus. Zu Beginn des Jahres 2024 befand sich die EZB noch in der Phase, in der das Zinsniveau unverändert beibehalten wurde. Der Zinssatz für die Einlagefazilität lag bei 4 %. Zum damaligen Zeitpunkt war die Inflation nach ihrem Höchststand um rund drei Viertel zurückgegangen und lag bei 2,9 %. Den Projektionen der Expertinnen und Experten zufolge war die Inflation auf dem Weg, 2025 wieder unser mittelfristiges Ziel von 2 % zu erreichen. Allerdings bestand eine gewisse Unsicherheit hinsichtlich der Persistenz der Inflation.

Die Messgrößen der Binneninflation erreichten hohe Werte und hielten sich hartnäckig auf diesem Niveau. Die vorangegangenen Inflationsschübe schlugen noch immer sukzessive auf die Löhne durch. Zudem gingen die Projektionen davon aus, dass die Unternehmen diese Lohnerhöhungen mit ihren Gewinnen auffangen würden anstatt die Preise zu erhöhen. Außerdem wurde erwartet, dass eine Erholung der Arbeitsproduktivität zu niedrigeren Lohnstückkosten führen würde. Ob dies tatsächlich der Fall sein würde, musste sich allerdings noch zeigen.

Um vor diesem Hintergrund solide geldpolitische Entscheidungen zu treffen, hatte die EZB seit März 2023 ihre Zinsentscheidungen von drei wesentlichen Kriterien abhängig gemacht: den Inflationsaussichten, der Dynamik der zugrunde liegenden Inflation und der Stärke der geldpolitischen Transmission. Die Inflationsaussichten verbesserten sich zwar, und die Nachfrage wurde durch die Geldpolitik erkennbar gedämpft, doch das Kriterium der zugrunde liegenden Inflation zeigte, dass Vorsicht geboten war.

Im Jahresverlauf 2024 ging die Inflation dank unserer restriktiven Geldpolitik weiter in Richtung unseres Zielwerts zurück. Im Juni zeigte sich, dass einerseits die Inflationsaussichten stabil geblieben waren und somit beständig auf einen Rückgang der Inflation auf 2 % hindeuteten. Andererseits hatten sich auch die meisten Messgrößen der zugrunde liegenden Inflation abgeschwächt. Diese „Gegenprüfung“ stärkte bei der EZB die Zuversicht, dass sich die Inflation nachhaltig dem Zielwert annähert.

Somit begannen wir, die geldpolitische Straffung zu reduzieren, nachdem wir neun Monate lang die Zinsen unverändert belassen hatten. Wir senkten im Juni die Zinsen um 25 Basispunkte, blieben aber dabei, uns weiterhin nach der Datenlage zu richten und uns nicht auf einen zukünftigen Zinspfad festzulegen. Da die aktuellen Daten die positiven Inflationsaussichten bestätigten, nahmen wir die geldpolitische Straffung weiter sukzessive zurück.

Im September, Oktober und Dezember senkten wir unseren Leitzins insgesamt um weitere 75 Basispunkte. Gegen Ende des Jahres waren wir zunehmend zuversichtlich, dass der Disinflationsprozess gut voranschreitet.

Auch unsere Bilanz normalisierte sich 2024 weiter. Die Bilanzsumme sank um eine halbe Billion Euro. Ende Dezember hatten wir zwei Meilensteine erreicht: erstens die vollständige Rückzahlung der Mittel, die Banken im Rahmen der dritten Reihe gezielter längerfristiger Refinanzierungsgeschäfte aufgenommen hatten; und zweitens das Ende der Wiederanlage von Tilgungsbeträgen der Wertpapiere, die im Rahmen des Pandemie-Notfallankaufprogramms (PEPP) erworben worden waren.

In diesem Umfeld allmählich abnehmender Liquidität infolge der Normalisierung der Bilanz nahm die EZB-Änderungen an ihrem geldpolitischen Handlungsrahmen vor. Sie gab bekannt, dass sie den geldpolitischen Kurs weiterhin über Anpassungen des Zinssatzes für die Einlagefazilität steuern und gleichzeitig den Abstand zwischen diesem und dem Zinssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte verringern wird. Die EZB wird dem Finanzsystem künftig Liquidität über ein breit gefächertes Instrumentarium bereitstellen. Auf Grundlage der gesammelten Erfahrungen wird der EZB-Rat 2026 die wesentlichen Parameter des Handlungsrahmens überprüfen.

Auch für den Zahlungsverkehr war 2024 ein ereignisreiches Jahr. Aufgrund der wachsenden Zahl von Teilnehmern an TARGET Instant Payment Settlement (TIPS) – ein vom Eurosystem entwickelter Dienst für Echtzeitzahlungen in ganz Europa – schnellte die durchschnittliche Anzahl der täglichen Echtzeitzahlungen in Euro um 72 % in die Höhe.

Die Arbeiten des Eurosystems zu einem digitalen Euro im Zuge der zweijährigen Vorbereitungsphase kamen 2024 gut voran. Der erste Fortschrittsbericht zum digitalen Euro wurde im Juni veröffentlicht, der zweite im Dezember. Außerdem setzte die EZB ihre Arbeit an einem Regelwerk fort, das Standards für die Nutzung und Verwaltung des digitalen Euro im Euroraum festlegen wird. Auch die Vorbereitungen zur Entwicklung einer neuen Serie von Euro-Banknoten haben Fahrt aufgenommen. Der EZB-Rat hat „Europäische Kultur“ sowie „Flüsse und Vögel“ als mögliche Themen für die künftigen Euro-Banknoten ausgewählt und eine Jury für den Gestaltungswettbewerb ernannt, der noch 2025 starten soll.

Unsere Welt wird immer digitaler, daher setzt die EZB zielgerichtet Maßnahmen um, die es ermöglichen, künstliche Intelligenz in ihre Arbeit zu integrieren. So können über 4 500 EZB-Beschäftigte nun auf vier Large Language Models zugreifen, die sie bei ihrer Arbeit unterstützen. Zudem sind mehrere experimentelle Projekte – etwa in den Bereichen automatisierte Kommunikation und Datenvisualisierung – im Gang.

Mit der Einführung ihres Klima- und Umweltplans 2024-2025 hat die EZB ihre Aktivitäten im Bereich Klimawandel ausgeweitet. Der Schwerpunkt liegt dabei auf drei Kernbereichen: die Auswirkungen und Risiken des Übergangs zu einer ökologischen Wirtschaft; die zunehmenden physischen Auswirkungen des Klimawandels und die wirtschaftlichen Auswirkungen der Anpassung an den Klimawandel; sowie die Risiken der Naturzerstörung und deren Wechselwirkungen mit Klimarisiken.

Das House of the Euro in Brüssel, das der EZB und sieben nationalen Zentralbanken als Ort des Austauschs dient, feierte 2024 sein einjähriges Bestehen. Es wurde gegründet, um die Zusammenarbeit zwischen den Zentralbanken des Eurosystems zu fördern und in einer Stadt, in der zahlreiche europäische Institutionen ihren Sitz haben, für eine größere Sichtbarkeit der Zentralbanken zu sorgen. Das House of the Euro hat sich nunmehr als dynamisches Zentrum für Kooperation, Dialog und Diskussion zwischen Vertreterinnen und Vertretern von Zentralbanken und wichtigen Interessenträgern etabliert.

In einer zunehmend unsicheren Welt erkennen immer mehr Menschen in Europa, wie wichtig Zusammenhalt ist. Die Zustimmung zum Euro innerhalb der Bevölkerung des Euroraums erreichte 2024 einen Rekordwert. Darin kommt zum Ausdruck, dass die gemeinsame Währung insgesamt als Projekt für Frieden und Wohlstand in Europa anerkannt wird. Die wachsende Zustimmung ist letztlich auch das Ergebnis des Engagements der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der EZB und aller anderen, die ihre Arbeit in den Dienst der Interessen der Menschen in Europa stellen.

Frankfurt am Main im April 2025

Christine Lagarde

Präsidentin

Das Jahr in Zahlen

Beginnende Konjunkturerholung

Gesamtinflation in Richtung Zielwert gesunken

Das reale BIP im Euroraum stieg 2024 um 0,9 %, verglichen mit 0,4 % im Jahr 2023. Die vierteljährlichen Wachstumsraten waren Anfang 2024 erstmals wieder positiv, nachdem sie davor fünf Quartale in Folge stagniert hatten.

Die Gesamtinflation sank im Dezember 2024 auf 2,4 % (nach 2,9 % im Dezember 2023) und näherte sich damit dem Zielwert.

Die EZB senkte die drei Leitzinssätze, wodurch der Zinssatz für die Einlagefazilität zum Jahresende bei 3,00 % lag

Das Eurosystem verkleinerte seine Bilanz weiter

Nach den Leitzinssenkungen der EZB lag der Zinssatz für die Einlagefazilität zum Jahresende bei 3,00 %, d. h. der Zinssatz fiel 2024 insgesamt um 100 Basispunkte.

Die Bilanz des Eurosystems schrumpfte um 0,5 Bio. €. Gründe hierfür waren das Ende der dritten Reihe gezielter längerfristiger Refinanzierungsgeschäfte (GLRG III), das verkleinerte Portfolio des Programms zum Ankauf von Vermögenswerten (APP) und – bis zu einem gewissen Grad – der Übergang zu einer nur noch teilweisen Wiederanlage der Tilgungsbeträge im Rahmen des Pandemie-Notfallankaufprogramms (PEPP). Diese Maßnahmen hatten während der Niedriginflationsphase und der Pandemie eine wichtige Rolle gespielt.

Banken im Euroraum widerstandsfähig

Mehr Echtzeitzahlungen in TIPS

Die harte Kernkapitalquote (CET1-Quote) der Banken im Euroraum lag weiterhin knapp unter ihrem historischen Höchststand. Im dritten Quartal 2024 betrug sie 15,7 %. Die Gründe dafür waren die gute Ertragslage der Banken und der geringe Bestand an notleidenden Krediten.

Dank der wachsenden Zahl von Teilnehmern an TARGET Instant Payment Settlement (TIPS) nahmen die Echtzeitzahlungen in Euro um 72 % zu. Insgesamt gab es im Tagesdurchschnitt im Dezember 2024 1 657 421 Zahlungen, verglichen mit 963 894 im Dezember 2023.

Das EZB-Besucherzentrum

Klimabezogene Finanzinformationen zu den geldpolitischen Portfolios des Eurosystems

Die EZB konnte 2024 insgesamt 21 325 Gäste in ihrem Besucherzentrum begrüßen, die diese Gelegenheit nutzten, um die EZB von innen kennenzulernen.

Die EZB erweiterte ihre Offenlegung klimabezogener Finanzinformationen, die nunmehr über 99 % der für geldpolitische Zwecke gehaltenen Vermögenswerte abdeckt. Der CO2-Fußabdruck des Eurosystems wird dadurch noch transparenter.

1 Restriktive Geldpolitik der EZB trägt zur weiteren Abschwächung des zugrunde liegenden Inflationsdrucks bei

Die Weltwirtschaft erwies sich auch 2024 als robust und wuchs weiterhin in moderatem Tempo. Gleichwohl stieg die Unsicherheit im Verlauf des Berichtsjahrs auf ein erhöhtes Niveau, da sich die geopolitischen Spannungen verschärften und – insbesondere nach den Präsidentschaftswahlen in den Vereinigten Staaten – Fragen bezüglich der künftigen wirtschaftspolitischen Ausrichtung aufkamen. Der Welthandel nahm nach der Flaute im Jahr 2023 wieder Fahrt auf, denn aufgrund der geopolitischen und handelspolitischen Unsicherheit wurden Importe vorgezogen. Die Inflation schwächte sich weltweit weiter ab. Allerdings war in allen fortgeschrittenen Volkswirtschaften ein hartnäckiger Preisauftrieb bei Dienstleistungen zu beobachten, der den Disinflationsprozess verlangsamte. Der Euro verlor gegenüber dem US-Dollar an Wert. Auch in nominaler effektiver Rechnung wertete er ab, jedoch weniger stark. Die Konjunktur im Euroraum festigte sich im Berichtsjahr. Ausschlaggebend hierfür waren vor allem eine weltweit positive Wachstumsdynamik und ein widerstandsfähiger Dienstleistungssektor bei gleichzeitig rückläufiger Gesamtinflation. Die wirtschaftliche Aktivität in der Industrie blieb indes schwach. Hier machten sich die restriktiven Finanzierungsbedingungen, die hohen Kosten für Energie und andere Vorleistungen sowie strukturelle Probleme und eine erhöhte Unsicherheit negativ bemerkbar. Die in den vergangenen Jahren von der EZB vorgenommene geldpolitische Straffung wirkte weiterhin kräftig auf die Konjunktur durch und unterstützte den anhaltenden Inflationsrückgang im Jahr 2024. Zugleich erwies sich der Arbeitsmarkt nach wie vor als recht robust. Die Regierungen der Euro-Länder ließen weitere Stützungsmaßnahmen auslaufen, die sie als Reaktion auf die Covid-19-Pandemie sowie zur Abfederung der Energiepreis- und Inflationsschocks ergriffen hatten, und nahmen dadurch einen Teil der vormaligen fiskalischen Lockerung wieder zurück. Die Gesamtinflation im Euroraum sank 2024 abermals, jedoch langsamer als im Vorjahr, da die Impulse des nachlassenden Preisauftriebs bei Energie wegfielen. Auch der zugrunde liegende Inflationsdruck schwächte sich ab. Grund hierfür waren die schwindenden Effekte vergangener Angebotsschocks und eine schwächere Nachfrage, die sich aus der gestrafften Geldpolitik, den verschärften Finanzierungsbedingungen und einer restriktiven Fiskalpolitik ergab. Gleichwohl übte das kräftige Lohnwachstum weiterhin Druck auf die zugrunde liegende Inflation aus.

1.1 Robuste Weltwirtschaft bei weiterhin rückläufiger Gesamtinflation

Trotz Gegenwind blieb das weltweite Wirtschaftswachstum 2024 robust

Die Weltwirtschaft erwies sich auch im Jahr 2024 als robust. Vor dem Hintergrund einer zunehmend divergierenden Entwicklung auf Sektor- und Länderebene blieben die Risiken für das Wachstum dennoch abwärtsgerichtet. Die wirtschaftliche Aktivität nahm in gleichbleibendem, aber moderatem Tempo zu. Die Wachstumsrate war mit 3,4 % fast genauso hoch wie im Vorjahr, lag jedoch unter ihrem historischen Durchschnitt (siehe Abbildung 1.1, Grafik a). Nach Ländergruppen betrachtet entwickelte sich die Konjunktur uneinheitlich: Die Schwellenländer expandierten um 4,1 %, während die fortgeschrittenen Volkswirtschaften mit 1,9 % ein langsameres Wachstum verzeichneten (siehe Abbildung 1.1, Grafik a). Dieses Wachstumsgefälle entsprach den historischen Verlaufsmustern. Der langfristige Durchschnitt der Wachstumsrate über den Zeitraum 1999-2023 war in den Schwellenländern 3,1 Prozentpunkte höher als in den Industrieländern. Auch in sektoraler Betrachtung verlief die Entwicklung uneinheitlich. So wurde das globale Wachstum vor allem durch den robusten Dienstleistungssektor gestützt, während die Aktivität im verarbeitenden Gewerbe schwächer war. Im Jahresverlauf blieb die globale Unsicherheit erhöht, und die kurzfristigen wachstumshemmenden Faktoren verstärkten sich. Grund hierfür waren verschärfte geopolitische Spannungen und die – insbesondere nach den Präsidentschaftswahlen in den USA – herrschende Unsicherheit über die künftige Richtung der Handels- und Finanzpolitik.

Wirtschaftswachstum in den Vereinigten Staaten weiterhin robust, in China jedoch rückläufig

In den USA zeigte sich die Wirtschaft über das gesamte Jahr 2024 robust. Dies war in erster Linie auf eine solide Binnennachfrage und insbesondere auf die privaten Konsumausgaben zurückzuführen. Die Anspannung am Arbeitsmarkt ließ im Jahresverlauf nach. So lag die Arbeitslosenquote Ende 2024 bei 4,1 % gegenüber 3,7 % zu Jahresbeginn. In China verlangsamte sich das Wirtschaftswachstum im Berichtsjahr, wenn auch nur geringfügig. Wachstumshemmende Faktoren waren abermals die verhaltene Binnennachfrage vor dem Hintergrund des gedämpften Verbrauchervertrauens sowie die andauernde Schwäche des Immobiliensektors. Zum Jahresende wurde das Wachstum hingegen durch den steigenden Außenbeitrag sowie durch fiskal- und geldpolitische Impulse gestützt.

Abbildung 1.1

Entwicklung der Weltwirtschaft und des Welthandels (ohne Euroraum)

(Veränderung gegen Vorjahr in %)

Quellen: Haver Analytics, nationale Quellen und EZB-Berechnungen.
Anmerkung: Grafik a): Dargestellt ist das globale BIP ohne Euroraum. Die Aggregate sind anhand des BIP zu Kaufkraftparitäten berechnet. Grafik b): Das Wachstum des Welthandels entspricht dem Anstieg der weltweiten Importe (einschließlich der Einfuhren in den Euroraum). In beiden Grafiken stellen die gestrichelten Linien langfristige Durchschnittswerte für den Zeitraum 1999‑2023 dar. Die jüngsten Angaben beziehen sich auf das Jahr 2024 und wurden am 28. März 2025 aktualisiert.

Welthandel stieg 2024, da Einfuhren angesichts erhöhter Unsicherheit vorgezogen wurden

Der Welthandel erholte sich 2024 deutlich. Das Importwachstum stieg nach 1,2 % im Vorjahr auf 4,4 % an, blieb jedoch leicht unter dem langfristigen Durchschnitt (siehe Abbildung 1.1, Grafik b). Gestützt wurde das Welthandelswachstum durch eine hohe Nachfrage nach importierten Waren. Diese war darauf zurückzuführen, dass Bestellungen aufgrund von Sorgen über mögliche Unterbrechungen der Schifffahrtsrouten im Roten Meer und Verzögerungen im Vorfeld der Feiertage am Jahresende vorgezogen wurden. Auch in den USA wurden Einfuhren vorgezogen. Hier sorgten Hafenstreiks an der Ostküste und die Handelspolitik für Unsicherheit. Zum Jahresende dürfte sich das Wachstum des Welthandels verlangsamt haben, weil sich die Wareneinfuhren normalisierten und darüber hinaus die noch immer schwache Konjunktur im verarbeitenden Gewerbe und eine ungünstigere Zusammensetzung der weltweiten Nachfrage wachstumshemmend wirkten.

Inflation schwächte sich 2024 weltweit weiter ab, Preisdruck bei Dienstleistungen blieb jedoch beständig

Die am globalen Verbraucherpreisindex (VPI) gemessene jährliche Gesamtinflation schwächte sich im Jahr 2024 weiter ab (siehe Abbildung 1.2). Im Oktober 2024 lag sie bei 3,0 % gegenüber 3,4 % Ende 2023. Der Rückgang der Gesamtinflation war vor allem auf die Preisentwicklung bei Nahrungsmitteln und Energie sowie auf die Kerninflation (d. h. die Teuerungsrate ohne Nahrungsmittel und Energie) zurückzuführen. In den Industrieländern zeigte sich abermals ein beständiger Preisdruck bei Dienstleistungen.

Abbildung 1.2

Globale Gesamtinflation und Beiträge der Hauptkomponenten

(Veränderung gegen Vorjahr in %; Monatswerte)

Quellen: Nationale Quellen und OECD (aufbereitet von Haver Analytics) sowie EZB-Berechnungen.
Anmerkung: Berechnung der globalen Inflation (ohne Euroraum) auf Basis der nationalen VPIs und gewichtet nach dem jährlichen BIP zu Kaufkraftparitäten. Das Aggregat umfasst 22 Länder, die insgesamt 74 % des weltweiten BIP zu Kaufkraftparitäten (ohne Euroraum) abdecken. Die Beiträge der Komponenten zur Gesamtinflation werden anhand von durchschnittlichen Gewichten für OECD-Länder berechnet. Die in der Kerninflation enthaltenen Waren- und Dienstleistungspreise verstehen sich ohne Energie und Nahrungsmittel.
Die jüngsten Angaben beziehen sich auf Dezember 2024.

Ende 2024 prägten vor allem folgende Risiken die Aussichten für das globale Wirtschaftswachstum: die zunehmende Fragmentierung der Weltwirtschaft und der stärkere Handelsprotektionismus (vor allem in den Vereinigten Staaten), die Verschärfung der geopolitischen Spannungen im Nahen Osten und im Zuge des Kriegs Russlands gegen die Ukraine, häufigere und extremere Wetterereignisse sowie eine weitere Konjunkturverlangsamung in China.

Geopolitische Entwicklungen sorgten für Preisschwankungen bei Energierohstoffen

Zum Jahresende 2024 hatte sich Energie insgesamt im Vergleich zum Vorjahresende verteuert, da der Rückgang der Ölpreise durch den Anstieg der Gaspreise aufgewogen wurde. Die Notierungen für Rohöl der Sorte Brent sanken um 5 %. Dies war in erster Linie nachfrageseitigen Faktoren zuzuschreiben, darunter der gedämpften Produktion im verarbeitenden Gewerbe in Europa und der geringeren Wirtschaftsaktivität in China. Auf der Angebotsseite wirkten der Konflikt im Nahen Osten und die anhaltenden Förderkürzungen der OPEC-Staaten und anderer Ölförderländer (OPEC+) einem weiteren Preisrückgang entgegen, allerdings nicht so stark, um einen Preisanstieg herbeizuführen. Die europäischen Gaspreise waren Ende 2024 zwar 52 % höher als Ende 2023, lagen aber noch immer deutlich unter ihrem Höchststand von 2022. Zunächst verbilligte sich Gas, da der Verbrauch in Europa weiterhin niedrig war, insbesondere in der Industrie. Ab dem zweiten Quartal stiegen die Gaspreise jedoch stetig, weil Druck auf der Angebotsseite entstand, unter anderem durch ungeplante Ausfälle bei norwegischen Gaslieferungen, Phasen der Eskalation im Krieg Russlands gegen die Ukraine und Bedenken in Bezug auf das bevorstehende Auslaufen des Gastransitvertrags zwischen Russland und der Ukraine. Zum Jahresende waren die Füllstände der europäischen Gasspeicher unter die Werte der Jahre 2022 und 2023 gesunken. Sie lagen zudem unter dem Jahresenddurchschnitt vor der Energiekrise. Dies zeigte deutlich, vor welchen Herausforderungen Europa steht, wenn es darum geht, ausreichende Vorräte für die langfristige Versorgungssicherheit vorzuhalten.

Abwertung des Euro im Berichtsjahr sowohl gegenüber dem US-Dollar als auch – wenngleich weniger stark – in nominaler effektiver Rechnung

Nach unterjährigen Schwankungen war der nominale effektive Wechselkurs des Euro zum Jahresende 2024 etwas niedriger als Ende 2023 (-1,1 %). Grund hierfür waren bilaterale Wechselkursentwicklungen, die sich teilweise aufhoben. Einerseits verlor der Euro gegenüber dem US-Dollar an Wert (-6,0 %). Gestützt wurde diese Entwicklung durch überraschend positive Wirtschaftsdaten für die USA, eine Flucht in sichere Anlagen vor dem Hintergrund globaler geopolitischer Spannungen und – im weiteren Jahresverlauf – Erwartungen einer Änderung der wirtschaftspolitischen Ausrichtung unter der neuen US-Regierung. Als sich dann im vierten Quartal 2024 die Konjunkturdaten für den Euroraum verschlechterten, entstand an den Zinsmärkten die Erwartung, dass das Tempo künftiger Leitzinssenkungen im Euroraum zunehmen und in den Vereinigten Staaten abnehmen wird. Dies belastete den Wechselkurs des Euro zum US-Dollar zusätzlich. In ähnlicher Weise profitierte das Pfund fiskSterling von der Erwartung einer anhaltend restriktiven Geldpolitik im Vereinigten Königreich und gewann sowohl insgesamt als auch gegenüber dem Euro an Wert. Der Euro wertete im Berichtsjahr auch zum chinesischen Renminbi ab, allerdings in geringerem Maße (-3,4 %), da die chinesische Währung durch den zunehmenden wirtschaftlichen Druck geschwächt wurde. Andererseits gewann der Euro gegenüber den Währungen der meisten anderen wichtigen Handelspartner an Wert. So stand der japanische Yen über weite Strecken des Jahres 2024 unter Abwertungsdruck, da die anhaltend niedrigen Zinsen in Japan mutmaßlich zu Carry-Trade-Aktivitäten und entsprechenden Abflüssen vom Yen in höher verzinsliche Währungen beitrugen.

1.2 Allmählich einsetzende Konjunkturerholung im Euroraum

Beginnende Konjunkturerholung im Euroraum trotz anhaltend ungünstiger Entwicklungen

Das reale BIP im Euroraum stieg 2024 um 0,9 %, verglichen mit 0,4 % im Jahr 2023 (siehe Abbildung 1.3). Nachdem die vierteljährlichen Wachstumsraten fünf Quartale in Folge stagniert hatten, waren sie Anfang 2024 erstmals wieder positiv. Zum Jahresende verringerten sie sich jedoch wieder. Das Wachstum nahm hauptsächlich aufgrund des Dienstleistungssektors Fahrt auf. Dieser profitierte weiterhin von strukturellen Veränderungen, die auf die Corona-Pandemie folgten, darunter der beschleunigte Übergang zu einer stärker wissensbasierten Wirtschaft, der ökologische Wandel und das sich verändernde Ausgabeverhalten der Verbraucherinnen und Verbraucher. Die Erholung der Realeinkommen, die Entwicklung des Welthandels und das Programm „Next Generation EU“ (NGEU) stützten das Wirtschaftswachstum ebenfalls. Unterdessen blieb die Industriekonjunktur schwach, was sowohl strukturellen als auch zyklischen Faktoren geschuldet war. Im Vergleich zum Dienstleistungssektor litt der Industriesektor stärker unter den noch immer restriktiven Bedingungen, die auf den letzten geldpolitischen Straffungszyklus zurückzuführen waren, sowie unter den hohen Inputkosten. Der Zeitraum, in dem der Effekt der geldpolitischen Straffung auf die Wirtschaftstätigkeit am höchsten war, wird von den meisten Modellen auf Ende 2023 und Anfang 2024 geschätzt. Doch die geldpolitische Lockerung, die Mitte 2024 einsetzte, hatte sich im Verlauf des Berichtszeitraums noch nicht vollständig auf die Wirtschaft übertragen. Auf dem Industriesektor lasteten zudem der schwindende Exportmarktanteil des Euroraums, regulatorische Herausforderungen und die erhöhte Unsicherheit im Zusammenhang mit politischen und geopolitischen Ereignissen. Insgesamt trugen die privaten und öffentlichen Konsumausgaben sowie der Außenhandel positiv zum Wachstum im Jahr 2024 bei, während die Investitionen und Vorratsveränderungen die Wirtschaftstätigkeit dämpften.

Abbildung 1.3

Reales BIP im Euroraum

(Veränderung gegen Vorjahr in %; Beiträge in Prozentpunkten)

Quelle: Eurostat.
Anmerkung: Die jüngsten Angaben beziehen sich auf 2024.

Dienstleistungen sorgten für leicht höheres Wachstum der privaten Konsumausgaben

Die privaten Konsumausgaben stiegen 2024 schneller und erhöhten sich im Vergleich zum Vorjahr um 1 %. In der ersten Jahreshälfte nahmen sie insgesamt nur geringfügig zu, da der Dienstleistungskonsum zwar robust, die Nachfrage nach Waren aber weiterhin schwach war (siehe Abbildung 1.4). Temporäre Faktoren wie die Olympischen und Paralympischen Spiele 2024 in Paris sorgten jedoch im dritten Quartal für einen deutlich schnelleren Anstieg. Im vierten Quartal schwächte sich der private Konsum etwas ab. Die Ausgaben der privaten Haushalte wurden im Berichtsjahr durch das Wachstum der real verfügbaren Einkommen gestützt. Dies hing nicht nur mit steigenden Nominallöhnen zusammen, sondern auch mit der sich abschwächenden Inflation und dem nach wie vor soliden Beschäftigungswachstum. Gleichwohl wurden die Ausgaben weiterhin durch die noch immer restriktiven Finanzierungsbedingungen gedämpft, und die Ersparnisbildung blieb insgesamt hoch.

Abbildung 1.4

Private Konsumausgaben, Investitionen ohne Bauten und Wohnungsbauinvestitionen im Euroraum

(Indizes: Q4 2019 = 100)

a) Private Konsumausgaben


b) Investitionen

Quellen: Eurostat und EZB-Berechnungen.
Anmerkung: In Grafik a) beziehen sich die privaten Konsumausgaben auf das Inländerkonzept und deren Komponenten auf das Inlandskonzept des Konsums. Die jüngsten Angaben beziehen sich auf das vierte Quartal 2024.

Investitionstätigkeit wurde durch restriktive Finanzierungsbedingungen und hohe Unsicherheit gebremst

Die nach wie vor restriktiven Finanzierungsbedingungen und eine schwache Nachfrage führten 2024 zu einer deutlichen Verringerung der Wohnungsbauinvestitionen um 4,0 % gegenüber dem Vorjahr. Dies war der stärkste jährliche Rückgang seit der weltweiten Finanzkrise, genauer seit 2009. Zurückzuführen war dieser Investitionsrückgang hauptsächlich auf die verzögerte Wirkung der geldpolitischen Straffung in Form von höheren Hypothekenzinsen sowie den verschärften Kreditvergaberichtlinien der Banken. Obwohl die Realeinkommen stiegen und das Preiswachstum bei Wohnimmobilien moderat blieb, verhinderten die restriktiven Finanzierungsbedingungen, dass Wohneigentum erschwinglicher wurde, und sie belasteten die Nachfrage nach Wohnimmobilien. Nichtsdestotrotz lagen die Wohnungsbauinvestitionen, die sich nach der Pandemie – teilweise aufgrund der großzügigen und mittlerweile ausgelaufenen fiskalischen Anreize in Italien – deutlich erholt hatten, Ende 2024 immerhin noch 1,3 % über ihrem Vorpandemieniveau. Sie entwickelten sich damit allerdings schlechter als die privaten Konsumausgaben (3,1 %) und die Investitionen ohne Bauten (5,2 %, ohne immaterielle Vermögenswerte in Irland).

Die Investitionen ohne Bauten (der beste Näherungswert für die Unternehmensinvestitionen in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen) gingen im Berichtsjahr abermals zurück. Ausschlaggebend hierfür waren die schwache Binnen- und Auslandsnachfrage, die restriktiven Finanzierungsbedingungen und die aus verschiedenen Gründen hohe Unsicherheit. Insgesamt sanken die Investitionen ohne Bauten gegenüber 2023 um 2,3 %, wenngleich sie im gesamten Berichtsjahr von Quartal zu Quartal sehr stark schwankten (siehe Abbildung 1.4). Wird die Volatilität der von großen multinationalen Unternehmen in Irland getätigten Investitionen in immaterielle Vermögenswerte herausgerechnet, beläuft sich der Rückgang der Investitionen ohne Bauten im Jahr 2024 auf 0,5 %.[1] Diese Entwicklung spiegelt nicht nur eine anhaltende Schwäche der Ausrüstungsinvestitionen, sondern auch ein langsameres Wachstum der immateriellen Investitionen während der letzten Jahre wider. Vor dem Hintergrund einer gedämpften Binnennachfrage und einer schwächeren Exportwirtschaft blieben die längerfristigen Produktionserwartungen im gesamten Berichtsjahr verhalten. Dadurch verringerten sich auch die Investitionsanreize für Unternehmen, denn für deren Investitionstätigkeit sind die Produktionserwartungen in der Regel ein entscheidender Faktor. Die Unternehmensinvestitionen litten 2024 noch zusätzlich unter Bedenken wegen den Wettbewerbsverlusten, Rentabilitätsverschlechterungen und einer hohen und weitreichenden Unsicherheit, die sich aus den geopolitischen Entwicklungen, wachsenden Befürchtungen einer immer stärkeren Handelsfragmentierung und der erhöhten politischen Ungewissheit ergab.

Exporte des Euroraums blieben trotz steigender Auslandsnachfrage verhalten

Die Exporte des Euroraums legten im Jahr 2024 leicht zu, entwickelten sich aber weiterhin relativ schwach. Obwohl sich die Auslandsnachfrage verbesserte, sorgten mehrere Faktoren dafür, dass das Exportwachstum verhalten blieb. Zum einen wirkten die verzögerten Effekte der vorangegangenen Aufwertung des Euro negativ. Darüber hinaus stellten die Energiekosten nach wie vor ein Problem dar, denn die relativ hohen Gaspreise führten bei den exportierenden Unternehmen im Euroraum zu steigenden Produktionskosten und verringerten somit deren Gewinnmargen und Wettbewerbsfähigkeit. Weitere Herausforderungen für den Euroraum waren die schwache Nachfrage aus China, insbesondere nach Investitionsgütern, sowie der zunehmende Wettbewerb durch chinesische Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe. Das Wachstum der Einfuhren entwickelte sich verhalten, da sowohl die Binnennachfrage als auch die Investitionstätigkeit gering waren. Insgesamt ging vom Außenhandel ein leicht positiver Effekt auf das Wirtschaftswachstum aus. Die Handelsbilanz des Euroraums verbesserte sich 2024 gegenüber 2023 weiter.

Arbeitsmarkt

Arbeitsmarkt des Euroraums war weiterhin widerstandsfähig, Arbeitsproduktivität stagnierte

Der Arbeitsmarkt des Euroraums erwies sich 2024 insgesamt weiterhin als widerstandsfähig, obwohl sich das Beschäftigungswachstum im Vergleich zu den Vorjahren verlangsamte und die Umfrageindikatoren auf eine Abkühlung an den Arbeitsmärkten im Verlauf des Berichtsjahrs hinwiesen. Die Arbeitslosenquote sank von 6,5 % im Januar auf 6,2 % im Dezember. Damit erreichte sie einen der niedrigsten Stände seit Einführung des Euro und lag zudem 1,3 Prozentpunkte unter ihrem Vorpandemieniveau vom Januar 2020. Auch im Schlussquartal 2024 betrug die Arbeitslosenquote durchschnittlich 6,2 % (siehe Abbildung 1.5). Die Gesamtbeschäftigung und die geleisteten Gesamtarbeitsstunden entwickelten sich im Großen und Ganzen synchron zum Wirtschaftswachstum und stiegen 2024 jeweils um 1,0 %. Hieraus ergab sich ein weitgehend stagnierendes Wachstum der Arbeitsproduktivität. Das schwache Wachstum der Arbeitsproduktivität war überwiegend auf konjunkturelle Faktoren zurückzuführen, insbesondere auf die schwache Nachfrage und das gleichzeitige Horten von Arbeitskräften (d. h. die Unternehmen beschäftigten in der Abschwungphase mehr Arbeitskräfte als notwendig). Auch strukturelle Faktoren könnten eine Rolle gespielt haben. Die Zahl der durchschnittlich geleisteten Arbeitsstunden sank 2024 um 0,1 % und lag im Schlussquartal immer noch 0,9 % unter ihrem Vorpandemiestand. Ausschlaggebend für diese Entwicklung waren abermals Faktoren wie das Horten von Arbeitskräften ab der zweiten Jahreshälfte 2023 und nach wie vor erhöhte Krankenstände. Die Erwerbsbeteiligung der 15- bis 74-Jährigen stieg im vierten Quartal 2024 auf 66 % und war damit 1,2 Prozentpunkte höher als vor der Pandemie. Den größten Beitrag zu diesem Anstieg leisteten Frauen, ältere Menschen, Personen mit höherem Bildungsabschluss und ausländische Arbeitskräfte. Die Arbeitsnachfrage verringerte sich 2024 im Vergleich zu den Vorjahren. Dabei entfernte sich die Vakanzquote weiter von ihrem Höchststand des zweiten Quartals 2022 und lag im vierten Quartal 2024 bei 2,5 %, d. h. weiterhin über ihrem Vorpandemieniveau von 2,3 % im vierten Quartal 2019.[2] Durch den Anpassungsprozess der Nominallöhne an die Inflation wurde die Wiederangleichung der Beschäftigungs- und der Wirtschaftsdynamik begünstigt, und zugleich spiegelte die Reallohnentwicklung dadurch besser den Produktivitätsanstieg wider. Beschäftigung und Produktivität wurden somit durch die mittelfristige Ausrichtung der Geldpolitik der EZB unterstützt, die zu diesen Zielen der Europäischen Union beitragen kann, sofern die Gewährleistung von Preisstabilität nicht beeinträchtigt ist.

Abbildung 1.5

Arbeitsmarkt

(linke Skala: Veränderung gegen Vorquartal in %; rechte Skala: in %)

Quellen: Eurostat und EZB-Berechnungen.
Anmerkung: Die jüngsten Angaben beziehen sich auf Dezember 2024 (Arbeitslosenquote) bzw. auf das vierte Quartal 2024 (Beschäftigung, insgesamt und durchschnittlich geleistete Arbeitsstunden, Arbeitsproduktivität je geleistete Arbeitsstunde).

1.3 Straffung des fiskalischen Kurses im Euroraum

Auslaufen von energie- und inflationsbezogenen Stützungsmaßnahmen dürfte zu Straffung des fiskalischen Kurses im Euroraum geführt haben

Das gesamtstaatliche Defizit im Euroraum dürfte sich 2024 nach 3,6 % des BIP im Jahr 2023 weiter verringert haben und etwas über dem Schwellenwert von 3 % des BIP liegen (siehe Abbildung 1.6). Hierin spiegelt sich vor allem die Straffung des fiskalischen Kurses[3] während des Berichtsjahrs wider. Sie ist auf das Auslaufen von Unterstützungsmaßnahmen für private Haushalte und Unternehmen zurückzuführen, die von den Regierungen in den Jahren 2022 und 2023 zur Abfederung der hohen Energiepreise und Inflationsraten ergriffen wurden. Zugleich dürften sich die gestiegenen Zinsausgaben für die Staatsschulden negativ auf den Finanzierungssaldo ausgewirkt haben, insbesondere in den hoch verschuldeten Ländern.[4]

Die Schuldenquote im Euroraum dürfte von ihrem bereits erhöhten Niveau leicht angestiegen sein und sich im Jahr 2024 auf fast 88 % belaufen, verglichen mit 87,4 % im Jahr 2023. Damit läge sie weiterhin deutlich über ihrem Vorkrisenstand von 83,6 % im Jahr 2019 (siehe Abbildung 1.6). Für diese Entwicklung dürften das Primärdefizit und positive Deficit-Debt-Adjustments ausschlaggebend gewesen sein.

Abbildung 1.6

Finanzierungssaldo und Staatsverschuldung im Euroraum

(in % des BIP; fiskalischer Kurs: in Prozentpunkten des Produktionspotenzials)

Quellen: Gesamtwirtschaftliche Euroraum-Projektionen von Fachleuten des Eurosystems vom Dezember 2024, Eurostat und EZB-Berechnungen.
Anmerkung: Grafik a) Anpassung der Messgröße für den fiskalischen Kurs auf der Einnahmenseite ab dem Jahr 2021: Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität von NGEU werden herausgerechnet, da diese Einnahmen keinen makroökonomischen Straffungseffekt haben.

Strategische öffentliche Güter tragen dazu bei, die Widerstandsfähigkeit der europäischen Wirtschaft zu erhöhen

Die Fachleute des Eurosystems erwarteten in ihren Projektionen Ende 2024 eine erneute, aber im Vergleich zu den Vorjahren langsamere Straffung des fiskalischen Kurses im Jahr 2025. Gleichwohl verwiesen sie im Zusammenhang mit den finanzpolitischen Aussichten auf eine hohe Unsicherheit. So ergaben sich aus der Haushaltsplanung großer Euro-Länder sowie angesichts der künftigen Entscheidungen der neuen US-Regierung und der Reaktion Europas darauf politische Risiken, die neben der langfristigen Haushaltsbelastung durch die Bevölkerungsalterung zusätzlich zu bewältigen sind. Ferner wird von der Fiskalpolitik zunehmend erwartet, dass sie strategische öffentliche Güter bereitstellt. Diese sollen die europäische Wirtschaft widerstandsfähiger machen, indem der ökologische und digitale Wandel vorangetrieben und die wirtschaftliche Sicherheit und die Verteidigungsfähigkeit gestärkt werden. Der ökologische und digitale Wandel wird zu einem wesentlichen Teil über das Ende 2026 auslaufende NGEU-Programm finanziert (siehe Kasten 1).

Am 30. April 2024 trat die Reform des EU-Rahmens für die wirtschaftspolitische Steuerung in Kraft. Der neue Rahmen legt den Schwerpunkt auf die Schuldentragfähigkeit und zielt darauf ab, solide und tragfähige öffentliche Finanzen zu gewährleisten und gleichzeitig Anreize für Strukturreformen und Investitionen zu schaffen.[5] Ein zentrales Element sind die von den Ländern zu veröffentlichenden mittelfristigen strukturellen Fiskalpläne. Diese Pläne zeigen auf, wie sich das Nettoausgabenwachstum unter Zugrundelegung bestimmter gesamtwirtschaftlicher Annahmen entwickeln soll. Beantragt ein Land die Verlängerung des Anpassungszeitraums von vier auf sieben Jahre, hat es zudem zu erläutern, welche strukturellen finanzpolitischen Maßnahmen vorgesehen sind, um die Schuldenquote in der mittleren Frist plausibel und nachhaltig zu senken.

Mit der Veröffentlichung ihres Herbstpakets am 26. November und 18. Dezember leitete die Europäische Kommission den ersten Umsetzungszyklus gemäß dem neuen wirtschaftspolitischen Steuerungsrahmen ein. In dem Paket beurteilte die Kommission die von den Euro-Ländern eingereichten mittelfristigen strukturellen Fiskalpläne und Übersichten über die Haushaltsplanung 2025. Sie stellte fest, dass 15 der 16 mittelfristigen strukturellen Fiskalpläne die Anforderungen des neuen Regelungsrahmens erfüllten. Vier Ländern (Spanien, Frankreich, Italien und Finnland) wurde auf Antrag eine Verlängerung des empfohlenen Anpassungszeitraums von vier auf sieben Jahre gewährt. Die Verlängerung ist an eine Reihe von Investitions- und Reformzusagen geknüpft, die unter anderem zu nachhaltigem, inklusivem Wachstum und Widerstandsfähigkeit beitragen und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen fördern sollen.[6]

Mehrjähriger Nettoausgabenpfad als wichtigster Indikator zur Haushaltsüberwachung innerhalb des neuen wirtschaftspolitischen Steuerungsrahmens

Auf Empfehlung der Europäischen Kommission beschloss der ECOFIN-Rat im Juli 2024, gegen fünf Euro-Länder (Belgien, Frankreich, Italien, Malta und die Slowakei) ein Verfahren bei einem übermäßigen Defizit einzuleiten. Gemäß Kommissionsempfehlung soll die Beseitigung des übermäßigen Defizits unter Beachtung der mehrjährigen Nettoausgabenpfade erfolgen, die in den vorliegenden mittelfristigen strukturellen Haushaltsplänen festgelegt wurden. Der mehrjährige Nettoausgabenpfad ist mittlerweile der wichtigste Indikator für die Haushaltsüberwachung innerhalb des wirtschaftspolitischen Steuerungsrahmens.

Die vollständige, transparente und unverzügliche Umsetzung der Reform des wirtschaftspolitischen Steuerungsrahmens wird den Regierungen dabei helfen, ihre Haushaltsdefizite und Schuldenquoten nachhaltig zu senken.

1.4 Gesamtinflation weiter in Richtung Zielwert gesunken

Gesamtinflation sank von 2,9 % im Dezember 2023 auf 2,4 % im Dezember 2024 und näherte sich damit dem Zielwert

Die am Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) gemessene Gesamtinflation im Euroraum ging im Berichtsjahr weiterhin zurück. Im Dezember 2024 lag sie bei 2,4 % und damit 0,5 Prozentpunkte unter der Vorjahresrate (siehe Abbildung 1.7). Im Jahr 2023 war der Disinflationsprozess vor allem durch das Abklingen früherer Angebotsschocks bestimmt gewesen. 2024 spiegelte er hingegen immer stärker die Wirkung der restriktiven Geldpolitik wider. Das Auslaufen von staatlichen Stützungsmaßnahmen, die der Abfederung der Pandemiefolgen und des Energiepreisschocks dienten, hatte einen dämpfenden Effekt auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage und unterstützte somit den Disinflationsprozess. Allerdings wurde er durch das Auslaufen der Maßnahmen auch gebremst, denn diese waren darauf ausgerichtet gewesen, die Inflation einzudämmen. Die unterjährigen Schwankungen der HVPI-Inflation und ebenso ihr leichter Anstieg zum Jahresende hingen größtenteils mit dem Preisauftrieb bei Energie zusammen. Die Preisentwicklung bei Waren ohne Energie trug am stärksten zum weiteren Inflationsrückgang bei. Betrachtet nach HVPI-Komponenten war die Preissteigerungsrate im Dezember 2024 bei Nahrungsmitteln 3,5 Prozentpunkte und bei Industrieerzeugnissen ohne Energie 2,0 Prozentpunkte niedriger als im Dezember 2023. Die Preissteigerungsrate der Industrieerzeugnisse ohne Energie näherte sich ihrem längerfristigen Vorpandemiedurchschnitt von 0,6 % (Zeitraum 1999-2019). In dem Rückgang dieser beiden Komponenten zeigte sich, dass der von früheren Kostenschocks ausgehende Druck nachließ und sich das internationale Preisumfeld allgemein verbesserte. Die Teuerung der im HVPI erfassten Dienstleistungen blieb hingegen relativ hartnäckig und bewegte sich im Jahresverlauf bei etwa 4,0 %. Darin zeigte sich sowohl die vergleichsweise starke Wirkung des Lohndrucks auf viele Dienstleistungen als auch der Einfluss von Komponenten, die zeitverzögert auf vorangegangene außergewöhnliche Inflationsschocks reagierten (wie etwa Versicherungen und Mieten für Wohnimmobilien).

Abbildung 1.7

Gesamtinflation und Beiträge der Hauptkomponenten

(Veränderung gegen Vorjahr in %; Beiträge in Prozentpunkten)

Quellen: Eurostat und EZB-Berechnungen.
Anmerkung: Die jüngsten Angaben beziehen sich auf Dezember 2024.

Preissteigerungsrate bei Energie über weite Strecken des Jahres negativ, bei Nahrungsmitteln stark rückläufig

Die Preissteigerungsrate bei Energie war 2024 im Durchschnitt etwas geringer als 2023. Über weite Strecken des Jahres blieb sie im negativen Bereich. Die negativen Jahresänderungsraten waren zu Jahresbeginn vor allem auf die Entwicklung der Gas- und Strompreise und ab August auf die Entwicklung der Kraftstoffpreise für Verkehrsmittel zurückzuführen. Zudem verstärkte die Volatilität des Energiegroßhandels, die unter anderem mit Russlands Krieg gegen die Ukraine und mit Basiseffekten infolge der Vorjahresentwicklung zusammenhing, die ungleichmäßige Dynamik bei den Energiepreisen. Die Preisentwicklung bei Nahrungsmitteln hatte eine stark inflationssenkende Wirkung, die sich insbesondere aus dem drastischen Preisrückgang in den ersten Monaten des Berichtsjahrs ergab. In dieser Zeit sanken die Jahresänderungsraten der Preise für verarbeitete und vor allem für unverarbeitete Nahrungsmittel, da der mit früheren Preisschocks bei Energie und Nahrungsmittelrohstoffen zusammenhängende Druck auf den vorgelagerten Stufen der Wertschöpfungskette nachließ.[7] Danach wies die Preissteigerungsrate bei Nahrungsmitteln eine gewisse Volatilität auf. Zum Großteil war sie auf vermutlich witterungsbedingte Schwankungen der Preise für unverarbeitete Nahrungsmittel, insbesondere für Gemüse, zurückzuführen.

Indikatoren der zugrunde liegenden Inflation: deutlicher Rückgang in der ersten Jahreshälfte, allgemeine Seitwärtsbewegung in der zweiten

Mit den Indikatoren der zugrunde liegenden Inflation soll die persistente bzw. gemeinsame Komponente der Inflation erfasst werden, d. h. die Rate, bei der sich die Gesamtinflation mittelfristig, nach Wegfall temporärer Faktoren stabilisieren dürfte. In der Vergangenheit wurden jedoch auch diese Indikatoren durch schwere Angebotsschocks in die Höhe getrieben, sodass eine Abschwächung während des allgemeinen Disinflationsprozesses zu erwarten war.[8] Die Kerninflation – gemessen am HVPI ohne die volatilen Komponenten Energie und Nahrungsmittel – sank von 3,4 % im Dezember 2023 auf 2,7 % im April 2024 und bewegte sich danach weitgehend seitwärts. Im Dezember 2024 lag sie erneut bei 2,7 %. Der Rückgang der Kerninflation zu Beginn des Jahres 2024 war den niedrigeren Preissteigerungsraten bei Industrieerzeugnissen ohne Energie zuzuschreiben, während die Teuerung bei den Dienstleistungen mit etwa 4,0 % im Jahresverlauf weitgehend unverändert blieb. Bei den Dienstleistungen verläuft der Disinflationsprozess in der Regel langsamer als bei anderen Inflationskomponenten, da die Preise vieler Dienstleistungen (z. B. Mieten für Wohnimmobilien sowie Versicherungs-, Gesundheits- und Bildungsdienstleistungen) mit einer gewissen Verzögerung auf allgemeine Inflationsschocks reagieren. Der hartnäckige Preisauftrieb bei den Dienstleistungen im Jahr 2024 hängt auch mit dem starken Lohnwachstum zusammen, denn auf die Löhne entfällt in diesem Sektor ein höherer Kostenanteil als im verarbeitenden Gewerbe. Auch andere Indikatoren der zugrunde liegenden Inflation sanken im Jahresverlauf, vor allem in der ersten Jahreshälfte, wenngleich ihre Entwicklung gewissen Schwankungen unterworfen war. Insgesamt zeigten diese Rückgänge, dass der Einfluss der vorangegangenen Angebotsschocks nachließ und sich die Nachfrage vor dem Hintergrund der noch immer restriktiven Geldpolitik abschwächte. Die gesunkene Nachfrage erklärt auch teilweise, weshalb bei Waren eine deutlichere Disinflation erkennbar ist als bei Dienstleistungen: Positionen, für die eine höhere Reagibilität auf geldpolitische Veränderungen angenommen wird, fallen bei Waren stärker ins Gewicht als bei Dienstleistungen.[9]

Binnenwirtschaftlicher Kostendruck sank aufgrund des rückläufigen Lohnwachstums und der Pufferwirkung von Gewinnen

Der am Anstieg des BIP-Deflators gemessene binnenwirtschaftliche Kostendruck verringerte sich 2024 auf 2,9 % gegenüber 5,9 % im Jahr 2023. Hierzu trugen niedrigere Lohnstückkosten und Stückgewinne bei (siehe Abbildung 1.8). Der Beitrag der Stückgewinne (Gewinne je BIP-Einheit) verringerte sich, denn die Gewinne fungierten zunehmend als Puffer gegen den noch immer erhöhten Aufwärtsdruck, der von den Lohnstückkosten ausging.[10] Gleichzeitig ließ dieser Druck etwas nach, weil das am Arbeitnehmerentgelt je Arbeitnehmer gemessene Lohnwachstum sank und sich das Arbeitsproduktivitätswachstum etwas beschleunigte. Die Jahreswachstumsrate des Arbeitnehmerentgelts je Arbeitnehmer fiel im Berichtsjahr auf 4,5 % nach 5,3 % im Vorjahr. Sie lag jedoch weiterhin deutlich über ihrem Vorpandemiedurchschnitt von 2,2 %, da noch immer Arbeitskräftemangel herrschte und der Inflationsausgleich nach wie vor für Aufwärtsdruck sorgte. In der Abschwächung des Wachstums des Arbeitnehmerentgelts je Arbeitnehmer spiegelte sich vielmehr die Reaktion der Lohndrift und nicht des Tariflohnwachstums wider.[11] Dies könnte wohl unter anderem damit zusammenhängen, dass sich Lohnanpassungen zum Inflationsausgleich nicht mehr in der Lohndrift zeigten, sondern in den Tarifverdiensten enthalten waren. Ende 2024 befanden sich die Reallöhne im Euroraum im Großen und Ganzen wieder auf dem Niveau, das sie vor dem sprunghaften Anstieg der Inflation verzeichnet hatten.

Abbildung 1.8

Aufschlüsselung des BIP-Deflators nach Beiträgen

(Veränderung gegen Vorjahr in %; Beiträge in Prozentpunkten)

Quellen: Eurostat und EZB-Berechnungen.
Anmerkung: Die jüngsten Angaben beziehen sich auf das vierte Quartal 2024.
Die Entwicklung der Arbeitsproduktivität ist invers dargestellt, da ein Anstieg (Rückgang) des Arbeitsproduktivitätswachstums den binnenwirtschaftlichen Kostendruck verringert (erhöht).

Längerfristige Inflationserwartungen blieben in der Nähe des Zielwerts der EZB von 2 % verankert

Die im Survey of Professional Forecasters der EZB ersichtlichen längerfristigen Inflationserwartungen sanken von 2,1 % (Ende 2023) auf 2,0 % (laut im ersten Quartal 2024 veröffentlichter Umfrage). In den darauffolgenden Erhebungen des Jahres 2024 blieben sie fest verankert (siehe Abbildung 1.9). Auch andere Umfragedaten, etwa aus der Umfrage unter geldpolitischen Analysten der EZB (ECB Survey of Monetary Analysts) und von Consensus Economics, legten den Schluss nahe, dass die längerfristigen Inflationserwartungen im Einklang mit dem Zielwert der EZB von 2 % stehen. Die restriktive Geldpolitik unterstützte den Disinflationsprozess, da sie nicht nur die Nachfrage dämpfte, sondern durch eine dauerhafte Verankerung der längerfristigen Inflationserwartungen auch das Risiko von Zweitrundeneffekten begrenzte. Im Vergleich dazu wiesen die längerfristigen marktbasierten Messgrößen des Inflationsausgleichs (wie der fünfjährige inflationsindexierte Termin-Swapsatz in fünf Jahren) im Jahresverlauf eine etwas höhere Volatilität auf. Gegen Jahresende näherten sie sich jedoch einem Niveau an, das nahe 2 % lag. Für die unterjährigen Schwankungen waren höchstwahrscheinlich Veränderungen der Inflationsrisikoprämien ausschlaggebend, denn die Schätzungen der tatsächlichen Inflationserwartungen blieben relativ stabil bei rund 2 %. Auf der Verbraucherseite sank der Median für die in drei Jahren erwartete Inflation ab dem zweiten Quartal 2024 und erreichte mit 2,1 % im Oktober schließlich den niedrigsten Stand seit Russlands Angriff auf die Ukraine im Februar 2022. Aufgrund der gestiegenen Inflation und der erhöhten Unsicherheit nahmen die Erwartungen im restlichen Jahresverlauf wieder zu. Sie lagen jedoch weiterhin unter dem zu Jahresbeginn verzeichneten Niveau.[12]

Abbildung 1.9

Umfrage- und marktbasierte Indikatoren der Inflationserwartungen

(Veränderung gegen Vorjahr in %)

Quellen: London Stock Exchange Group (LSEG), EZB (Umfrage zu den Verbrauchererwartungen (Consumer Expectations Survey – CES), Survey of Professional Forecasters (SPF)) und EZB-Berechnungen.
Anmerkung: Der fünfjährige inflationsindexierte Termin-Swapsatz in fünf Jahren (5y5y-Inflationsswapsatz) wird monatlich ausgewiesen. Die SPF-Umfrage für das vierte Quartal 2024 wurde vom 1. bis zum 3. Oktober 2024 durchgeführt. In den SPF-Umfragerunden für das dritte und vierte Quartal 2024 bezogen sich die längerfristigen Erwartungen auf 2029, in den Umfragerunden für das erste und zweite Quartal 2024 bezogen sie sich auf 2028. Im Falle der CES-Umfrage beziehen sich die jüngsten Angaben auf Dezember 2024.

1.5 Finanzierungsbedingungen schrittweise gelockert, aber weiterhin restriktiv

Staatsanleiherenditen stiegen aufgrund binnenwirtschaftlicher und globaler Faktoren

Da der Inflationsdruck im Laufe des Berichtsjahrs allmählich nachließ (siehe Kapitel 1 Abschnitt 4), senkte die EZB ab Juni die Leitzinsen und reduzierte dadurch den Grad der geldpolitischen Straffung (siehe Kapitel 2 Abschnitt 1). Der – risikofreie – zehnjährige Zinssatz für Tagesgeld-Swaps (OIS-Satz) stieg in der ersten Jahreshälfte 2024 nach und nach um insgesamt rund 50 Basispunkte an und erreichte im Sommer seinen Jahreshöchststand. Im weiteren Jahresverlauf sank er Schritt für Schritt, weil sowohl die Zinserwartungen an den Finanzmärkten als auch die Laufzeitprämien zurückgingen. Der durchschnittliche zehnjährige OIS-Satz war dann im Dezember 2024 mit 2,2 % rund 20 Basispunkte niedriger als im Dezember 2023 (siehe Abbildung 1.10). Langfristige Staatsanleihen erzielten Ende 2024 im Allgemeinen höhere Renditen als zu Jahresbeginn. Die Renditen französischer Staatsanleihen lagen deutlich über ihrem Vorjahresniveau, was mit der erhöhten Unsicherheit bezüglich der Entwicklung der französischen Staatsfinanzen und der politischen Entwicklung im Land zusammenhing. Der Abstand zwischen den Renditen langfristiger Staatsanleihen und den entsprechenden risikofreien Zinssätzen weitete sich im Schlussquartal 2024 im Allgemeinen aus. Dies hing damit zusammen, dass sich die Knappheit marktfähiger Sicherheiten angesichts der (erwarteten) Zunahme von Staatsanleiheemissionen und der Verkleinerung der Eurosystem-Bilanz verringerte. In Italien machte sich ein günstigerer Ratingausblick positiv in Form einer Einengung der Spreads bemerkbar und trug zum Rückgang der Renditen langfristiger Anleihen im Jahr 2024 bei. Im Dezember 2024 lag die BIP-gewichtete durchschnittliche Nominalrendite zehnjähriger Staatsanleihen im Euroraum im Durchschnitt auf demselben Niveau (2,7 %) wie ein Jahr zuvor.

Abbildung 1.10

Langfristige Zinssätze, Kosten der Kreditaufnahme von Unternehmen und Kosten von Wohnungsbaukrediten an private Haushalte

(in % p. a.)

Quellen: Bloomberg, LSEG und EZB-Berechnungen.
Anmerkung: Monatliche Beobachtungen. Bei der Rendite der zehnjährigen Staatsanleihen des Euroraums handelt es sich um einen BIP-gewichteten Durchschnitt. Die Indikatoren für die Kreditkosten errechnen sich durch Aggregation der kurz- und langfristigen Kreditzinsen der Banken auf Basis des gleitenden 24-Monatsdurchschnitts des Neugeschäftsvolumens. Die jüngsten Angaben beziehen sich auf Dezember 2024.

Aktienmärkte wurden durch sinkende Risikoprämien und Zinsen gestützt

An den Aktienmärkten war im Berichtsjahr ein allgemeiner Kursanstieg zu verzeichnen, wobei der Finanzsektor stärker zulegte als der Nichtfinanzsektor. Dort verbuchten Banken dank ihrer hohen Ertragskraft die größten Kursgewinne. Ende 2024 hatten die Gesamtindizes für Aktien von nichtfinanziellen Unternehmen und Banken im Euroraum ihren Stand von Ende 2023 um rund 3 % bzw. 21 % überschritten. Gestützt wurden die Kurse durch gesunkene Aktienrisikoprämien, bessere kurzfristige Gewinnerwartungen, höhere Dividendenausschüttungen und niedrigere langfristige risikofreie Zinssätze. Unternehmensanleihen verzeichneten sowohl im Investment-Grade- als auch im Hochzinssegment Renditerückgänge. Somit lagen die Renditen Ende Dezember 2024 niedriger als ein Jahr zuvor. Grund hierfür waren gesunkene risikofreie Zinssätze und eine Einengung der Spreads.

Weit gefasste Geldmenge und Bankenintermediation spiegelten Reduzierung des Grades der geldpolitischen Straffung wider

Mit der Reduzierung des Grades der geldpolitischen Straffung kam die rückläufige Entwicklung der Bankeinlagen zum Stillstand, sodass gegen Ende 2024 eine Erholung einsetzte und auch die weit gefasste Geldmenge M3 wieder anstieg. Die Jahresänderungsrate von M3 lag im Dezember bei 3,4 %, verglichen mit einem Nullwachstum im Dezember 2023 (siehe Abbildung 1.11). Ausschlaggebend für dieses Wachstum waren die Nettokapitalzuflüsse aus dem Ausland. Diese spiegelten wiederum den beträchtlichen Leistungsbilanzüberschuss wider, der sich aus den schwachen Importen und dem angesichts attraktiver Renditen bestehenden Auslandsinteresse an Anleihen des Euroraums ergab. Der mit der Verkleinerung der Eurosystem-Bilanz einhergehende Liquiditätsabfluss wurde durch diese Zuflüsse weitgehend ausgeglichen. Die (Ende des Jahres vollständige) Rückzahlung von Mitteln, die im Rahmen der dritten Reihe gezielter längerfristiger Refinanzierungsgeschäfte aufgenommen worden waren, und der Abbau der Wertpapierportfolios des Eurosystems führten dazu, dass die Banken weiterhin vermehrt teurere marktbasierte Refinanzierungsquellen in Anspruch nahmen. Dennoch sanken ihre Refinanzierungskosten allmählich gegenüber den Höchstständen des Jahres 2023, wenn auch langsamer als die Leitzinsen. Die Bilanzen der Banken blieben insgesamt solide.

Rückgang der Zinsen für Bankkredite an Unternehmen und private Haushalte, Finanzierungsbedingungen aber weiterhin restriktiv

Die Finanzierungsbedingungen im Euroraum blieben auch 2024 restriktiv, wobei sich durch die Leitzinssenkungen die geldpolitische Straffung etwas verringerte. So sanken die nominalen Kreditkosten für Unternehmen und private Haushalte bis zu einem gewissen Grad, nachdem sie 2023 den höchsten Stand seit fast 15 Jahren erreicht hatten. Der gewichtete Zinssatz für Bankkredite an nichtfinanzielle Unternehmen lag im Dezember 2024 bei 4,4 % und war damit rund 90 Basispunkte niedriger als Ende 2023. Der entsprechende Zinssatz für Wohnungsbaukredite an private Haushalte verringerte sich um rund 60 Basispunkte auf 3,4 % (siehe Abbildung 1.10). Damit wurde der deutliche Unterschied zwischen den Zinsen für Unternehmen und für private Haushalte, der während der geldpolitischen Straffung entstanden war, nur minimal reduziert. Die Unterschiede zwischen den Kreditzinsen der einzelnen Länder hielten sich weiterhin in Grenzen, ein Zeichen dafür, dass die Transmission der Geldpolitik im gesamten Euroraum im Allgemeinen reibungslos vonstattenging.

Kreditvergabe an Unternehmen und private Haushalte blieb verhalten, ließ jedoch Anzeichen einer Erholung erkennen

Vor dem Hintergrund der noch immer restriktiven Kreditbedingungen und der schwachen gesamtwirtschaftlichen Nachfrage blieb die Kreditvergabe der Banken an Unternehmen und private Haushalte verhalten (siehe Abbildung 1.11). In der zweiten Jahreshälfte 2024 zeichnete sich jedoch eine Erholung ab. Aus der Umfrage zum Kreditgeschäft im Euroraum (Bank Lending Survey – BLS) geht hervor, dass die Banken ihre Kreditrichtlinien für Unternehmen (d. h. die internen Richtlinien oder Kriterien für die Kreditgewährung) im vierten Quartal 2024 verschärften, nachdem sie sich in den Quartalen davor weitgehend stabilisiert hatten. Laut der Umfrage über den Zugang von Unternehmen zu Finanzmitteln (SAFE) verbesserte sich die Verfügbarkeit von Bankkrediten nur vorübergehend und verschlechterte sich im vierten Quartal wieder. Die Jahreswachstumsrate der Bankkredite an Unternehmen lag im Dezember bei 1,7 %. Insgesamt war die Fremdfinanzierung der Unternehmen weiterhin verhalten. Die Entwicklung der Außenfinanzierung an Unternehmen (netto) entsprach bei Weitem nicht der längerfristigen Dynamik, obwohl die Emissionstätigkeit zunahm und die Bewertungen börsennotierter Aktien stiegen (siehe Abbildung 1.12). Die Jahreswachstumsrate der Kreditvergabe von Bankkrediten an private Haushalte erholte sich allmählich, was vor allem auf die Entwicklung der Hypothekenkredite zurückzuführen war. Im Dezember 2024 lag sie bei 1,1 %. Hierzu passt, dass die Banken in den BLS-Umfragen des zweiten Halbjahrs 2024 eine allgemeine Lockerung der Kreditrichtlinien im Jahresverlauf und eine deutliche Belebung der Kreditnachfrage meldeten und dass die Zahl der Haushalte, die in der Umfrage zu den Verbrauchererwartungen (CES) den geplanten Erwerb einer Wohnimmobilie ankündigten, im Jahresverlauf stabil blieb. In der CES-Umfrage war jedoch der Anteil der privaten Haushalte, die eine Verschlechterung ihres Zugangs zu Krediten meldeten, zum Jahresende nach wie vor höher als der Anteil jener, die von einer Verbesserung berichteten. Eine anhaltende Inanspruchnahme von Konsumentenkrediten wurde primär bei Haushalten mit niedrigerem Einkommen beobachtet. Zudem meldeten die Banken im Lauf des Jahres 2024 weiterhin eine Verschärfung der Richtlinien für Konsumentenkredite.

Abbildung 1.11

M3-Wachstum und Wachstum der Kredite an Unternehmen und private Haushalte

(Veränderung gegen Vorjahr in %)

Quelle: EZB.
Anmerkung: Bei den Unternehmen handelt es sich um nichtfinanzielle Unternehmen. Die jüngsten Angaben beziehen sich auf Dezember 2024.

Abbildung 1.12

Außenfinanzierung der Unternehmen (netto)

(jährlicher Mittelzufluss in Mrd. €)

Quellen: EZB und Eurostat.
Anmerkung: Bei den Unternehmen handelt es sich um nichtfinanzielle Unternehmen. MFI: monetäres Finanzinstitut. Nicht-MFIs in der Komponente „Kredite von Nicht-MFIs und der übrigen Welt“ umfassen sonstige Finanzintermediäre, Pensionseinrichtungen und Versicherungsgesellschaften. „MFI-Kredite“ und „Kredite von Nicht-MFIs und der übrigen Welt“ sind um Kreditverkäufe und ‑verbriefungen bereinigt. „Sonstige“ beschreibt die Differenz zwischen dem Posten „Insgesamt“ und den in der Abbildung dargestellten Instrumenten. Darin enthalten sind vor allem konzerninterne Kredite und Handelskredite. Die jüngsten Angaben beziehen sich auf das dritte Quartal 2024. Der jährliche Mittelzufluss für 2024 wird als Vierquartalssumme der Stromgrößen vom vierten Quartal 2023 bis zum dritten Quartal 2024 berechnet. Die Daten zu den vierteljährlichen Sektorkonten für den Euroraum werden alle fünf Jahre einer umfassenden Revision unterzogen – zuletzt im Jahr 2024. Daher unterscheiden sich die Daten einiger Jahre deutlich von den im vorangegangenen Jahresbericht veröffentlichten Daten.

Kasten 1
Zur Langzeitwirkung der Covid-19-Pandemie und struktureller Trends auf das Produktivitätswachstum

Im Euroraum vollzieht sich aktuell eine von wirtschaftlichen Schocks und tiefgreifenden strukturellen Veränderungen geprägte Transformation, die mittel- und langfristige Effekte auf das Produktivitätswachstum hat. Seit einigen Jahren zeigt sich im Euroraum ein neuartiges Zusammenspiel disruptiver Veränderungen und anhaltender struktureller Verschiebungen, die auch das Produktivitätswachstum auf komplexe und ungewisse Weise beeinflussen. Die Covid-19-Pandemie, die rasch voranschreitende Digitalisierung sowie der ökologische und demografische Wandel – all diese Faktoren bestimmen maßgeblich die mittel- und langfristigen Produktivitätsaussichten. Jeder Faktor setzt eigene Mechanismen in Gang und wirkt sich über diese auf die Produktivität aus. Zudem bestehen Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Faktoren, die für zusätzliche Komplexität im Wirtschaftssystem sorgen. Der vorliegende Kasten befasst sich mit dieser Dynamik und untersucht deren Implikationen für das Produktivitätswachstum. Als Grundlage dienen aktuelle Arbeiten zur Produktivitätsentwicklung, die von einer Gruppe von Fachleuten des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) stammen.[13]

Anhaltende Auswirkungen der Pandemie auf das Produktivitätswachstum

Die Pandemie war Auslöser von weitreichenden disruptiven Veränderungen auf Länder-, Sektor- und Unternehmensebene, die sich in unterschiedlicher Weise auf das Produktivitätswachstum auswirkten. Die Coronakrise hob sich nicht nur aufgrund ihrer Tragweite fundamental von früheren Abschwungphasen ab, sondern auch durch die zu ihrer Eindämmung ergriffenen Maßnahmen (z. B. Lockdowns), die veränderten Arbeits- und Konsummuster und die breit angelegten politischen Stützungsmaßnahmen für Unternehmen und private Haushalte.

Das Handeln der Politik verhinderte eine Insolvenzwelle, die produktivitätssteigernde Wirkung der Ressourcenreallokation nahm jedoch ab. Die verfügbaren Daten belegen, dass produktivitätsschwache Unternehmen infolge der Krise deutlich stärker schrumpften bzw. mit höherer Wahrscheinlichkeit aus dem Markt ausschieden als produktivitätsstarke Unternehmen. Dieser Effekt trug kurzfristig positiv zur Ressourcenallokation bei (siehe Abbildung A). Allerdings war er geringer als in vorherigen Krisen, denn Marktaustritt und Schrumpfung wurden dank umfassender politischer Stützungsmaßnahmen oftmals verhindert. In der erwähnten Analyse des ESZB wird gezeigt, dass die Verteilung der Unternehmenssubventionen im Laufe der Zeit eine immer stärkere verzerrende Wirkung hatte, obwohl sie weiterhin nach den gleichen Kriterien erfolgte.

Die Pandemie beschleunigte den Digitalisierungsprozess, veränderte das Konsumverhalten und wirkte sich sowohl auf die Verlaufsmuster der krankheitsbedingten Abwesenheiten als auch auf die Bildung aus. Sie könnte somit langfristige Effekte haben. Die fortschreitende Digitalisierung der Wirtschaft, darunter die zunehmende Verbreitung von Telearbeit, bietet vielversprechende Perspektiven und wird auch durch Initiativen wie das NGEU-Programm unterstützt. Zugleich hatte die Pandemie langfristige Auswirkungen auf die Erwerbsbevölkerung. Die langfristigen Folgen für das Produktivitätswachstum lassen sich indes noch nicht vollständig quantifizieren.

Abbildung A

Produktivitätsverteilung der Unternehmen, die 2020 aus einem Sektor ausschieden, im Vergleich zu überlebenden Unternehmen desselben Sektors

(Dichte)

Quelle: Eigene Berechnungen anhand der auf Unternehmensebene vorliegenden Daten von Orbis-iBACH.
Anmerkung: Der Datensatz deckt Belgien, Deutschland, Spanien, Frankreich, Italien und Portugal ab. Die Arbeitsproduktivität ist als reale Wertschöpfung je Beschäftigten definiert.

Digitaler Wandel und Produktivitätswachstum

Digitale Technologien können die Effizienz am Arbeitsplatz steigern, da zusätzliche Aufgaben übernommen und Randtätigkeiten ausgelagert werden können. Darüber hinaus erhöht die Digitalisierung die Wettbewerbsfähigkeit, ermöglicht eine große Reichweite ohne physische Präsenz („scale without mass“) und erweitert über den elektronischen Handel den Marktzugang. So zeigen beispielsweise Unternehmensdaten aus Frankreich und Österreich, dass Investitionen in digitale Technologien zu einem nachhaltigen Produktivitätswachstum führen können, auch wenn dieses im Schnitt relativ gering ausfällt und es hierfür zunächst einer Anpassungsphase bedarf.

Die aus der Digitalisierung resultierenden Produktivitätszuwächse sind in den einzelnen Sektoren und Unternehmen höchst unterschiedlich. Digitale Investitionen haben im Durchschnitt eine geringe Wirkung. In Sektoren, die potenziell von der Digitalisierung profitieren, ist ihr Effekt jedoch 17-mal größer als der Durchschnitt. Zudem gelingt es nur rund 30 % der Unternehmen – in der Regel den produktivsten –, neue digitale Technologien innovativ und disruptiv zur Steigerung der Produktivität einzusetzen; der Grund dafür ist, dass diese Unternehmen über die dafür erforderliche Expertise und die zugehörigen immateriellen Vermögenswerte verfügen (siehe Abbildung B). Gesamtwirtschaftlich betrachtet haben die durch die Digitalisierung bedingten Effizienzsteigerungen das Wachstum der Arbeitsproduktivität deutlich erhöht. In Deutschland und Frankreich beispielsweise wäre das Produktivitätswachstum ohne diese Effizienzgewinne weitaus niedriger gewesen, wie entsprechende Simulationen zeigen.

Auswirkungen des ökologischen Wandels auf das Produktivitätswachstum

Im Zuge der Umsetzung von Maßnahmen zur dringend notwendigen Verringerung der Treibhausgasemissionen werden Produktionslösungen mit niedrigem CO2-Ausstoß gefördert. Dies schlägt sich potenziell auch im gesamtwirtschaftlichen Produktivitätswachstum nieder. Der ökologische Wandel wirkt sich über zwei wichtige Kanäle auf die Produktivität aus: über Investitionen in klimafreundliche Innovationen und über die Reallokation von Ressourcen. Die Notwendigkeit, die Treibhausgasemissionen zu senken, ist ein Anreiz für Unternehmen, innovativ zu sein und bei der Ausübung ihrer Geschäftstätigkeit effizienter und nachhaltiger zu handeln. Zugleich erhöht sich das wirtschaftliche Gewicht umweltfreundlicherer Sektoren, während den umweltschädlichen Sektoren und Unternehmen Arbeit und Kapital entzogen werden. Die Gesamtproduktivität kann durch eine derartige Umverteilung steigen, sofern die Ressourcen einer effizienteren Nutzung zugeführt werden.

Abbildung B

Geschätzte Auswirkungen der Digitalisierung auf das Wachstum der totalen Faktorproduktivität (TFP) in Unternehmen mit unterschiedlichem TFP-Ausgangsniveau

(in Prozentpunkten)

Quelle: R. Anderton, V. Botelho und P. Reimers, Digitalisation and productivity: gamechanger or sideshow?, Working Paper Series der EZB, Nr. 2794, März 2023.
Anmerkung: Die Abbildung zeigt die sektorspezifischen Auswirkungen der Digitalisierung auf das TFP-Wachstum in Unternehmen je nach Position des Unternehmens in der TFP-Verteilung (1 = unterstes Dezil der TFP-Verteilung, 10 = oberstes Dezil).

Eine konsequente Umweltpolitik kann, wie sich empirisch belegen lässt, auf lange Sicht klimafreundliche Innovationen fördern, kurzfristig jedoch nachteilige Auswirkungen auf das Wachstum der totalen Faktorproduktivität (TFP) haben. Die Analyse von ESZB-Fachleuten zeigt, dass der Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft nur gelingen kann, wenn unterschiedliche Politikansätze – CO2-Steuern, Rechtsvorschriften und Förderung klimafreundlicher Technologien – kombiniert werden. In der kurzen Frist, während sich die Unternehmen anpassen, wird diese Transformation jedoch kostspielig sein und sich negativ auf das TFP-Wachstum auswirken, und zwar insbesondere bei kleinen umweltschädlichen Unternehmen, da deren Zugang zu Finanzierungsmitteln begrenzt ist. Umweltpolitische Maßnahmen schaffen dennoch Anreize für klimafreundliche Innovationen. Dies bestätigt die deutlich gestiegene Zahl der von umweltschädlichen Unternehmen eingereichten Patente für klimafreundliche Technologien. Langfristig dürfte die Zunahme klimafreundlicher Innovationen zu einem höheren Produktivitätswachstum führen.

Die Ressourcenreallokation, die durch die Maßnahmen zur Förderung des ökologischen Wandels ausgelöst wird, wirkt sich von Sektor zu Sektor unterschiedlich auf die Produktivität aus. Die Ressourcenreallokation unter den Sektoren würde bei gegebenen sektoralen Produktivitätsniveaus die Produktivität mechanisch senken, da kohlenstoffintensive Sektoren im Schnitt produktiver sind. Jedoch korrelieren innerhalb eng definierter Sektoren CO2‑Intensität und Arbeitsproduktivität auf Unternehmensebene nicht zwangsläufig. Daher hat die Umlenkung von Ressourcen aus Unternehmen mit hoher CO2‑Intensität in solche mit niedriger CO2‑Intensität nicht unbedingt einen Produktivitätsanstieg zur Folge. Daten auf Unternehmensebene aus dem Emissionshandelssystem der EU (EU-EHS) zeigen, dass in den meisten Sektoren die CO2‑effizientesten Unternehmen auch am produktivsten sind. Bezogen auf das derzeitige Produktivitätsniveau auf Unternehmensebene führt also in diesen Sektoren die Umlenkung von Ressourcen in klimafreundlichere Unternehmen – unter sonst gleichen Bedingungen – zu einem Anstieg des Arbeitsproduktivitätswachstums. Auf andere Sektoren wie Holz- und Zellstoff, Papier und Eisenmetalle trifft allerdings das Gegenteil zu; die Reallokation wirkt hier produktivitätsmindernd.

Schlussbemerkungen

Das Zusammenspiel rezenter Schocks und anhaltender struktureller Trends sorgt für komplexe Bedingungen für die Entwicklung des mittel- und langfristigen Produktivitätswachstums. Die Pandemie, die Digitalisierung und der ökologische Wandel waren und sind mit jeweils eigenen Herausforderungen und Chancen verbunden. Mario Draghi hat in seinem jüngsten Bericht gefordert, dass diese dynamischen Veränderungen bei politischen Entscheidungen genau bedacht werden, um günstige Bedingungen für ein nachhaltiges Produktivitätswachstum zu fördern. Hierzu sei es erforderlich, das Potenzial digitaler und klimafreundlicher Technologien auszuschöpfen und dabei die möglicherweise wettbewerbsverzerrende Wirkung politischer Eingriffe zu begrenzen.[14] In einer sich stets weiterentwickelnden Weltwirtschaft ist es unerlässlich, dass die Politik im Euroraum diesen Wechselwirkungen Beachtung schenkt, um das künftige Produktivitätswachstum wirksam zu beeinflussen und zu unterstützen.

2 Weiterhin restriktive Geldpolitik bei beginnender Lockerung

Der EZB-Rat hat 2024 den Grad der geldpolitischen Straffung reduziert, da es Anzeichen für eine nachhaltige Annäherung der Inflation an das 2-%-Ziel gab, während das Wirtschaftswachstum im Euroraum gedämpft war (siehe Kapitel 2 Abschnitt 1). Die Zinsen blieben fast in der gesamten ersten Jahreshälfte unverändert. Im Juni und September senkte der EZB-Rat schließlich den Zinssatz für die Einlagefazilität um jeweils 25 Basispunkte und leitete damit einen Umschwung zu einer weniger restriktiven Geldpolitik ein. Der EZB-Rat bekannte sich weiterhin dazu, die Entscheidungen zur Festlegung der angemessenen Höhe und Dauer des restriktiven Niveaus in Abhängigkeit von der Datenlage und von Sitzung zu Sitzung zu treffen. Das Wirtschaftswachstum blieb auch im dritten Quartal verhalten, wobei es Anzeichen einer Stabilisierung gab, die sich auf eine Erholung des Konsums und der globalen Nachfrage stützte. Der EZB-Rat war zunehmend zuversichtlich, dass die Inflation weiter zurückgehen würde, und senkte den Zinssatz für die Einlagefazilität im Oktober und Dezember erneut um jeweils 25 Basispunkte.

Die Bilanz des Eurosystems schrumpfte 2024 im Zuge der zwei Jahre zuvor begonnenen Normalisierung um 0,5 Bio. € auf 6,4 Bio. € zum Jahresende (siehe Kapitel 2 Abschnitt 2). Dies war das Ergebnis vorzeitiger Rückzahlungen und der Fälligkeit von Geschäften im Rahmen der dritten Reihe gezielter längerfristiger Refinanzierungsgeschäfte (GLRG III) sowie der Verkleinerung der Bestände im Rahmen des Programms zum Ankauf von Vermögenswerten (APP). Auch der Abbau des Portfolios des Pandemie-Notfallankaufprogramms (PEPP) leistete einen Beitrag, da ab Juli die Tilgungsbeträge nur mehr teilweise wieder angelegt wurden. Im März 2024 billigte der EZB-Rat Änderungen des geldpolitischen Handlungsrahmens (siehe Kasten 2), und mit Jahresende 2024 stellte er die Wiederanlage der Tilgungsbeträge aus dem PEPP ein.

Das Eurosystem verbesserte 2024 seinen Risikosteuerungsrahmen, um eine risikoeffiziente Umsetzung der Geldpolitik zu gewährleisten. Aufgrund der hohen Leitzinsen verbuchte die EZB Verluste aus negativen Zinserträgen, die gegen künftige Gewinne verrechnet werden (siehe Kapitel 2 Abschnitt 3 und den Erweiterten Jahresabschluss der EZB für 2024). Es ist zu erwarten, dass der Nettozinsertrag des Eurosystems in den kommenden Jahren wieder steigen und somit seine finanzielle Resilienz unterstützen wird.

2.1 Zurücknahme des Grades der geldpolitischen Straffung

Der EZB-Rat beließ im Januar die Zinsen unverändert, um eine ausreichend straffe Geldpolitik sicherzustellen

Im Januar 2024 kam der EZB-Rat zu der Einschätzung, dass sich die Wirtschaft nach der Stagnation im gesamten Jahr 2023 nach wie vor schwach entwickelte. Die kurzfristigen Aussichten für das Wirtschaftswachstum im Euroraum waren vom Nachlassen der globalen Konjunktur und des globalen Handels sowie restriktiven Finanzierungsbedingungen geprägt. Risiken ergaben sich aus den erhöhten geopolitischen Spannungen infolge des Nahost-Konflikts und des Krieges Russlands gegen die Ukraine. Allerdings legten einige zukunftsgerichtete Umfrageindikatoren nahe, dass das Wachstum fortan anziehen würde. Der Arbeitsmarkt blieb trotz des verhaltenen Wachstums robust, nachdem die Arbeitslosenquote ab September 2020 fast stetig gesunken war. Die Inflation, die im Dezember 2023 infolge eines Basiseffekts bei den Energiepreisen angezogen hatte, war mit 2,9 % nach wie vor hoch. Gleichzeitig setzten die meisten Messgrößen der zugrunde liegenden Inflation ihren Abwärtstrend fort, da die Auswirkungen vergangener Angebotsschocks nachließen und die restriktive Geldpolitik zu einem Nachfragerückgang führte. Der EZB-Rat bestätigte seine Einschätzung, dass sich die EZB-Leitzinsen auf einem Niveau befänden, das – wenn es lange genug aufrechterhalten wird – einen erheblichen Beitrag zu einer zeitnahen Rückkehr der Inflation auf den mittelfristigen Zielwert von 2 % leisten wird. Daher beschloss der EZB-Rat bei seiner Januar-Sitzung, die seit September 2023 geltenden Leitzinssätze beizubehalten, und bekräftigte seine Absicht, so lange wie erforderlich für ein ausreichend restriktives Zinsniveau zu sorgen.

Keine Zinsänderung bei EZB-Ratssitzung im März

In den gesamtwirtschaftlichen Euroraum-Projektionen von Fachleuten der EZB vom März 2024 wurde die Inflation – vor allem für 2024 – nach unten revidiert. Die Anpassung erfolgte aufgrund des geringeren Beitrags der Energiepreise. Damit zeichnete sich ein allmählicher Rückgang der Inflation in Richtung EZB-Zielwert ab. Die Gesamtinflation war im Februar zurückgegangen, der binnenwirtschaftliche Preisdruck blieb jedoch u. a. aufgrund des hohen Lohnwachstums und rückläufiger Arbeitsproduktivität noch hoch. Die wirtschaftliche Dynamik im Euroraum war weiterhin schwach. Den Einschätzungen zufolge herrschten folgende Entwicklungen vor: verhaltene private Konsumausgaben, geringere Investitionstätigkeit und geringere Exporte infolge einer schwächeren Auslandsnachfrage und eines Verlusts an Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen im Euroraum. Die EZB-Expertinnen und -Experten hatten ihre Projektionen für das kurzfristige Wachstum nach unten revidiert. Dessen ungeachtet erwartete man weiterhin, dass sich die Wirtschaft im Laufe der Zeit erholen und wachsen würde. Unterstützend würden dabei zunächst der Konsum und in weiterer Folge auch die Investitionstätigkeit wirken. Infolge der sinkenden Inflation und der steigenden Löhne wurde vor allem auch mit einem Anstieg der Realeinkommen gerechnet. Die Finanzierungsbedingungen waren zwar nach wie vor restriktiv, doch sollten die nachfragedämpfenden Effekte vergangener Zinserhöhungen allmählich nachlassen und die Exporte wieder anziehen. Der Beschluss des EZB-Rats im März, die drei Leitzinssätze unverändert zu belassen, basierte auf dem nach wie vor datengestützten Ansatz und seiner Einschätzung der Inflationsaussichten, der Entwicklung der zugrunde liegenden Inflation und der Stärke der geldpolitischen Transmission.

Darüber hinaus betonte der EZB-Rat, wie wichtig es sei, die Kapitalmarktunion voranzubringen. Dies würde dazu beitragen, das Wachstum zu stabilisieren, wenn in einzelnen Ländern lokale Schocks auftreten, die nicht über die Geldpolitik abgemildert werden können. Ein stärker integriertes und diversifiziertes Finanzsystem würde die Risikoteilung im privaten Sektor über Länder hinweg verbessern, dazu beitragen, die Fragmentierung der Finanzmärkte zu reduzieren, sowie sicherstellen, dass die Geldpolitik im gesamten Euroraum wirksam ist, um nur einige Vorteile zu nennen.

Bekanntgabe von Änderungen am geldpolitischen Handlungsrahmen

Der EZB-Rat billigte im März Änderungen am geldpolitischen Handlungsrahmen. Diese folgten der im Dezember 2022 angekündigten Überprüfung des geldpolitischen Handlungsrahmens, im Zuge derer wesentliche Grundsätze und Parameter für die Umsetzung der Geldpolitik und die Bereitstellung von Zentralbankliquidität vor dem Hintergrund der allmählich rückläufigen Überschussliquidität im Bankensystem festgelegt wurden (siehe Kasten 2). Konkret beschloss der EZB-Rat, den geldpolitischen Kurs weiterhin über Anpassungen des Zinssatzes für die Einlagefazilität zu steuern und Liquidität flexibel – je nach Bedarf der Banken – über ein breit gefächertes Instrumentarium bereitzustellen; dazu würden zu einem späteren Zeitpunkt auch strukturelle längerfristige Kreditgeschäfte sowie ein strukturelles Wertpapierportfolio gehören. Ferner billigte der EZB-Rat die Reduktion des Abstands zwischen dem Zinssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte und dem Zinssatz für die Einlagefazilität von 50 auf 15 Basispunkte mit Wirkung ab dem 18. September 2024.

Inflation setzte Abwärtstrend fort

Die Inflation sank im März weiter und lag bei 2,4 %. Die meisten Messgrößen der zugrunde liegenden Inflation waren rückläufig, was den Eindruck eines allmählich nachlassenden Preisdrucks bestätigte. Aufgrund binnenwirtschaftlicher Preissteigerungen blieb die Dienstleistungsinflation mit 4,0 % allerdings hoch. Der Blick auf das Schlussquartal 2023 bestätigte, dass die Löhne weiter stiegen, wenn auch langsamer als erwartet. Die höheren Arbeitskosten wurden zum Teil durch die Unternehmensgewinne abgefedert, wodurch die Auswirkungen auf die Verbraucherpreise begrenzt blieben. Zugleich blieb das Wachstum der Lohnstückkosten aufgrund des schwachen Produktivitätswachstums erhöht, auch wenn es gegenüber dem zuvor hohen Niveau zurückging.

Auswirkungen der restriktiven Geldpolitik auf Finanzierungsbedingungen und Wirtschaft wurden deutlicher sichtbar

Im weiteren Jahresverlauf zeigte sich immer mehr, dass die restriktive Geldpolitik des EZB-Rats einen erheblichen Einfluss auf die Wirtschaft – und somit auch auf die Inflation – hatte. Im ersten Quartal 2024 führten hohe Kreditkosten für Unternehmen und private Haushalte sowie restriktivere Kreditrichtlinien zur Zurücknahme geplanter Investitionen und Wohnungskäufe sowie zu einem weiteren Rückgang der Kreditnachfrage. Während die Ausgaben für Dienstleistungen robust blieben, war die Nachfrage im verarbeitenden Gewerbe schwach. Die Produktion blieb – vor allem in energieintensiven Sektoren – verhalten. Was die Entwicklung der Exporte des Euroraums betrifft, rechnete man jedoch mit einem höheren Wachstum, das von der stärkeren Weltwirtschaft und der gestiegenen Nachfrage nach handelbaren Gütern getragen würde.

Im April verkündete der EZB-Rat, die drei Leitzinssätze unverändert im restriktiven Bereich zu belassen. Er bekannte sich erneut dazu, einen datengestützten Ansatz zu verfolgen und von Sitzung zu Sitzung zu entscheiden, ohne sich im Voraus auf einen bestimmten Zinspfad festzulegen. Erstmals teilte der EZB-Rat mit, dass eine Lockerung der aktuellen geldpolitischen Straffung dann angemessen sei, wenn seine Beurteilung der Inflationsaussichten, der Dynamik der zugrunde liegenden Inflation und der Stärke der geldpolitischen Transmission die Zuversicht dahingehend festigt, dass sich die Inflation nachhaltig dem Zielwert annähert.

Nach neun Monaten ohne Zinsänderung senkte der EZB-Rat im Juni den Zinssatz für die Einlagefazilität auf 3,75 % ...

Dieser Zeitpunkt war im Juni gekommen, und der EZB-Rat beschloss, die drei Leitzinssätze um jeweils 25 Basispunkte zu senken. Diesem Zinsschritt war eine Periode von neun Monaten mit unveränderten Zinsen vorangegangen. Seit der Sitzung vom September 2023, als der EZB-Rat zuletzt die Zinsen angehoben hatte, war die Inflation um 2,6 Prozentpunkte zurückgegangen, und die Inflationsaussichten hatten sich deutlich verbessert. Auch die Messgrößen der zugrunde liegenden Inflation hatten sich abgeschwächt, wodurch sich die Anzeichen verdichteten, dass der Preisdruck nachgelassen hatte, und die Inflationserwartungen waren für alle Zeithorizonte gesunken. Die Geldpolitik hatte dafür gesorgt, dass die Finanzierungsbedingungen restriktiv geblieben waren. Durch die Dämpfung der Nachfrage und die feste Verankerung der Inflationserwartungen hatte dies maßgeblich zur Rückführung der Inflation beigetragen.

Trotz dieser positiven Entwicklung blieben der binnenwirtschaftliche Preisdruck stark und das Lohnwachstum erhöht, wodurch der vorangegangene Inflationsschub ausgeglichen wurde. Man hielt es für wahrscheinlich, dass die Inflation bis weit ins nächste Jahr hinein über dem Zielwert bleibt. Die Fachleute des Eurosystems hatten ihre Inflationsprojektionen für 2024 und 2025 gegenüber März leicht nach oben revidiert, da sie bis Jahresende 2024 Inflationsschwankungen – u. a. aufgrund energiebedingter Basiseffekte – erwarteten. Die Inflation sollte sich laut Projektionen im zweiten Halbjahr 2025 aber in Richtung des Zielwerts bewegen, wofür das schwächere Wachstum der Arbeitskosten, die sich entfaltende Wirkung der restriktiven Geldpolitik sowie die nachlassenden Folgen der Energiekrise und der Pandemie ins Treffen geführt wurden.

Im Mai stieg die Inflation auf 2,6 %, wobei der Preisauftrieb bei Nahrungsmitteln und Waren nachließ. Der Energiepreisanstieg beschleunigte sich leicht, nachdem die Jahreswachstumsraten ein Jahr lang negativ gewesen waren, und der Preisauftrieb bei Dienstleistungen legte auf 4,1 % zu (von 3,7 % im April).

Nachdem die Wirtschaft im Euroraum fünf Quartale lang stagniert hatte, war sie im ersten Quartal 2024 um 0,3 % gewachsen. Der Dienstleistungssektor verzeichnete ein Wachstum, und das verarbeitende Gewerbe zeigte Anzeichen einer Stabilisierung auf niedrigem Niveau. Die Beschäftigung war im ersten Quartal um 0,3 % gestiegen. Seit Dezember 2023 waren rund 500 000 neue Arbeitsplätze entstanden. Die Expertinnen und Experten gingen davon aus, dass die Wirtschaftsentwicklung auf kurze Sicht verhalten bleiben und sich in weiterer Folge – gestützt durch höhere Löhne, bessere Terms of Trade und höhere Realeinkommen – erholen würde. Die Finanzierungskosten hatten sich auf einem restriktiven Niveau stabilisiert, und die Kreditentwicklung zeigte sich infolge vergangener Leitzinserhöhungen schwach. Dazu kam, dass die Banken im Juni 2024 einen großen Teil der im Rahmen der GLRG III aufgenommenen Mittel zurückzahlten, nachdem schon im März eine umfangreiche Rückzahlung erfolgt war, wodurch sich die Überschussliquidität deutlich reduzierte.

... und bestätigte den allmählichen Abbau der PEPP-Bestände in der zweiten Jahreshälfte 2024

Der EZB-Rat bestätigte im Juni außerdem, dass er die PEPP-Wertpapierbestände des Eurosystems in der zweiten Jahreshälfte im Durchschnitt um monatlich 7,5 Mrd. € reduzieren wird. Dies entsprach weitgehend der Vorgehensweise beim APP-Portfolio.

Keine Zinsänderung bei EZB-Ratssitzung im Juli

Zum Zeitpunkt der EZB-Ratssitzung im Juli waren die meisten Inflationsmessgrößen für Juni erwartungsgemäß entweder stabil oder rückläufig, wenngleich der binnenwirtschaftliche Preisdruck und die Teuerung bei den Dienstleistungen nach wie vor erhöht waren. Die Löhne stiegen weiterhin kräftig an; die entsprechenden Auswirkungen auf die Inflation wurden aber noch bis zu einem gewissen Grad durch die Gewinnmargen abgemildert. Die aktuellen Daten stützten weitgehend die vorherige Einschätzung der mittelfristigen Inflationsaussichten, sodass der EZB-Rat auf seiner Juli-Sitzung beschloss, die Leitzinssätze unverändert zu belassen. Er bekräftigte dabei seine Absicht, die Geldpolitik so lange wie erforderlich restriktiv zu halten.

Inflation fiel auf 2,2 % im August, Konjunktur blieb verhalten

Im August fiel die Inflation auf 2,2 %, nachdem sie im Juli noch bei 2,6 % gelegen war. Dennoch blieben der binnenwirtschaftliche Preisdruck und die Teuerung bei den Dienstleistungen vor allem wegen der steigenden Löhne hoch. Der Arbeitskostendruck ließ zwar weiter nach, war aber ebenfalls noch immer erhöht. Die von Fachleuten der EZB erstellten Projektionen vom September bestätigten die bisherigen Inflationsaussichten und untermauerten damit die Einschätzung, dass sich die Inflation allmählich und nachhaltig wieder dem Zielwert von 2 % annähert. Man erwartete, dass die Inflation über den Jahreswechsel ansteigen und im Lauf der zweiten Jahreshälfte 2025 Richtung Zielwert sinken würde. Da die Teuerung bei den Dienstleistungen über den Erwartungen lag, wurden die Projektionen für die Kerninflation (ohne Energie und Nahrungsmittel) für 2024 und 2025 leicht nach oben angepasst; trotzdem zeichnete sich weiterhin ein rapider Rückgang ab.

Zum Zeitpunkt der Septembersitzung des EZB-Rats waren die Finanzierungsbedingungen nach wie vor restriktiv, und das Kreditwachstum war angesichts der schwachen Nachfrage weiterhin verhalten. Auch die Konjunktur entwickelte sich nur verhalten. Im zweiten Quartal 2024 war die Wirtschaft mit 0,2 % langsamer als im ersten Quartal und schwächer als erwartet gewachsen. Die wichtigsten treibenden Faktoren waren die Nettoexporte und die öffentlichen Ausgaben. Zuvor hatte man erwartet, dass die Erholung primär von den privaten Konsumausgaben und den Investitionen ausgehen würde. Beides entwickelte sich jedoch weiterhin schwach, was vermutlich auf die hohen geopolitischen Risiken zurückzuführen war. Um dem schwächeren Beitrag der Binnennachfrage in den kommenden Quartalen Rechnung zu tragen, revidierten die EZB-Fachleute ihre Wachstumsprojektionen gegenüber Juni nach unten. Unter der Annahme, dass die Konjunktur mit der Zeit Fahrt aufnehmen würde, prognostizierten die Expertinnen und Experten ein Wirtschaftswachstum von 0,8 % für 2024, 1,3 % für 2025 und 1,5 % für 2026. Getragen würde diese Erholung von höherem Konsum, den allmählich nachlassenden Auswirkungen der restriktiven Geldpolitik sowie der weltweit steigenden Nachfrage und Exporten.

Weiterer Schritt zur Reduzierung des Grades der geldpolitischen Straffung im September ...

Im September beschloss der EZB-Rat, den Zinssatz für die Einlagefazilität, mit dem der geldpolitische Kurs gesteuert wird, um 25 Basispunkte zu senken. Dieser Zinsschritt basierte auf neu vorliegenden Informationen, die die Zuversicht im Hinblick auf einen allmählichen Rückgang der Inflation in Richtung des Zielwerts stärkten, und markierte einen weiteren Schritt hin zur Reduzierung des Grades der geldpolitischen Straffung. Ferner traten am 18. September, wie bereits am 13. März 2024 bekannt gegeben, einige Änderungen am geldpolitischen Handlungsrahmen in Kraft (siehe Kasten 2). Konkret wurde der Abstand zwischen dem Zinssatz für Hauptrefinanzierungsgeschäfte und dem Zinssatz für die Einlagefazilität neu auf 15 Basispunkte festgelegt, während der Abstand zwischen dem Zinssatz für die Spitzenrefinanzierungsfazilität und dem Zinssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte unverändert bei 25 Basispunkten belassen wurde. Die Überschussliquidität im Euroraum sank im September auf unter 3 Bio. €, was in erster Linie darauf zurückzuführen war, dass die Banken Kredite im Rahmen der GLRG III zurückzahlten. In immer größerem Ausmaß trug auch das allmähliche Auslaufen der Wiederanlage fälliger Anleihen in den geldpolitischen Portfolios des Eurosystems zum Rückgang der Überschussliquidität bei.

...und erneut im Oktober

Im September sank die Inflation auf 1,7 %, den niedrigsten Stand seit April 2021. Dies stärkte die Zuversicht, dass der Disinflationsprozess gut voranschreitet. Die meisten Messgrößen der zugrunde liegenden Inflation gingen im September entweder zurück oder blieben unverändert. Die Energiepreise fielen deutlich (Jahresänderungsrate -6,1 %), und die meisten Messgrößen der längerfristigen Inflationserwartungen bewegten sich bei rund 2 %. Die Inflationsaussichten wurden u. a. von der hinter den Erwartungen zurückgebliebenen Konjunktur bestimmt. Für das verarbeitende Gewerbe zeigten Kurzfristindikatoren einen anhaltenden Rückgang der Produktion an. Auch für die Dienstleistungen deuteten Kurzfristindikatoren einen Rückgang im dritten Quartal 2024 an, obwohl der Sektor offenbar von einer soliden Sommersaison profitiert hatte. Die Unternehmensinvestitionen zogen nur langsam an, die Exporte schwächten sich ab. Die privaten Haushalte wiederum konsumierten im zweiten Quartal 2024 (dem letzten Quartal, für das Daten vorlagen) weniger und sparten dafür mehr, obwohl die Einkommen gestiegen waren. Der EZB-Rat reagierte auf diese Entwicklungen und ihre Implikationen für die Inflation, indem er den Grad der geldpolitischen Straffung weiter zurücknahm und im Oktober die Leitzinsen um 25 Basispunkte senkte; der Zinssatz für die Einlagefazilität betrug somit 3,25 %.

Zum Jahresende entwickelte sich die Inflation im Einklang mit einer nachhaltigen Rückkehr zum Zielwert

Zum Jahresende hin zeigte die Schnellschätzung einen leichten Anstieg der Inflation auf 2,3 % im November an (nach 2,0 % im Oktober). Dieser Anstieg kam nicht unerwartet; er war darauf zurückzuführen, dass der zuvor verzeichnete Rückgang der Energiepreise nicht mehr in der Jahresänderungsrate abgebildet war. Die Binneninflation blieb trotz fallender Nahrungsmittel- und Dienstleistungspreise hoch, was dem Lohndruck und der Tatsache geschuldet war, dass in einigen Dienstleistungssektoren zeitverzögert noch Preise an den vorangegangenen Inflationsschub angepasst wurden. Die zugrunde liegende Inflation entwickelte sich indes insgesamt im Einklang mit einer nachhaltigen Rückkehr zum Zielwert. In ihren Dezember-Projektionen erwarteten die Fachleute des Eurosystems eine Gesamtinflation von durchschnittlich 2,4 % für 2024, 2,1 % für 2025 und 1,9 % für 2026. Für 2027, wenn das erweiterte EU-Emissionshandelssystem eingeführt werden soll, wurde ein Wert von durchschnittlich 2,1 % prognostiziert.

Das Wirtschaftswachstum im Euroraum hatte im dritten Quartal 2024 mit 0,4 % die Erwartungen übertroffen. Zurückzuführen war dies in erster Linie auf den Anstieg der Konsumausgaben und auf das Aufstocken von Lagerbeständen durch Unternehmen. Die Investitionstätigkeit blieb angesichts hoher Unsicherheiten allerdings gering. Die für das vierte Quartal verfügbaren Konjunkturindikatoren deuteten darauf hin, dass sich das Wachstum abschwächte. Umfrageergebnisse zeigten, dass sich das verarbeitende Gewerbe noch immer rückläufig entwickelte und sich das Wachstum im Dienstleistungssektor verlangsamte. Der Arbeitsmarkt zeigte sich nach wie vor robust. Die Arbeitslosenquote im Euroraum betrug im Oktober 2024 – genauso wie im September – 6,3 %. Sie war seit September 2020 (8,6 %) fast ununterbrochen gefallen und erreichte im November mit 6,2 % den niedrigsten Stand seit Einführung des Euro. Die Finanzierungsbedingungen waren zwar weiterhin restriktiv, doch wurde die Kreditaufnahme für Unternehmen und private Haushalte aufgrund der vorangegangenen Zinssenkungen allmählich günstiger. Die Dezember-Projektionen gingen von einer allmählichen Konjunkturerholung aus, die allerdings etwas langsamer als zuvor erwartet verlaufen würde. Höhere Reallöhne sollten den Konsum der privaten Haushalte und günstigere Kredite Konsum und Investitionen beleben. Ferner wurde erwartet, dass angesichts der steigenden weltweiten Nachfrage die Exporte die Erholung unterstützen würden, vorausgesetzt, die Handelsspannungen würden nicht eskalieren.

EZB-Rat beschloss im Dezember weitere Reduzierung des Grades der geldpolitischen Straffung

Vor diesem Hintergrund beschloss der EZB-Rat auf seiner Sitzung im Dezember, die Leitzinsen um 25 Basispunkte zu senken, und bekräftigte seine Entschlossenheit, sicherzustellen, dass sich die Inflation nachhaltig bei dem mittelfristigen Zielwert von 2 % stabilisiert. Nicht mehr geäußert wurde die Absicht, die Leitzinsen so lange wie erforderlich auf einem ausreichend restriktiven Niveau zu halten. Nach der Leitzinssenkung der EZB lag der Zinssatz für die Einlagefazilität bei 3,00 %; der kumulierte Rückgang belief sich somit 2024 auf 100 Basispunkte (siehe Abbildung 2.1).

Abbildung 2.1

Entwicklung der EZB-Leitzinssätze

(in Prozentpunkten)

Quelle: EZB.

PEPP-Wiederanlage und GLRG-III-Tilgungen im Dezember eingestellt

Im Dezember liefen zwei Maßnahmen aus, die während der Niedriginflationsphase und der Pandemie eine wichtige Rolle gespielt hatten: das PEPP und die GLRG III. Zum Jahresende 2024 beendete der EZB-Rat die Wiederanlage der Tilgungsbeträge aus dem PEPP. Seit Januar 2025 legt das Eurosystem die Tilgungsbeträge der im PEPP-Portfolio enthaltenen Wertpapiere bei Fälligkeit nicht mehr wieder an. Außerdem zahlten die Banken die verbleibenden Beträge, die im Rahmen von GLRGs aufgenommen worden waren, am 18. Dezember 2024 zurück. Damit wurde dieser Teil des Bilanznormalisierungsprozesses abgeschlossen. Die Leitzinsen bleiben das wichtigste Instrument für die nachhaltige Rückführung der Inflation zum Zielwert.

2.2 Normalisierung der Bilanz des Eurosystems

Sukzessive Reduzierung der Bilanz des Eurosystems durch Fälligkeit von GLRG-III-Geschäften und Verringerung der Bestände der geldpolitischen Portfolios

Die 2022 eingeleitete sukzessive Normalisierung der Bilanz des Eurosystems wurde 2024 fortgesetzt. Zu Jahresende war die Bilanzsumme auf 6,4 Bio. € gesunken (von 6,9 Bio. € Ende 2023). Dies war das Ergebnis vorzeitiger Rückzahlungen und der Fälligkeit von GLRG-III-Geschäften sowie des Abschmelzens des APP-Portfolios. Auch der Abbau des PEPP-Portfolios leistete einen Beitrag, da ab Juli die Tilgungsbeträge nur mehr teilweise wieder angelegt wurden.

Die aus geldpolitischen Gründen erworbenen Vermögenswerte in der Bilanz des Eurosystems beliefen sich Ende 2024 auf 4,3 Bio. €, d. h., gegenüber Ende 2023 war ein Rückgang um 0,8 Bio. € zu verzeichnen. Forderungen an Kreditinstitute im Euroraum machten 1 % der Bilanzsumme aus (nach 6 % Ende 2023) und zu geldpolitischen Zwecken erworbene Wertpapiere 67 % (verglichen mit 68 % Ende 2023). Die sonstigen Finanzanlagen in der Bilanz, hauptsächlich Fremdwährungsreserven, Gold und nicht geldpolitische Anlageportfolios in Euro, stiegen um 0,3 Bio. €.

Auf der Passivseite verringerten sich bis Ende 2024 die Reserveguthaben der Kreditinstitute und die Inanspruchnahme der Einlagefazilität auf 3,0 Bio. € (verglichen mit 3,5 Bio. € zum Jahresende 2023). Dies entsprach einem Anteil von 47 % aller Verbindlichkeiten (2023: 51 %). Der Banknotenumlauf blieb mit 1,6 Bio. € praktisch unverändert und machte 25 % der gesamten Verbindlichkeiten aus (nach 23 % im Jahr davor).

Abbildung 2.2

Entwicklung der konsolidierten Bilanz des Eurosystems

(in Mrd. €)

Quelle: EZB.
Anmerkung: Positive Zahlen kennzeichnen Aktiva, negative Zahlen Passiva. Die Überschussliquidität ist im positiven Bereich dargestellt, obwohl sie bestimmten Passivpositionen entspricht, nämlich der Summe aus den Einlagen auf Girokonten, die über das Mindestreserve-Soll hinausgehen, und den Guthaben aus der Inanspruchnahme der Einlagefazilität.

Entwicklung des APP- und PEPP-Portfolios

Maßnahmen zur Einstellung der Wertpapierankäufe reibungslos umgesetzt und gut vom Markt absorbiert

Das Eurosystem stellte mit 1. April 2022 den Nettoerwerb von Vermögenswerten im Rahmen des PEPP und mit 1. Juli 2022 jenen im Rahmen des APP ein. Danach reinvestierte das Eurosystem weiterhin vollumfänglich die Tilgungsbeträge der im Rahmen der Programme erworbenen Wertpapiere bei Fälligkeit, um eine reichliche Liquiditätsausstattung und einen angemessenen geldpolitischen Kurs aufrechtzuerhalten. Die Wiederanlage von Wertpapieren im Rahmen des APP wurde im Juli 2023 eingestellt. Im Rahmen des PEPP wurden fällig werdende Tilgungsbeträge im ersten Halbjahr 2024 noch vollumfänglich wieder angelegt, in der zweiten Jahreshälfte wurde das Portfolio monatlich um durchschnittlich 7,5 Mrd. € reduziert. Ende Dezember 2024 wurde die PEPP-Wiederanlage vollständig eingestellt. Die APP- und die PEPP-Bestände sollten sich in einem maßvollen und vorhersehbaren Tempo verringern, da das Eurosystem die Tilgungsbeträge von Wertpapieren bei Fälligkeit nicht wieder anlegt.

Die APP-Bestände verringerten sich von 3,0 Bio. € (zu fortgeführten Anschaffungskosten) Ende 2023 auf 2,7 Bio. € Ende 2024. Den größten Anteil stellte dabei mit 2,1 Bio. € bzw. 79 % der APP-Bestände (Stand Ende 2024) das Programm zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors (PSPP). Die gewichtete Durchschnittslaufzeit der PSPP-Bestände lag Ende 2024 bei 6,86 Jahren, wobei dieser Wert innerhalb des Euroraums etwas variierte. Das Programm zum Ankauf von Asset-Backed Securities (ABSPP) zeichnete zum Jahresende für weniger als 1 % (7 Mrd. €) des gesamten APP-Bestands verantwortlich, das dritte Programm zum Ankauf gedeckter Schuldverschreibungen (CBPP3) für 9 % (253 Mrd. €) und das Programm zum Ankauf von Wertpapieren des Unternehmenssektors (CSPP) für 11 % (288 Mrd. €).

Ende 2024 beliefen sich die PEPP-Bestände auf 1,6 Bio. € (zu fortgeführten Anschaffungskosten). Davon entfielen weniger als 1 % (6 Mrd. €) auf gedeckte Schuldverschreibungen, 3 % (45 Mrd. €) auf Unternehmensanleihen und 97 % (1,6 Bio. €) auf Wertpapiere des öffentlichen Sektors.[15] Die gewichtete Durchschnittslaufzeit der im Rahmen des PEPP gehaltenen Wertpapiere des öffentlichen Sektors lag Ende 2024 bei 7,14 Jahren.

Das Eurosystem richtete die noch verbleibenden Ankäufe von Unternehmensanleihen weiterhin zugunsten von Emittenten mit einer besseren Klimabilanz aus. Im Berichtsjahr veröffentlichte die EZB zum zweiten Mal klimabezogene Finanzinformationen, wobei der Umfang der Offenlegungen ausgeweitet wurde: abgebildet sind nunmehr auch die Eurosystem-Bestände an Wertpapieren des öffentlichen Sektors und gedeckten Schuldverschreibungen, die zu geldpolitischen Zwecken gehalten werden (im Rahmen des APP und des PEPP), sowie die Währungsreserven der EZB (siehe Kapitel 11 Abschnitt 5). Ferner veröffentlichte die EZB ihre zweiten Offenlegungen zu klimabezogenen Finanzinformationen in Bezug auf nicht geldpolitische Portfolios, die den betrieblichen Pensionsfonds und das Eigenmittelportfolio betreffen.

Die sukzessive Einstellung der Wiederanlage verlief reibungslos und wurde von den Finanzmärkten gut absorbiert.[16]

Tilgungen von im Rahmen des APP und des PEPP erworbenen Wertpapieren des privaten Sektors beliefen sich im Berichtsjahr auf 74 Mrd. €; Tilgungen von Wertpapieren des öffentlichen Sektors, die im Rahmen des PSPP und des PEPP erworben worden waren, beliefen sich auf 466 Mrd. €. Das Volumen der wieder angelegten Tilgungsbeträge im Rahmen des PEPP betrug 2,6 Mrd. € bei Wertpapieren des privaten Sektors und 157 Mrd. € bei Wertpapieren des öffentlichen Sektors. Die Ankäufe von Unternehmensanleihen und gedeckten Schuldverschreibungen zum Zweck der Wiederanlage im Rahmen des PEPP orientierten sich an Benchmarks, welche die Marktkapitalisierung aller ankauffähigen ausstehenden Unternehmensanleihen bzw. gedeckten Schuldverschreibungen widerspiegeln. Angesichts der umfangreichen und ungleich verteilten Tilgungen wurde die Wiederanlage von Papieren des öffentlichen Sektors geografisch und zeitlich geglättet, um eine regelmäßige und ausgewogene Marktpräsenz zu gewährleisten. Dabei wurden Marktpreisbildung und Funktionsfähigkeit der Märkte entsprechend berücksichtigt. Diese Glättung führte bei den PEPP-Beständen zu vorübergehenden Abweichungen von der Zuteilung gemäß dem Kapitalschlüssel des Eurosystems. Diese wurden aber zum Ende der Glättungsphase, also des Kalenderjahrs, in dem die Tilgungen erfolgten, weitgehend rückgängig gemacht.[17]

Im Zuge des PSPP, des CSPP, des CBPP3 und des PEPP erworbene Wertpapiere wurden wie bisher für Wertpapierleihgeschäfte zur Verbesserung der Liquidität am Anleihe- und Repomarkt zur Verfügung gestellt. Die Verfügbarkeit von Sicherheiten verbesserte sich 2024 im Vergleich zu den vergangenen Jahren deutlich, was sich in geringeren Ausleihungen niederschlug.

Entwicklung der Refinanzierungsgeschäfte des Eurosystems

Das Volumen an ausstehenden Refinanzierungsgeschäften des Eurosystems belief sich Ende 2024 auf 34 Mrd. €, das sind 376 Mrd. € weniger als Ende 2023. Diese Veränderung ist in erster Linie auf das Auslaufen der GLRG-III-Serie mit freiwilligen Rückzahlungen und fällig werdenden Geschäften in Höhe von insgesamt 392 Mrd. € zurückzuführen. Die gewichtete Durchschnittslaufzeit der ausstehenden Refinanzierungsgeschäfte des Eurosystems sank somit von 5,2 Monaten Ende 2023 auf 1,3 Monate Ende 2024.

Entwicklung der notenbankfähigen und eingesetzten Sicherheiten

Das Nominalvolumen marktfähiger Vermögenswerte, die als Sicherheiten in Refinanzierungsgeschäften des Eurosystems zugelassen sind, erhöhte sich 2024 um 526 Mrd. € und betrug zum Jahresende 19,3 Bio. € (siehe Abbildung 2.3). Die größte Anlageklasse bildeten dabei nach wie vor die Wertpapiere von Zentralstaaten (10,4 Bio. €). Zu weiteren wichtigen Vermögensklassen zählten unbesicherte Bankanleihen (2,2 Bio. €), Unternehmensanleihen (2,0 Bio. €) und besicherte Bankanleihen (1,9 Bio. €). Jeweils kleinere Anteile an den notenbankfähigen Sicherheiten stellten Wertpapiere regionaler Gebietskörperschaften (644 Mrd. €), Asset-Backed Securities (617 Mrd. €) und sonstige marktfähige Vermögenswerte (1,6 Bio. €).

Abbildung 2.3

Entwicklung markt- und notenbankfähiger Sicherheiten

(in Mrd. €)

Quelle: EZB.
Anmerkung: Der Wert der Vermögenswerte ist jeweils als Nominalbetrag ausgewiesen. Dargestellt wird der Durchschnitt der Monatsendwerte je Zeitraum.

Das Volumen der eingesetzten Sicherheiten sank 2024 um 231 Mrd. € auf 1,5 Bio. € (siehe Abbildung 2.4). Dies entspricht 60 % des Nettorückgangs des Volumens an ausstehenden Refinanzierungsgeschäften des Eurosystems im Lauf des Berichtsjahrs. Der Rückgang der eingesetzten Sicherheiten erfolgte zu mehr als der Hälfte nach der Fälligkeit des GLRG-III-Geschäfts im März 2024, wodurch mehr als 135 Mrd. € an Sicherheiten wegfielen. Der Gesamtwert der eingesetzten Sicherheiten blieb im restlichen Jahresverlauf relativ stabil. Die Entwicklung nach Anlageklassen zeigt, dass bei den Kreditforderungen der stärkste Rückgang zu verzeichnen war, dahinter folgen Asset-Backed Securities, gedeckte Bankschuldverschreibungen und Unternehmensanleihen.

Abbildung 2.4

Entwicklung mobilisierter Sicherheiten

(in Mrd. €)

Quelle: EZB.
Anmerkung: Der Wert der Sicherheiten wird als Durchschnitt der Monatsendwerte je Zeitraum (nach Bewertung und Abzug der Bewertungsabschläge) dargestellt. Für das ausstehende Kreditvolumen werden Tageswerte verwendet.

Überprüfung der Rahmenwerke für zusätzliche Kreditforderungen und damit verbundene Sicherheitenarten

Im November 2024 kündigte die EZB Änderungen am Sicherheitenrahmen des Eurosystems an, die „zusätzliche Kreditforderungen“ und damit verbundene Sicherheitenarten betrafen.[18] Damit soll die Harmonisierung, Flexibilität und Risikoeffizienz des Sicherheitenrahmens verbessert und gleichzeitig dessen Breite bewahrt werden. In diesem Sinne beschloss der EZB-Rat, bestimmte befristete Maßnahmen in den permanenten Sicherheitenrahmen aufzunehmen und nicht mehr benötigte befristete Maßnahmen in Bezug auf Sicherheiten auslaufen zu lassen. Letzteres hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass die letzten GLRGs fällig wurden und der Gesamtbedarf an Sicherheiten damit zurückging.[19]

Die befristeten Maßnahmen, die in den permanenten Rahmen aufgenommen werden, umfassen die Zulassung als Sicherheiten für die folgenden Vermögenswerte: a) Asset-Backed Securities mit einem zweitbesten Rating der Kreditqualitätsstufe 3 auf der harmonisierten Ratingskala des Eurosystems, die die Zulassungskriterien in der Leitlinie über zeitlich befristete Maßnahmen in Bezug auf Sicherheiten („Befristeter Rahmen“)[20] erfüllen; und b) marktfähige Sicherheiten in US-Dollar, Pfund Sterling und japanischen Yen. Darüber hinaus werden die statistischen internen Bonitätsanalyseverfahren der nationalen Zentralbanken als zusätzliche Quelle für Bonitätsbeurteilungen akzeptiert (siehe Kapitel 2 Abschnitt 3).

Der EZB-Rat wird weitere noch bestehende befristete krisenbedingte Lockerungsmaßnahmen für Sicherheiten, die nicht mehr benötigt werden, auslaufen lassen. Diese Vorgehensweise basiert auf den Beschlüssen vom 24. März 2022 und 30. November 2023. Konkret betrifft dies folgende Komponenten in Bezug auf Vermögenswerte, die vorübergehend als Sicherheiten zugelassen wurden: a) Privatpersonen als zugelassene Schuldner und Pools von immobilienbesicherten Kreditforderungen als zulässige Art von Vermögenswerten für zusätzliche Kreditforderungen; b) einzelne Kreditforderungen mit einer Bonität unter der Kreditqualitätsstufe 3; und c) Fremdwährungskredite in US-Dollar, Pfund Sterling und japanischen Yen. Darüber hinaus wird die EZB die befristete Lockerung bestimmter technischer Anforderungen für die Zulassung zusätzlicher Kreditforderungen auslaufen lassen. Dies gilt beispielsweise für Kreditforderungen, die von einer pandemiebedingten Teilgarantie des öffentlichen Sektors profitieren. Eingestellt wird ferner die Zulassung von mit hypothekarischen Darlehen an Privatkunden besicherten Schuldtiteln sowie von durch notenbankfähige Kreditforderungen besicherten nicht marktfähigen Schuldtiteln gemäß Leitlinie über die Umsetzung des geldpolitischen Handlungsrahmens des Eurosystems[21][22].

Zusätzlich zu diesen Beschlüssen beauftragte der EZB-Rat die zuständigen Ausschüsse des Eurosystems, Vorbereitungsarbeiten durchzuführen, um Pools von Kreditforderungen an nichtfinanzielle Unternehmen in den permanenten Sicherheitenrahmen zu integrieren, wobei auch ein adäquater Risikokontrollrahmen und alle erforderlichen technischen Anforderungen miteinzubeziehen sind.

Diese Änderungen werden einen breiten Sicherheitenrahmen für Refinanzierungsgeschäfte gewährleisten, die weiterhin als Mengentender mit Vollzuteilung durchgeführt werden, und dazu beitragen, dass die Durchführung der Geldpolitik der EZB im Einklang mit dem überarbeiteten geldpolitischen Handlungsrahmen auch in Zukunft wirksam, robust, flexibel und effizient ist.

2.3 Steuerung der finanziellen Risiken geldpolitischer Instrumente

Das Eurosystem steuert laufend die finanziellen Risiken, die mit der Durchführung seiner geldpolitischen Geschäfte einhergehen. Mit dieser Risikosteuerung soll Risikoeffizienz hergestellt werden, d. h., die geldpolitischen Ziele sollen mit dem geringstmöglichen Risiko erreicht werden.[23]

Unveränderte EZB-Leitzinsen im ersten Halbjahr 2024 sorgten für anhaltend hohe Zinskosten und niedrige Zinserträge für das Eurosystem, wodurch die meisten Zentralbanken des Eurosystems Verluste verbuchten

Die EZB beließ die Leitzinsen in der ersten Jahreshälfte 2024 unverändert, um eine zeitnahe Rückkehr der Inflation zum mittelfristigen 2-%-Ziel zu gewährleisten (siehe Kapitel 2 Abschnitt 1). Dadurch blieben die Kosten der Verbindlichkeiten in den Bilanzen der Zentralbanken des Eurosystems hoch und die durch die APP- und PEPP-Wertpapierbestände und die GLRG-III-Geschäfte generierten Erträge niedrig. Aufgrund dieser Inkongruenz verbuchten die meisten Zentralbanken des Eurosystems ein negatives Zinsergebnis. Einige Zentralbanken können das negative Zinsergebnis mit in den Vorjahren aufgebauten finanziellen Puffern ausgleichen. Verluste, die nicht ausgeglichen werden können, werden in der Bilanz der betreffenden Zentralbank ausgewiesen. Sie werden gegen künftige Gewinne verrechnet werden. Die Fähigkeit des Eurosystems, das Preisstabilitätsmandat und seine Aufgaben effektiv zu erfüllen, wird dadurch nicht beeinträchtigt. Es ist davon auszugehen, dass sich die Ertragslage des Eurosystems mit der Verringerung der Inkongruenz zwischen Aktiva und Passiva im Laufe der Zeit verbessern wird.[24] Im Einklang mit den Grundsätzen, die im Zusammenhang mit den im März 2024 vom EZB-Rat angekündigten Änderungen am geldpolitischen Handlungsrahmen (siehe Kasten 2) dargelegt wurden, wird der Handlungsrahmen langfristig für eine finanziell solide Eurosystem-Bilanz sorgen und damit die Zentralbankunabhängigkeit unterstützen.

Die wichtigste Änderung am Risikosteuerungsrahmen des Eurosystems bestand 2024 in der weiteren Diversifizierung bei der Bonitätsanalyse für Sicherheiten. Die Risiken des APP und des PEPP wurden weiterhin auf Grundlage der bestehenden Rahmenregelungen gesteuert, während die Wiederanlagen schrittweise eingestellt wurden.

Diversifizierung der Bonitätsbeurteilungssysteme für Sicherheiten

Das Eurosystem verwendet verschiedene Systeme, um die Bonität der für geldpolitische Geschäfte zugelassenen Sicherheiten zu beurteilen

Im Berichtsjahr wurde ein neues Bonitätsbeurteilungssystem in das Rahmenwerk für Bonitätsbeurteilungen im Eurosystem (ECAF) integriert. Das ECAF ist eines der Instrumente, die das Eurosystem verwendet, um das Kreditrisiko von Vermögenswerten, die in geldpolitischen Geschäften eingesetzt werden, zu minimieren. Es legt die Verfahren, Regeln und Methoden fest, die sicherstellen, dass die hohen Bonitätsanforderungen des Eurosystems für alle notenbankfähigen Sicherheiten erfüllt werden. Das ECAF stützt sich auf Bonitätsbeurteilungssysteme, die einer der folgenden drei Kategorien zuzuordnen sind: externe Ratingagenturen (external credit assessment institutions – ECAIs), interne Bonitätsanalyseverfahren der nationalen Zentralbanken (NZBen) und auf internen Ratings basierende Verfahren der Geschäftspartner.

Ratings von Scope Ratings GmbH werden nun für geldpolitische Zwecke genutzt

Nachdem 2023 Scope Ratings GmbH als fünfte ECAI zugelassen wurde, konnten im Berichtsjahr die notwendigen Arbeiten für die Integration der Scope-Ratings in die IT-Infrastruktur des Eurosystems abgeschlossen werden. Seit dem 16. Dezember 2024 verwendet das Eurosystem die Ratings von Scope Ratings GmbH für die Beurteilung der Bonität marktfähiger Sicherheiten für geldpolitische Geschäfte. Diese Ratings kommen zusätzlich zu jenen der bereits länger zugelassenen ECAIs (Morningstar DBRS, Fitch Ratings, Moody’s und S&P Global Ratings) zum Einsatz und umfassen auch Ratings für Asset-Backed Securities, für die Scope Ratings GmbH seit 2024 die Zulassungskriterien des Eurosystems erfüllt.

Eurosystem stimmte auch Einsatz statistischer interner Bonitätsanalyseverfahren der NZBen im Sicherheitenrahmen zu

Der EZB-Rat beschloss ferner, statistische interne Bonitätsanalyseverfahren (S-ICASs) von NZBen des Eurosystems im Sicherheitenrahmen einzusetzen. Im April 2020 hatte der EZB-Rat als Reaktion auf die Covid-19-Pandemie beschlossen, den Umfang der Bonitätsbeurteilungssysteme, die in den Rahmen für zusätzliche Kreditforderungen der NZBen verwendet werden können, auszuweiten. Neu zum Einsatz kommen können etwa interne konservative Bonitätsanalyseverfahren der NZBen. Einige NZBen begannen daraufhin, S-ICASs zu verwenden. Bei diesen kommen vor allem quantitative Methoden zum Einsatz, wenn die Bonität von nichtfinanziellen Schuldnern oder Garantiegebern im Zusammenhang mit zusätzlichen Kreditforderungen innerhalb des befristeten Sicherheitenrahmens (siehe Kapitel 2 Abschnitt 2.4) beurteilt wird; bei den regulären internen Bonitätsanalyseverfahren der NZBen muss hingegen auch die Einschätzung von Fachleuten einfließen. Am 19. Dezember 2024 genehmigte der EZB-Rat einen harmonisierten Rahmen für S-ICAS, damit diese Verfahren als zusätzliche Bonitätsbeurteilungsquelle im permanenten Sicherheitenrahmen zugelassen werden können.[25] Die NZBen müssen sicherstellen, dass alle derzeit bestehenden S-ICAS diesem harmonisierten Rahmen entsprechen. Die Zulassung der S-ICAS trägt dazu bei, ein breites Sicherheitenspektrum zu gewährleisten, das auch Sicherheiten umfasst, die auf der Kreditvergabe der Banken an Unternehmen (insbesondere kleine und mittlere) basieren.

Risikomanagement bei Ankäufen von Vermögenswerten im Rahmen des APP und PEPP

Die Wertpapierankaufprogramme sind trotz des rückläufigen Volumens weiterhin mit Risiken behaftet, die mit spezifischen Risikokontrollmaßnahmen gesteuert werden

Im Rahmen des PEPP wurden 2024 die Tilgungsbeträge von Wertpapieren weiterhin bei Fälligkeit wieder angelegt, zunächst vollständig und anschließend teilweise. Im Rahmen des APP werden die Tilgungsbeträge seit Mitte 2023 nicht mehr wieder angelegt (siehe Kapitel 2 Abschnitt 2.1). Die beiden Programme, im Rahmen derer zu geldpolitischen Zwecken Wertpapierankäufe durchgeführt werden, umfassen unterschiedliche Anlageklassen: Wertpapiere des öffentlichen und des Unternehmenssektors sowie Asset-Backed Securities und gedeckte Schuldverschreibungen. Die finanziellen Risiken dieser Programme werden auf Grundlage spezifischer Rahmenregelungen gesteuert, die die geldpolitischen Ziele des jeweiligen Programms sowie die Risikoprofile der verschiedenen Anlageklassen berücksichtigen. Die Regelungen umfassen Zulassungskriterien, Verfahren zu Bonitätsbeurteilungen und Due-Diligence-Prüfungen, Preisrahmen, Benchmarks und Limite. Sie gelten – wie bereits während der Nettoankaufphase – für das Portfolio, solange es in der Bilanz des Eurosystems ausgewiesen wird. Die wesentlichen Elemente dieser Rahmenwerke blieben auch im Berichtsjahr gültig; einen Überblick bietet die in Kapitel 2 Abschnitt 3 des EZB-Jahresberichts 2022 veröffentlichte Tabelle 2.1.

Kasten 2
Überprüfung des geldpolitischen Handlungsrahmens 2024

Der geldpolitische Handlungsrahmen der EZB umfasst das Instrumentarium und die Verfahren, mit denen der geldpolitische Kurs des EZB-Rats umgesetzt wird. Dazu zählen auch Marktoperationen und ständige Fazilitäten. Der Handlungsrahmen dient dazu, die kurzfristigen Geldmarktsätze so zu steuern, dass sie sich eng an den vom EZB-Rat beschlossenen Leitzinsen orientieren, um den angestrebten geldpolitischen Kurs umzusetzen.

Im Dezember 2022 kündigte die EZB eine Überprüfung des geldpolitischen Handlungsrahmens an. Diese sollte sicherstellen, dass der Handlungsrahmen auch in einem Umfeld mit allmählich abnehmender Liquidität im Zuge der Normalisierung der Bilanz des Eurosystems angemessen ist. Mit dem aktuellen Bestand an zu geldpolitischen Zwecken gehaltenen Vermögenswerten steht dem Bankensystem reichlich Überschussliquidität zur Verfügung (siehe Abbildung A).

Abbildung A

Entwicklung der Eurosystem-Bilanz

(in Bio. €)

Quelle: EZB.
Anmerkung: LRGs: längerfristige Refinanzierungsgeschäfte; GLRGs: gezielte längerfristige Refinanzierungsgeschäfte; HRGs: Hauptrefinanzierungsgeschäfte.

Am 13. März 2024 verständigte sich der EZB-Rat auf eine Reihe von Grundsätzen, nach denen sich die Umsetzung der Geldpolitik in Zukunft richten wird: Wirksamkeit und Effizienz des Handlungsrahmens bei der Umsetzung des angepeilten geldpolitischen Kurses; Robustheit in Bezug auf verschiedene geldpolitische Konfigurationen und unterschiedliche Finanz- und Liquiditätsbedingungen; Flexibilität, um den Bedürfnissen des großen Bankensektors des Euroraums in seiner ganzen Vielfalt gerecht zu werden; sowie Vereinbarkeit mit dem reibungslosen und ordnungsgemäßen Funktionieren der Märkte (offene Marktwirtschaft). Darüber hinaus soll der Handlungsrahmen – soweit seine verschiedenen Konfigurationen die wirksame Umsetzung des geldpolitischen Kurses gleichermaßen sicherstellen – es der EZB ermöglichen, unbeschadet des vorrangigen Ziels der Preisstabilität, ihr Sekundärziel zu verfolgen, nämlich die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Europäischen Union zu unterstützen, insbesondere den Übergang zu einer grünen Wirtschaft.

Im Einklang mit diesen Grundsätzen hat sich der EZB-Rat auf die folgenden wesentlichen Parameter und Merkmale seines Handlungsrahmens verständigt:

  • Der EZB-Rat wird den geldpolitischen Kurs weiterhin über den Zinssatz für die Einlagefazilität steuern.
  • Das Eurosystem wird Liquidität über ein breit gefächertes Instrumentarium bereitstellen.
  • Die Hauptrefinanzierungsgeschäfte werden weiterhin als Mengentender mit Vollzuteilung abgewickelt. Sie sollen eine zentrale Rolle bei der Deckung des Liquiditätsbedarfs der Banken spielen. Ihre Inanspruchnahme durch Geschäftspartner ist ein wesentlicher Bestandteil einer reibungslosen Durchführung der Geldpolitik.
  • Die längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte mit dreimonatiger Laufzeit werden ebenfalls weiterhin als Mengentender mit Vollzuteilung abgewickelt.
  • Mit Wirkung vom 18. September 2024 wurde der Zinssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte so angepasst, dass der Abstand zum Zinssatz für die Einlagefazilität auf 15 Basispunkte schrumpft. Der Zinssatz für die Spitzenrefinanzierungsfazilität wird so angepasst, dass sein Abstand zum Zinssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte unverändert 25 Basispunkte beträgt.
  • Neue strukturelle längerfristige Refinanzierungsgeschäfte und ein strukturelles Wertpapierportfolio werden zu einem späteren Zeitpunkt eingeführt, wenn sich wieder eine dauerhafte Ausweitung der Bilanz des Eurosystems abzeichnet. Dabei werden Altbestände an Anleihen berücksichtigt.
  • Der Mindestreservesatz zur Ermittlung der Mindestreserveanforderungen der Banken bleibt unverändert bei 1 %. Die Verzinsung der Mindestreserven bleibt ebenfalls unverändert bei 0 %.
  • Es wird einen breit gefächerten Sicherheitenrahmen für Refinanzierungsgeschäfte geben.

Im Jahr 2026 wird der EZB-Rat die wesentlichen Parameter des Handlungsrahmens auf Grundlage der gesammelten Erfahrungen überprüfen. Er ist bereit, das Design und die Parameter des Handlungsrahmens erforderlichenfalls früher anzupassen, um sicherzustellen, dass die Geldpolitik weiterhin im Einklang mit den festgelegten Grundsätzen steht.

3 Der europäische Finanzsektor: erhöhte Risiken für die Finanzstabilität in einem volatilen Umfeld

Im Jahr 2024 bestanden im Euroraum weiterhin in erhöhtem Maße Risiken und Schwachstellen in Bezug auf die Finanzstabilität. Die Bedenken richteten sich verstärkt auf die höheren Abwärtsrisiken für das Wachstum und weniger auf das Risiko einer anhaltend hohen Inflation. Zudem nahmen die geopolitischen Risiken und die wirtschaftspolitische Unsicherheit zu, was die Wahrscheinlichkeit von Extremereignissen erhöhte. In diesem Umfeld arbeiteten die nationalen Behörden darauf hin, ausreichend Spielraum für die makroprudenzielle Politik zu schaffen, um dem Eintreten etwaiger Risiken entgegenzuwirken. Der damit verbundene Aufbau von freisetzbaren Puffern wurde durch eine hohe Ertragskraft der Banken begünstigt. Dadurch waren die Banken nach den Fortschritten der vergangenen Jahre und dank des laufenden Austausches mit der Aufsicht nach wie vor resilient. Bei der Vollendung eines soliden Regulierungsrahmens für den Finanzsektor wurden bedeutende Fortschritte erzielt – insbesondere bei der Umsetzung der finalen Basel-III-Reformen in EU-Bankenrecht sowie bei den vorbereitenden Arbeiten zur Finanzintermediation durch Nichtbanken (NBFI) und zur Kapitalmarktunion.

3.1 Finanzstabilitätslage im Jahr 2024

Weiterhin erhöhte Risiken für die Finanzstabilität im Euroraum

Auch 2024 bestanden erhöhte Risiken für die Finanzstabilität im Euroraum. Bei den wesentlichen Risiken zeigte sich, dass nicht mehr die anhaltend hohe Inflation, sondern vor allem das Wachstum Sorgen bereitete. Infolge des Rückgangs des Verbraucherpreisanstiegs kam es im Euroraum und in mehreren anderen bedeutenden Industrieländern zu einer Zinswende. Die niedrigeren Referenzzinssätze trugen insgesamt zu einer Senkung der Finanzierungskosten bei. Es gab aber weiterhin Schwächen in einigen Bereichen, die sich aus der eingeschränkten Schuldendienstfähigkeit bestimmter Gruppen von Kreditnehmern ergaben. In einigen Ländern des Euroraums stieg die Anfälligkeit der öffentlichen Haushalte. Grund hierfür waren fiskalische Herausforderungen und Bedenken, dass die niedrige Produktivität das Wirtschaftswachstum beeinträchtigt. Gleichzeitig nahmen die geopolitischen Risiken und die wirtschaftspolitische Unsicherheit zu. Trotzdem und ungeachtet einiger kurzer Phasen der Volatilität blieben die Finanzmärkte und das Bankensystem robust. Diese Volatilitätsphasen zeigten jedoch, an welchen Stellen das Finanzsystem bei Eintreten einer negativen Dynamik grundsätzlich anfällig ist. Dementsprechend sind die Aussichten für die Finanzstabilität im Euroraum weiterhin fragil.

Gestiegene Risiken für die öffentlichen Haushalte angesichts erhöhter geopolitischer Unsicherheit, schwacher finanzpolitischer Fundamentaldaten und eines niedrigen Potenzialwachstums

Die Risiken für die öffentlichen Haushalte waren zwar im Euroraum insgesamt nach wie vor begrenzt, nahmen aber 2024 in einigen Ländern zu. Vor dem Hintergrund eines niedrigen Trendwachstums führten (geo-)politische Unsicherheiten sowie hohe Schuldenstände und Defizite in einigen Ländern zu Bedenken hinsichtlich der Tragfähigkeit der Staatsverschuldung. In der Folge vergrößerten sich die Renditeabständen bei Staatsanleihen in einigen Ländern – insbesondere in Frankreich nach den Wahlen im Sommer und einer Phase politischer Unsicherheit –, sodass es gegen Ende des Jahres schließlich zu Ratingherabstufungen kam. In Anbetracht der Bedenken darüber, wie sich das Wachstum und die Produktivität im Euroraum auf mittlere Sicht entwickeln werden, könnten hohe Kreditkosten und schwache finanzpolitische Fundamentaldaten dazu führen, dass der haushaltspolitische Spielraum der Länder zur Stützung ihrer Volkswirtschaften bei künftigen negativen Schocks eingeengt wird. Darüber hinaus könnte sich ein Anstieg der Renditen von Benchmark-Staatsanleihen auf die Gesamtwirtschaft auswirken.

Schuldendienstkosten für anfällige Unternehmen und Privathaushalte weiterhin hoch

Insgesamt blieb der Unternehmenssektor im Euroraum im Jahr 2024 robust, doch die Ertragslage wurde nach wie vor durch die hohen Zinsen belastet. In einigen Sektoren und Ländern führte dies zu einem deutlichen Anstieg der Zahlungsausfälle, wenngleich die Ausfallraten weiterhin niedrig waren. Kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) schienen hinsichtlich ihrer Schuldendienstfähigkeit besonders anfällig für eine konjunkturelle Abkühlung und hohe Kreditkosten zu sein. Auch der Gewerbeimmobiliensektor verzeichnete im Jahresverlauf weitere Verluste aufgrund konjunktureller und struktureller Herausforderungen. Allerdings ist dieser Sektor relativ klein, was die systemischen Auswirkungen auf den Bankensektor reduziert.

Die Anfälligkeiten der privaten Haushalte im Euroraum nahmen ab. Ausschlaggebend hierfür waren niedrigere Schuldenstände, robuste Arbeitsmärkte, ein kräftiges Einkommenswachstum und hohe Sparquoten. Allerdings wurde die Schuldendienstfähigkeit von privaten Haushalten mit niedrigem Einkommen bzw. variabel verzinsten Hypothekarkrediten auf die Probe gestellt. Sie könnte zusätzlich geschwächt werden, wenn sich das Wachstum verlangsamt und sich die Lage am Arbeitsmarkt verschlechtert. Die Wohnimmobilienmärkte blieben stabil. Gleichwohl bestanden weiterhin Risiken an Märkten mit erhöhten Hypothekenschulden und an überbewerteten Immobilienmärkten.

Finanzmärkte anfällig für plötzliche und starke Anpassungen, insbesondere an den Aktienmärkten

Im Jahr 2024 verzeichneten die Finanzmärkte im Euroraum und weltweit mehrere Phasen der Volatilität, die mit den erhöhten makrofinanziellen und geopolitischen Unsicherheiten zusammenhingen. Wenngleich sich die Ansteckungseffekte auf den Euroraum in Grenzen hielten, verdeutlichten diese Volatilitätsphasen die grundsätzliche Anfälligkeit der Finanzmärkte. Das Rekordtief der Aktienrisikoprämien und die geringen Renditeabstände von Unternehmensanleihen zeigen, dass die Anleger die Wahrscheinlichkeit adverser Szenarien möglicherweise unterbewertet haben. An den Aktienmärkten konzentriert sich zudem ein großer Teil der Marktkapitalisierung auf einige wenige US-Technologieunternehmen. Dies sorgte für Bedenken hinsichtlich einer KI-bedingten Vermögenspreisblase und für eine höhere Anfälligkeit der Portfolios für plötzliche Kurskorrekturen und Verstärkungsdynamiken (siehe Kasten 3). Angesichts der sich vertiefenden Integration der globalen Aktienmärkte reagierte die Stimmung an den Märkten sehr stark auf negative Überraschungen, wodurch sich das Potenzial für drastische Marktkorrekturen und negative globale Ansteckungseffekte erhöhte.

Solide Kapital- und Liquiditätspuffer erleichterten Banken die Bewältigung von Kreditausfällen

Seit Anfang 2023 beläuft sich die harte Kernkapitalquote (CET1-Quote) der Banken im Euroraum auf rund 15 %. Auf dieser soliden Grundlage konnten sie ihre Widerstandsfähigkeit in mehreren Phasen der Unsicherheit in den Jahren 2023 und 2024 wahren. Obwohl 2024 in einigen Ländern des Euroraums Kreditausfälle bei KMUs und Gewerbeimmobilien verzeichnet wurden, blieb der Anteil notleidender Kredite (NPL-Quote) in der Nähe der historischen Tiefstände. Die Banken verfügten über solide Kapital‑ und Liquiditätspuffer und konnten somit etwaige Ausfälle problemlos auffangen. Außerdem wiesen die Banken nach wie vor ein kräftiges Ertragswachstum auf, das unter anderem auf hohe Nettozinsmargen und geringere Betriebsaufwendungen zurückzuführen war.

Potenzielle Verstärkung negativer Marktdynamik durch Anfälligkeiten im NBFI-Sektor

Der NBFI-Sektor zeigte sich 2024 widerstandsfähig gegenüber kurzen Phasen der Volatilität an den Märkten und stützte weiterhin die marktbasierte Finanzierung im Euroraum in allen Kreditrisikokategorien. Anfälligkeiten im Zusammenhang mit konzentrierten Risikopositionen, Liquiditätsinkongruenzen und einer hohen Verschuldung in Teilen des Investmentfondssektors sorgten jedoch weiterhin für Bedenken. So bestand die Möglichkeit, dass Bewertungsschocks zu plötzlichen Mittelabflüssen und Nachschussforderungen führen, wodurch sich negative Marktdynamiken verstärkt hätten und Ansteckungseffekte auf andere Teile des Finanzsystems entstanden wären. Dieses Risiko war nach wie vor von besonderer Relevanz, denn vor dem Hintergrund der geopolitischen Unsicherheit und des sich abschwächenden Wirtschaftswachstums waren die Portfolios der Nichtbanken einem erhöhten Kreditrisiko ausgesetzt.

Mehrere strukturelle Probleme, darunter klimabedingte Risiken und Schwachstellen im Bereich der Cybersicherheit, bedrohten weiterhin die Finanzstabilität und hatten das Potenzial, bestehende Anfälligkeiten zu verstärken. Darüber hinaus sorgte die zunehmende geopolitische Fragmentierung für Bedenken, dass es zu einer Umkehr der bisher erreichten globalen Integration von Wirtschaft, Handel und Finanzmärkten kommen könnte. Diese strukturellen Anfälligkeiten erhöhen das Potenzial für künftige Volatilität, insbesondere wenn sie in einer konjunkturellen Schwächephase zum Tragen kommen und negative Rückkopplungseffekte auslösen. Vor diesem Hintergrund ist umsichtiges Handeln geboten.

3.2 Makroprudenzielle Politik: Widerstandsfähigkeit in schwierigen und unsicheren Zeiten sicherstellen

EZB sah 2024 keine Notwendigkeit für strengere Kapitalmaßnahmen

Zu den Aufgaben der EZB zählt die Überprüfung der makroprudenziellen Kapitalmaßnahmen, die von den nationalen Behörden für Banken in Ländern, die am Einheitlichen Aufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism – SSM) teilnehmen, vorgeschlagen werden. Die EZB ist insbesondere auch befugt, bei Bedarf strengere Kapitalmaßnahmen zu ergreifen. Dafür wurde im Rahmen der genauen Beobachtung der nationalen makroprudenziellen Politik durch die EZB im Jahr 2024 kein Bedarf festgestellt. Mehrere Länder hatten bereits neue makroprudenzielle Maßnahmen ergriffen, um ihre Bankensysteme resilienter gegenüber bestehenden Anfälligkeiten und Abwärtsrisiken zu machen.

Wahrung der Widerstandsfähigkeit des Finanzsystems weiterhin von entscheidender Bedeutung

EZB-Rat forderte die nationalen Behörden auf, die Widerstandsfähigkeit der Banken zu wahren, und kündigte einen weiterentwickelten Rahmen für A-SRIs an

Im Juni 2024 veröffentlichte der EZB-Rat eine Erklärung, in der die nationalen makroprudenziellen Behörden aufgefordert wurden, die derzeitigen Kapitalpufferanforderungen beizubehalten, um die Widerstandsfähigkeit des Bankensektors zu erhalten und sicherzustellen, dass im Falle einer Verschlechterung der Lage im Bankensektor oder des makrofinanziellen Umfelds Puffer zur Verfügung stehen. Zudem sei in einigen Ländern eine weitere Verschärfung der Anforderungen für freisetzbare Kapitalpuffer nach wie vor wünschenswert, um Schwachstellen zu beseitigen und den makroprudenziellen Spielraum zu erhöhen, solange die Gefahr prozyklischer Effekte durch die vorherrschenden Bedingungen im Bankensektor begrenzt würde. Darüber hinaus forderte der EZB-Rat die nationalen Behörden auf, die bestehenden kreditnehmerbezogenen Maßnahmen beizubehalten, um weiterhin solide und nachhaltige Kreditstandards zu gewährleisten. Im Dezember 2024 legte die EZB einen weiterentwickelten Rahmen für die Beurteilung der Kapitalpuffer von anderweitig systemrelevanten Instituten (A-SRIs) vor, um der Systemrelevanz von A-SRIs für die Bankenunion als Ganzes Rechnung zu tragen. Die weiterentwickelte Methodik zu den Untergrenzen für A‑SRI-Puffer (Floor-Methodik) soll bis zum 1. Januar 2028 vollständig umgesetzt werden.[26]

Ende 2024 bestanden in allen Ländern der Bankenunion Anforderungen für freisetzbare Kapitalpuffer

Vor diesem Hintergrund haben die nationalen Behörden die makroprudenzielle Politik im Jahr 2024 weiter gestrafft, um die Widerstandsfähigkeit der Banken zu erhöhen. In allen Ländern der Bankenunion bestanden Ende des Jahres Anforderungen für freisetzbare Kapitalpuffer. Dies war möglich, weil die Banken im Durchschnitt weiterhin über eine hohe Ertragskraft und einen großen Kapitalspielraum verfügten. Im Jahr 2024 kündigten drei Länder des Euroraums die Einführung eines antizyklischen Kapitalpuffers an, während ein Land die Einführung eines Systemrisikopuffers ankündigte.[27] Diese Maßnahmen stehen im Einklang mit den laufenden Anstrengungen vieler nationaler Behörden, den makroprudenziellen Spielraum durch freisetzbare Kapitalpuffer auch dann zu vergrößern, wenn die zyklischen Risiken in den jeweiligen Ländern nicht auf ein Umfeld erhöhter Risiken hindeuten.[28] Darüber hinaus passten einige Länder die Höhe des A-SRI-Puffers für einzelne Institute an, nachdem die Floor-Methodik für A-SRI-Puffer am 1. Januar 2024 vollständig umgesetzt worden war. Neben kapitalbasierten Maßnahmen kündigten zwei Länder auch die Einführung kreditnehmerbasierter Maßnahmen an. Damit stieg die Anzahl der Länder mit solchen Maßnahmen auf 17.[29]

Die EZB kommunizierte im Jahr 2024 ihre Analysen und Positionen zu makroprudenziellen Themen. In den Kapiteln zur makroprudenziellen Politik im Financial Stability Review vom Mai bzw. November stellte sich die EZB klar hinter die Regulierungsinitiativen zur Schaffung von makroprudenziellem Spielraum und zur Steigerung der Effizienz und Effektivität des makroprudenziellen Rahmens der EU für Banken.[30] Darüber hinaus analysierte die EZB weiterhin, wie sich Gesetzesvorhaben zur Erhebung von Sondersteuern für Kreditinstitute auf die Finanzstabilität auswirken, und brachte in drei Stellungnahmen ihre diesbezüglichen Bedenken zum Ausdruck.[31] Zudem verwies die EZB erneut auf die Bedeutung eines verbesserten makroprudenziellen Rahmens für Nichtbanken, der gewährleistet, dass Nichtbanken in jeder Phase des Finanzzyklus eine stabile Finanzierungsquelle darstellen (siehe Kapitel 3 Abschnitt 4).

Zusammenarbeit mit dem Europäischen Ausschuss für Systemrisiken

ESRB verantwortlich für die makroprudenzielle Aufsicht über das EU-Finanzsystem

Die EZB unterstützt den Europäischen Ausschuss für Systemrisiken (ESRB), dessen Sekretariat bei ihr angesiedelt ist, in analytischen, statistischen, logistischen und administrativen Belangen.[32] Abgesehen von dieser regelmäßigen Unterstützung leistete die EZB auch im Jahr 2024 einen wichtigen Beitrag zur Arbeit des ESRB. Unter anderem führte die EZB den Ko-Vorsitz in den ESRB-Gruppen Instruments Working Group (IWG), Analysis Working Group (AWG) und Task Force on Stress Testing. Bei der Erstellung des adversen Szenarios für den EU-weiten Stresstest 2025 der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) und bei der Durchführung des ersten Liquiditätsstresstests für das gesamte Finanzsystem in der EU war die Expertise der EZB in den Bereichen Analyse und Modellierung von besonderem Nutzen für die Arbeit der Stresstest-Taskforce. In diesem Zusammenhang beteiligte sich die EZB auch an der Leitung eines Teams, das einen Rahmen für die Überwachung systemischer Liquiditätsrisiken erarbeitete.

EZB und ESRB berichteten gemeinsam über die aktivere Nutzung des antizyklischen Kapitalpuffers

Darüber hinaus legte die EZB in einem gemeinsamen Bericht mit dem ESRB dar, wie die Mitgliedstaaten den antizyklischen Kapitalpuffer verstärkt nutzen, um die Widerstandsfähigkeit frühzeitig im Finanzzyklus zu erhöhen und dadurch die Auswirkungen von Kreditverknappungen abzumildern.[33] Außerdem unterstützte die EZB wieder die Arbeit des ESRB zu verschiedenen Themen wie: a) makroprudenzielle Instrumente für die Cyberresilienz;[34] b) Überwachung der Anfälligkeiten im Zusammenhang mit der Finanzintermediation durch Nichtbanken;[35] c) Anfälligkeiten im Gewerbeimmobiliensektor sowie Folgearbeiten zu der im Jahr 2023 ergangenen Empfehlung des ESRB zu Gewerbeimmobilien;[36],[37] d) makroprudenzielle Auswirkungen von Zinsänderungen; und e) Auswirkungen erhöhter Unsicherheit und neu auftretender Risiken (insbesondere in Verbindung mit geopolitischen, klimapolitischen und technologischen Entwicklungen) auf die makroprudenzielle Politik. Außerdem führte die High-Level Group on the ESRB Review eine zweite Überprüfung der ESRB-Verordnung[38] durch. Dabei wurden die Arbeit und die Erfahrungen des ESRB im vergangenen Jahrzehnt beleuchtet. Die Gruppe unterbreitete Vorschläge, wie die makroprudenzielle Aufsicht des ESRB insbesondere durch eine ganzheitlichere Bewertung systemischer Risiken unter Berücksichtigung von Verflechtungen, Interdependenzen und Ansteckungseffekten verbessert werden könnte.[39] Weitere Informationen finden sich auf der Website des ESRB und in dessen Jahresberichten.

3.3 Mikroprudenzielle Aufsichtsaktivitäten zur Gewährleistung sicherer und solider Finanzinstitute

Aufgrund der Fortschritte der vergangenen Jahre und des kontinuierlichen Austausches mit der Aufsicht blieben die Banken resilient

Die europäischen Banken blieben im gesamten Jahr 2024 resilient. Die Kapital‑ und Liquiditätspositionen der direkt von der EZB beaufsichtigten Banken waren weiterhin solide. Im dritten Quartal 2024 lag die aggregierte CET1-Quote bei 15,72 %, und die Liquiditätsbedingungen blieben insgesamt günstig. Die NPL-Quote lag im dritten Quartal 2024 bei rund 2,3 % und damit in der Nähe ihres historischen Tiefstands. Die Ertragslage der Banken war weiterhin gut, was vor allem auf die höheren Zinsen zurückzuführen war.

Aufsichtliche Risiken maßgeblich durch zunehmende Volatilität und Komplexität externer Risiken bestimmt

Dennoch waren die Banken mit einer Phase anhaltender geopolitischer Spannungen konfrontiert, die von hoher Unsicherheit und erhöhter Volatilität sowie einer herausfordernden Risikolandschaft (z. B. Klima‑ und Umweltrisiken) geprägt war. Daher konzentrierte sich die EZB in ihrer Aufsichtstätigkeit weiterhin auf die Wirksamkeit der internen Kontrollfunktionen und der Governance-Regelungen sowie auf die Sicherstellung einer ausreichenden Kapitalausstattung bei den beaufsichtigten Banken, damit diese glaubwürdigen adversen Szenarien standhalten können.

Cyberresilienz gehört zu den Aufsichtsprioritäten für die Jahre 2024-2026

Vor diesem Hintergrund führte der aufsichtliche Überprüfungs‑ und Bewertungsprozess (Supervisory Review and Evaluation Process – SREP) 2024 bei den Banken zu keinen wesentlichen Änderungen der Scorewerte oder der Gesamtanforderungen nach Säule 2. Die Gesamtkapitalanforderung und ‑empfehlung stieg leicht von 15,5 % im Jahr 2023 auf 15,6 % der risikogewichteten Aktiva.[40]

Auch im Jahr 2024 konzentrierte sich die EZB-Bankenaufsicht stark auf das Kreditrisikomanagement. Dabei arbeitete sie an der Beseitigung von Mängeln in den IFRS-9-Rahmen und überprüfte gezielt Immobilien‑ und KMU-Portfolios, um einer Verschlechterung der Aktivaqualität entgegenzuwirken. Mängel bei der Risikodatenaggregation und Risikoberichterstattung, die einer wirksamen Entscheidungsfindung im Wege stehen, zogen verstärkte Bemühungen der Aufsicht nach sich, die Informationssysteme der Banken zu verbessern und Schwachstellen im Bereich der IT-Sicherheit zu beseitigen. Das operationelle Risiko und das mit Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) einhergehende Risiko gaben nach wie vor Anlass zu Besorgnis und unterstrichen die Notwendigkeit, den Digitalisierungsprozess zu beschleunigen und die Cyberresilienz zu stärken. Die EZB führte einen Stresstest zur Cyberresilienz durch, aus dem hervorging, dass die Banken zwar über Reaktions‑ und Wiederherstellungsrahmen verfügten, aber in einigen Bereichen noch Verbesserungsbedarf bestand. Im Hinblick auf Klima‑ und Umweltrisiken überwachte die EZB weiterhin die Einhaltung der 2022 gesetzten Fristen zur vollumfänglichen Erfüllung der aufsichtlichen Erwartungen bis Ende 2024. Wie schon im Jahr 2023 folgten auf die aufsichtlichen Prüfungen ein kontinuierlicher Dialog, Feedback-Schreiben und erforderlichenfalls verbindliche Aufsichtsbeschlüsse, in denen die Verhängung periodischer Bußgelder erwogen wurde.[41] Darüber hinaus nutzte die EZB zukunftsorientierte Instrumente zur Bewertung, inwieweit die Finanzierungstätigkeit der Banken mit den Klimazielen der EU in Einklang steht.

Fokus lag 2024 auf einem flexiblen, agilen und risikobasierten Ansatz

Die EZB-Bankenaufsicht verfolgte im Jahr 2024 weiterhin einen risikobasierten und agilen Ansatz. Im Mai beschloss das Aufsichtsgremium eine Reform des SREP, um a) die Risikobewertungen durch eine Stärkung des mehrjährigen Ansatzes zielgerichteter zu gestalten; b) die Aufsichtstätigkeiten besser zu integrieren; c) das gesamte Aufsichtsinstrumentarium zu nutzen; d) die Kommunikation zu verbessern; e) die Methodiken stabil zu gestalten und f) IT-Systeme und ‑Analysen besser zu nutzen. Außerdem haben die EZB und die EBA ein Joint Bank Reporting Committee eingerichtet, um die Datenmeldungen des Bankensektors zu harmonisieren und zu integrieren. Ziel ist es, die Effizienz zu steigern und die Kosten für den Berichtsaufwand zu senken.

Zehn Jahre europäische Bankenaufsicht: Jahr der Integration zur Förderung einer einheitlichen Aufsichtskultur

Am 6. November 2024 feierte der SSM sein zehnjähriges Bestehen. Aus diesem Anlass wurde 2024 zum „Jahr der Integration“ ausgerufen und eine Reihe von Veranstaltungen abgehalten. Unter anderem wurde das SSM Foundation Programme ins Leben gerufen. Dieses gehört zum Weiterbildungsangebot des SSM und zielt unter anderem darauf ab, eine kohärente Aufsichtskultur in der gesamten europäischen Bankenaufsicht zu fördern.

Die Aufsichtsprioritäten der EZB für die Jahre 2025-2027 zielen darauf ab, a) die Fähigkeit der Banken zur Bewertung und Bewältigung von makrofinanziellen Bedrohungen, insbesondere von geopolitischen Schocks, zu verbessern; b) sicherzustellen, dass die Banken die von der Aufsicht festgestellten anhaltenden Mängel rasch und wirksam beseitigen; und c) die Banken für die neuen Herausforderungen der Digitalisierung und der Nutzung neuer Technologien zu rüsten.

Im Rahmen ihrer laufenden Bestrebungen zur Verbesserung der Transparenz hat die EZB im Jahr 2024 die während des öffentlichen Konsultationsverfahrens zum aktualisierten Leitfaden zu internen Modellen eingegangenen Stellungnahmen gebührend berücksichtigt. Die finale Fassung des aktualisierten Leitfadens zu internen Modellen wurde dann im Februar 2024 veröffentlicht. Darüber hinaus startete die EZB im Berichtsjahr öffentliche Konsultationen zum Entwurf eines Leitfadens zu Governance und Risikokultur, zum Leitfaden zur Auslagerung von Cloud-Diensten an Cloud-Anbieter und zu den überarbeiteten Vorgaben für Optionen und Ermessensspielräume, die den Aufsichtsbehörden im Unionsrecht eingeräumt werden. Außerdem veröffentlichte die EZB eine umfassende Methodik zur Bewertung von Zins‑ und Kreditspreadrisiken und aktualisierte die SREP-Methodik für operationelle und IKT-Risiken. Schließlich veröffentlichte die EZB Best Practices zur Verwendung von Overlays im Zusammenhang mit der Kreditrisikovorsorge gemäß IFRS 9 und zur Steuerung der Innertagesliquidität.

Die EZB belegte 2024 drei Banken mit Sanktionen.[42]

Am 5. Juni 2024 ernannte der EZB-Rat drei neue Vertreterinnen bzw. Vertreter der EZB im Aufsichtsgremium: Sharon Donnery, Pedro Machado und Patrick Montagner.

Weitere Erläuterungen finden sich auf der EZB-Website zur Bankenaufsicht und im EZB-Jahresbericht zur Aufsichtstätigkeit 2024.

3.4 Beitrag der EZB zu Initiativen auf europäischer und globaler Ebene

Erhebliche Fortschritte bei verschiedenen Initiativen auf europäischer und globaler Ebene

Im Jahr 2024 wurden bedeutende Fortschritte bei der Verbesserung des Regulierungsrahmens für den Finanzsektor erzielt. Die EZB leistete einen Beitrag zur Umsetzung der finalen Basel-III-Reformen in der EU und zum Vorschlag zur Stärkung des EU-Rahmens für das Krisenmanagement und die Einlagensicherung. Wichtige Fortschritte gab es auch bei der Regulierung von Kryptowerten, wobei sich der Schwerpunkt auf die Umsetzung verlagerte, und beim digitalen Euro. Gleichzeitig beteiligte sich die EZB an den Vorbereitungen für die weitere Gesetzgebungsarbeit zur Nichtbankenfinanzintermediation (NBFI) und zur Kapitalmarktunion sowie an der laufenden öffentlichen Diskussion über diese Themen.

Wichtige Entwicklungen beim Regulierungsrahmen für Banken

Die finalen Basel-III-Reformen wurden in EU-Recht umgesetzt; lediglich bei den Vorschriften zum Marktrisiko gab es eine Verschiebung auf Januar 2026

Die überarbeitete Eigenkapitalverordnung[43] und die überarbeitete Eigenkapitalrichtlinie[44] – häufig als EU-Bankenpaket bezeichnet – wurden formal verabschiedet und am 19. Juni 2024 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Diese beiden Rechtsakte setzten die finalen Basel-III-Reformen in EU-Recht um, wodurch die Widerstandsfähigkeit des EU-Bankensystems gegenüber unterschiedlichen Risiken weiter gestärkt wurde. Außerdem erweiterten die beiden Rechtsakte das Aufsichtsinstrumentarium, sodass Klima‑ und andere Nachhaltigkeitsrisiken berücksichtigt werden. Die EZB brachte ihre Expertise in den Trilog zwischen der Europäischen Kommission, dem Rat und dem Europäischen Parlament ein und leistete damit einen Beitrag zum Bankenpaket. Zudem unterstützt die EZB die Regulierungsbehörden, insbesondere die EBA, bei den ersten Schritten der Umsetzung des Bankenpakets – etwa durch Konsultationsverfahren zu den entsprechenden technischen Durchführungsstandards und technischen Regulierungsstandards. Die Umsetzung der Baseler Marktrisikoregeln in der EU, die eine grundlegende Überprüfung des Handelsbuchs verpflichtend vorschreiben, wurde auf Januar 2026 verschoben, um die Herstellung gleicher Wettbewerbsbedingungen zu ermöglichen

Fortschritte bei der Reform des Rahmens für das Krisenmanagement im Bankensektor und die Einlagensicherung

Im Verlauf des Berichtsjahrs legten das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union ihren jeweiligen Standpunkt zur Reform des Rahmens für das Krisenmanagement im Bankensektor und die Einlagensicherung fest, nachdem die Europäische Kommission im April 2023 einen entsprechenden Gesetzesvorschlag auf den Weg gebracht hatte. Der Gesetzesvorschlag zielt unter anderem darauf ab, den möglichen Anwendungsbereich der Abwicklung auf kleinere und mittelgroße Banken zu erweitern und Instrumente für eine leichtere Nutzung von Einlagensicherungssystemen im Krisenmanagement zu schaffen. Das Ergebnis der Trilog-Verhandlungen soll sicherstellen, dass diese Ziele erreicht werden und der EU-Rahmen für das Krisenmanagement im Bankensektor und die Einlagensicherung weiter gestärkt wird.

Umsetzung eines Regulierungsrahmens für Kryptowerte

Bedeutende Fortschritte bei der Umsetzung der Verordnung zu Kryptowerten

Die EZB unterstützte im Jahr 2024 sowohl auf EU‑ als auch auf internationaler Ebene die Finalisierung und Umsetzung eines Regulierungsrahmens für Kryptowerte. Auf EU-Ebene leistete die EZB Beiträge zu technischen Standards und Leitlinien zur Umsetzung der Verordnung über Märkte für Kryptowerte, die zwischen der EBA und der Europäischen Wertpapier‑ und Marktaufsichtsbehörde abgestimmt wurden.[45] Des Weiteren veröffentlichte die EZB eine Stellungnahme zu Vorschlägen für eine Verordnung und eine Richtlinie über Zahlungs‑ und E-Geld-Dienste, in der sie auf die Notwendigkeit angemessener Schutzmaßnahmen und Aufsichtsanforderungen für E-Geld-Token hinwies. Außerdem forderte sie eine Folgenabschätzung zur Erbringung von Crypto Lending.[46] In internationalen Foren wie dem Financial Stability Board (FSB) verlagerte sich der Schwerpunkt darauf, die Umsetzung von Krypto-Regulierungsinitiativen zu fördern und zu überwachen. In diesem Zusammenhang leistete die EZB einen Beitrag zum Statusbericht des FSB und des IWF über den Fahrplan zur Umsetzung der G20-Kryptopolitik. Sie war außerdem in die Analyse der Tokenisierung und deren Auswirkungen auf die Finanzstabilität durch den FSB eingebunden.

Die Kapitalmarktunion vorantreiben und den NBFI-Rechtsrahmen stärken

Anstrengungen zur Verwirklichung der Kapitalmarktunion und zur Regulierung des NBFI-Sektors wurden 2024 fortgesetzt

Im Lauf des Berichtsjahrs wurden mehrere hochrangige Berichte veröffentlicht, die neue Impulse für die Verwirklichung der Kapitalmarktunion enthielten. So wurde betont, dass die Mobilisierung der Kapitalmärkte wichtig ist, um den Binnenmarkt zu vertiefen und innovativen und produktiven Unternehmen in Europa angemessene Finanzmittel zur Verfügung zu stellen.[47] Die EZB beteiligte sich an der öffentlichen Diskussion, indem sie in einer Erklärung des EZB-Rats zur Verwirklichung der Kapitalmarktunion Prioritäten darlegte. In verschiedenen Publikationen und Reden wurden außerdem drei bedeutende Ziele im Rahmen der Kapitalmarktunion genannt: a) leicht zugängliche, transparente und erschwingliche europäische Sparprodukte, damit ein größerer Anteil der europäischen Ersparnisse in den Kapitalmarkt gelangt; b) Konsolidierung der Handels‑ und Nachhandelslandschaft; und c) Entwicklung des Finanzierungs-Ökosystems für innovative Unternehmen, insbesondere Venture-Capital-Finanzierungen, wo Europa Aufholbedarf hat.[48] Darüber hinaus leistete die EZB Beiträge zum Thema Finanzmarktinfrastruktur im Zusammenhang mit der Kapitalmarktunion (siehe Kapitel 4). Sie beteiligte sich auch an den Diskussionen in der Euro-Gruppe über die Zukunft der europäischen Kapital‑ und Finanzmärkte sowie an der zielgerichteten Konsultation der Europäischen Kommission über das Funktionieren des EU-Verbriefungsrahmens, die voraussichtlich zu gesetzlichen Maßnahmen führen wird.

Außerdem betonte die EZB weiterhin die Wichtigkeit, strukturelle Anfälligkeiten der NBFI abzubauen und den entsprechenden Handlungsrahmen aus makroprudenzieller Perspektive zu verbessern. Sie unterstrich ferner die Notwendigkeit von Fortschritten bei der vollständigen und raschen Umsetzung der internationalen Empfehlungen zum Umgang mit Liquiditätsrisiken bei offenen Fonds und Geldmarktfonds. Die EZB leistete einen Beitrag zur Antwort des Eurosystems im Rahmen einer Konsultation der Europäischen Kommission zu makroprudenziellen Maßnahmen für NBFI.[49] Außerdem unterstützte die EZB den FSB bei seiner Arbeit zur Liquiditätsvorsorge von Nichtbanken mit Blick auf die Forderung von Nachschusszahlungen und zusätzlichen Sicherheiten. Sie beteiligte sich auch aktiv an den laufenden Arbeiten zur Eindämmung von Risiken, die sich aus der Verschuldung von NBFI ergeben.[50]

Kasten 3
Die Entwicklung des Konzentrationsrisikos bei Aktienfonds im Euroraum

Im Jahr 2024 stieg das Konzentrationsrisiko bei Aktienfonds im Euroraum deutlich

Konzentrationsrisiken entstehen, wenn Fonds einen großen Teil der Investments in nur wenigen Großunternehmen, Regionen oder Wirtschaftssektoren anlegen. Eine Analyse der Aktienportfolios von Investmentfonds zeigt: Ende 2024 verteilten sich knapp 30 % des Gesamtbestands an Aktien nichtfinanzieller Unternehmen auf lediglich 25 Unternehmen (siehe Abbildung A, Grafik a). In die größten Positionen der Fonds war somit ein deutlich höherer Anteil der Portfolios investiert, wobei auf eine einzige Aktie mehr als 3 % der Aktieninvestments in nichtfinanzielle Unternehmen entfielen (siehe Abbildung A, Grafik b).

Abbildung A

Konzentration der Aktienbestände von Investmentfonds im Euroraum im Zeitverlauf

a) Anteil der 25 wichtigsten Emittenten am Gesamtbestand der von Investmentfonds gehaltenen Aktien nichtfinanzieller Unternehmen

(in % des Gesamtbestands der Aktien nichtfinanzieller Unternehmen)


b) Entwicklung der Anteile der 25 wichtigsten Emittenten am Gesamtbestand der von Investmentfonds gehaltenen Aktien nichtfinanzieller Unternehmen

(in % des Gesamtbestands der Aktien nichtfinanzieller Unternehmen)

Quellen: EZB (Zentralisierte Wertpapierdatenbank, Statistiken über Wertpapierbestände) und EZB-Berechnungen.
Anmerkung: Grafik a): Die 25 wichtigsten Emittenten sind die 25 größten Positionen nach dem Portfoliowert pro Quartal. Bei Unternehmen, die mehr als eine Aktienart ausgeben, werden die Aktienpositionen aggregiert. Grafik b): Auf der x-Achse werden die Emittenten nach Größe von Rang 1 bis 25 angeordnet.

Zunehmende Portfoliokonzentration ist sowohl auf veränderte Anlagestrategien als auch auf veränderte Bewertungen zurückzuführen

Das Konzentrationsrisiko hat in den letzten Jahren vor allem aufgrund der wachsenden Beliebtheit passiver Anlagestrategien und des starken Anstiegs der Aktienkurse von technologieorientierten US-Unternehmen zugenommen. Passive Anlagestrategien zielen darauf ab, die Wertentwicklung des Gesamtmarkts nachzubilden. Somit erfolgt bei passiv verwalteten Investmentfonds in der Regel eine Nachbildung der Aktienindizes. Dies hat zuletzt zu einer Umschichtung der Portfolios zu größeren, in wichtigen Indizes vertretenen Emittenten geführt. Die an den weltweiten Aktienmärkten zu beobachtende Dominanz einiger weniger großer US-Technologieunternehmen zeigte sich infolgedessen auch immer stärker in der Zusammensetzung der größten Positionen von Aktienfonds im Euroraum (siehe Abbildung B, Grafik a). Im Jahresverlauf verbuchten Technologieaktien zudem deutliche Kursgewinne, sodass ihr Anteil am Gesamtwert der Portfolios stieg. Zugleich verzeichneten Technologiefonds höhere Mittelzuflüsse als andere Aktienfonds (siehe Abbildung B, Grafik b).

Abbildung B

Verlagerung zu US-Aktien und technologieorientierten Aktienfonds

a) Herkunft der 25 wichtigsten Emittenten (nichtfinanzielle Unternehmen) in den Portfolios von Investmentfonds im Euroraum

(in %)


b) Zuflüsse in Aktienfonds im Euroraum und Nettoinventarwert, kumulierte Veränderungen im Jahr 2024 nach Fondsart

(in % des gesamten Nettoinventarwerts)

Quelle: EZB (Zentralisierte Wertpapierdatenbank, Statistiken über Wertpapierbestände), EPFR und EZB-Berechnungen.
Anmerkung: Grafik a): Die 25 wichtigsten Emittenten sind die 25 größten Positionen nach dem Portfoliowert pro Quartal. Bei Unternehmen, die mehr als eine Aktienart ausgeben, werden die Aktienpositionen aggregiert.

Konzentrierte Portfolios sind anfällig für plötzliche Kurskorrekturen und Verstärkungsdynamiken

Wenn Unternehmen oder Sektoren, in denen die Portfolios der Investmentfonds sehr konzentriert investiert sind, von einem Schock betroffen sind, kann dies zu erheblichen Bewertungsverlusten für den gesamten Fonds sowie zu umfangreichen Verkäufen der Fondsanteile kommen. Investmentfonds sind dann unter Umständen gezwungen, Vermögenswerte rasch zu liquidieren, um die Mittelabflüsse zu bewältigen. Das kann dazu führen, dass die Kurse der betroffenen Aktien noch weiter sinken, sodass sich die Abwärtsspirale verstärkt. Zudem erhöht sich damit die Gefahr finanzieller Ansteckungseffekte, weil auch ursprünglich nicht vom Schock betroffene Vermögenspreise unter Druck geraten. Dies kann zu größeren Marktstörungen führen. Im Jahr 2024 stieg das Risiko plötzlicher Aktienkurskorrekturen aufgrund eines höheren geopolitischen Risikos, gesamtwirtschaftlicher Unsicherheit sowie wegen Bedenken hinsichtlich einer Überbewertung an einigen Aktienmärkten. Vor diesem Hintergrund wird es immer wichtiger, die Widerstandsfähigkeit des Investmentfondssektors gegenüber solchen Schocks zu stärken, um die Stabilität des gesamten Finanzsystems zu wahren.

4 Reibungsloser Betrieb der Marktinfrastrukturen und des Zahlungsverkehrs

Das Eurosystem spielt eine zentrale Rolle bei der Entwicklung, dem Betrieb und der Überwachung von Marktinfrastrukturen und Zahlungsverkehr. Im Jahr 2024 nahm der Zahlungsverkehr bei allen vom Eurosystem betriebenen TARGET-Diensten zu; gleichzeitig wurden deren Funktionalitäten, wie beispielsweise mehrwährungsfähige Abwicklungsdienstleistungen, weiterentwickelt. Um die Digitalisierung der Massen‑ und Großbetragszahlungen sowie der Wertpapiermärkte voranzutreiben, legte das Eurosystem den Grundstein für eine mögliche Ausgabe eines digitalen Euro und schloss seine Sondierungsarbeiten zum Einsatz der Distributed-Ledger-Technologie (DLT) für in Zentralbankgeld abgewickelte Großbetragszahlungen erfolgreich ab. Ein weiteres Thema war die Abwehr der sich ständig verändernden Cyberbedrohungen aus operativer wie aufsichtlicher Sicht. Im Hinblick auf die Schaffung eines schnelleren, kostengünstigeren, transparenteren und leichter zugänglichen Ökosystems für den globalen Zahlungsverkehr wurden Verbesserungen am weltweiten grenzüberschreitenden und währungsübergreifenden Zahlungsverkehr in Angriff genommen.

4.1 TARGET-Dienste

Die TARGET-Dienste umfassen die folgenden drei Abwicklungsdienste: a) T2, ein Echtzeit-Bruttozahlungssystem für die Abwicklung von Zahlungen in Euro im Zusammenhang mit den geldpolitischen Geschäften des Eurosystems sowie von Interbank‑ und Großkundenzahlungen; b) TARGET2-Securities (T2S), eine einheitliche Plattform für die europaweite Wertpapierabwicklung; und c) TARGET Instant Payment Settlement (TIPS), eine Infrastruktur zur Abwicklung von Echtzeitzahlungen in Zentralbankgeld.

Durch die Weiterentwicklung der TARGET-Dienste konnte die Effizienz deutlich gesteigert werden

Die EZB erzielte im Jahr 2024 erhebliche Fortschritte bei der Weiterentwicklung aller TARGET-Dienste. Es wurden konzertierte Anstrengungen unternommen, um die Möglichkeiten zur Wiederherstellung der T2‑ und T2S-Systeme im Falle eines schwerwiegenden Vorfalls (etwa eines Cyberangriffs) zu stärken und die Funktionalitäten der TARGET-Dienste weiter zu verbessern und so den sich wandelnden Markterfordernissen gerecht zu werden. Um die vollautomatisierte Abwicklung im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr aufrechtzuerhalten, wurde bei den T2-Nachrichten ein Upgrade durchgeführt. Damit wurde den jüngsten Entwicklungen bei den Marktstandards für Großbetragszahlungssysteme (d. h. HVPS Plus) Rechnung getragen. Konkret wurden folgende beachtliche Erfolge für T2S erzielt: die flächendeckende Einführung neuer Meldedienstleistungen, die Ausweitung der Funktionalitäten für die Abwicklung von Transaktionen mit Zentralverwahrern außerhalb der T2S-Plattform, die Weiterentwicklung der Cash-Management-Dienstleistungen für die teilnehmenden Banken und die Fortsetzung der Vorbereitungen für die künftige Integration neuer Endanlegermärkte. Darüber hinaus spielten die T2S-Leitungsgremien eine Schlüsselrolle bei wichtigen politischen und regulatorischen Initiativen wie der künftigen Verkürzung des Wertpapierabwicklungszyklus in der EU (auf T+1) und der Überprüfung der Vorgaben zur Abwicklungsdisziplin. Der Schwerpunkt lag dabei auf der Weiterentwicklung des Sanktionsmechanismus mit dem Ziel, dadurch die Effizienz zu steigern. Durch die Fortschritte bei der Weiterentwicklung aller TARGET-Dienste wurde der Markt deutlich effizienter.

Mehrwährungsfunktion der TARGET-Dienste weiter ausgebaut

Die Mehrwährungsfunktion der TARGET-Dienste ermöglicht die Erbringung von Abwicklungsdienstleistungen in anderen Währungen als dem Euro. Voraussetzung dafür ist ein Beschluss der jeweiligen Zentralbanken. Bis 2024 wurde diese Funktion nur in T2S zur Abwicklung von Wertpapieren in dänischer Krone verwendet. Seit Februar 2024 kommt sie auch in TIPS zum Einsatz, und zwar für die Abwicklung von Echtzeitzahlungen in schwedischer Krone. Ebenfalls Verwendung finden wird die Mehrwährungsfunktion, wenn ab April 2025 in T2 und TIPS Zahlungen in dänischer Krone abgewickelt werden.

Start des ECMS wurde auf Juni 2025 verschoben

Zusätzlich zu den drei bestehenden Abwicklungsdiensten (T2, T2S und TIPS) arbeitet das Eurosystem derzeit an der Entwicklung eines weiteren TARGET-Dienstes: Das Sicherheitenmanagementsystem des Eurosystems (Eurosystem Collateral Management System – ECMS) sollen alle Euro-Länder zur Verwaltung von Vermögenswerten nutzen können, die als Sicherheiten für Kreditgeschäfte des Eurosystems hinterlegt werden. Der Start des ECMS wurde von November 2024 auf Juni 2025 verschoben, damit die Nutzerinnen und Nutzer mehr Zeit zur Verfügung haben, um die Tests der ECMS-Funktionen in einem stabilen Umfeld abzuschließen.

Zahlungsverkehr nahm bei allen TARGET-Diensten zu

Im Jahr 2024 nahm der Zahlungsverkehr bei allen TARGET-Diensten zu. Über T2 wurden im Tagesdurchschnitt 421 875 Zahlungen abgewickelt. Dies entspricht einem Anstieg um 3,2 % gegenüber dem Vorjahr, der im Wesentlichen auf Großkundenzahlungen zurückzuführen war. Über T2S wurden im Tagesdurchschnitt 791 416 Transaktionen abgewickelt. Dabei wurde ein Anstieg von 13,1 % verzeichnet, der über alle Marktsegmente und ‑teilnehmer hinweg breit gestreut war. Der deutliche Anstieg der Zahl der TIPS-Zahlungen im Jahr 2024 war auf die weiter wachsende Zahl der TIPS-Teilnehmer sowie auf den Umstand zurückzuführen, dass seit Februar in TIPS auch Abwicklungen in einer anderen Währung als dem Euro durchgeführt werden können (siehe oben). Betrachtet man die in Euro denominierten Volumina, so stieg der Tagesdurchschnitt von 963 894 Zahlungen im Dezember 2023 auf 1 657 421 im Dezember 2024 (+72,0 %). Außerdem wurden von Februar 2024 bis zum Jahresende im Tagesdurchschnitt 2 686 745 Zahlungen in schwedischer Krone durchgeführt.

4.2 Innovation und Integration im Bereich Marktinfrastrukturen und Zahlungsverkehr

EZB-Rat billigte Politik betreffend den Zugang von Zahlungsdienstleistern außerhalb des Bankensektors zu vom Eurosystem betriebenen Zahlungssystemen und Zentralbankkonten

Am 18. Juli 2024 billigte der EZB-Rat die Politik des Eurosystems betreffend den Zugang von Zahlungsdienstleistern, die keine Banken sind (Nichtbanken-Zahlungsdienstleistern), zu sämtlichen zentralbankbetriebenen Zahlungssystemen und zu Zentralbankkonten im Euroraum.[51] Darin ist grundsätzlich vorgesehen, dass Nichtbanken-Zahlungsdienstleister Zugang zu den von den Zentralbanken des Euroraums betriebenen Zahlungssystemen erhalten sollen, sofern sie alle Anforderungen zur Risikominderung erfüllen. Für die Hinterlegung von Kundengeldern zu Sicherungszwecken bietet das Eurosystem den Nichtbanken-Zahlungsdienstleistern keinen Zugang zu Konten; das Führen eines Zentralbankkontos dient der Einzahlung von Mitteln, die zur Erfüllung von Abwicklungsverpflichtungen erforderlich sind. Um zentralbankspezifischen Bedenken hinsichtlich der Finanzstabilität und der Geldpolitik entgegenzuwirken, wird das Eurosystem für Guthaben auf Konten von Nichtbanken-Zahlungsdienstleistern eine Obergrenze festlegen. Die Politik des Eurosystems folgt auf den Erlass der Verordnung über Echtzeitzahlungen[52], mit der unter anderem die Richtlinie über die Wirksamkeit von Abrechnungen[53] geändert wurde, um Nichtbanken-Zahlungsdienstleistern die Teilnahme an bestimmten Zahlungssystemen zu ermöglichen. Das Eurosystem hat seine diesbezügliche Politik durch einen Beschluss des EZB-Rats am 27. Januar 2025[54] umgesetzt, wobei die entsprechenden Änderungen der TARGET-Leitlinie[55] im Juni 2025 erfolgen werden.

Harmonisierte Regeln für das Sicherheitenmanagement des Eurosystems

Im August 2024 veröffentlichte die EZB harmonisierte Regeln und Vereinbarungen zur Mobilisierung und Verwaltung von notenbankfähigen Sicherheiten für geldpolitische Kreditgeschäfte des Eurosystems. Damit wurde ein weiterer Schritt auf dem Weg zur Finanzmarktintegration im Euroraum und zur europäischen Kapitalmarktunion vollzogen.

Nationale Märkte machen laut AMI-SeCo langsame Fortschritte bei Einhaltung von Standards

Im Rahmen ihrer anhaltenden Unterstützung für die Schaffung einer Kapitalmarktunion überwachte die Beratungsgruppe des Eurosystems zu Marktinfrastrukturen für Wertpapiere und Sicherheiten (AMI-SeCo) weiterhin die Einhaltung der T2S-Harmonisierungsstandards, der Standards des einheitlichen Regelwerks für das Sicherheitenmanagement in Europa (SCoRE) und der europäischen Standards für Unternehmensereignisse (Corporate Events) durch die nationalen Märkte. Aus dem Corporate Events Compliance Report für 2024 und dem SCoREBOARD-Bericht für das zweite Halbjahr 2024 geht deutlich hervor, dass bei der Einhaltung der AMI-SeCo-Standards begrenzte Fortschritte beziehungsweise Verzögerungen zu verzeichnen waren. Viele der bestehenden Lücken dürften jedoch bis Juni 2025 geschlossen werden. Eine treibende Kraft für die Einhaltung der Standards ist die – nach den SCoRE-Standards verpflichtende – Verwendung eines einheitlichen Nachrichtenstandards, der zur Verbesserung der automatisierten Ausführung von Kapitalmaßnahmen und Sicherheitenmanagement-Diensten durch Dritte unerlässlich ist. Die ISO 20022 Migration Strategy Task Force der AMI-SeCo arbeitet derzeit an einer Strategie für einen flächendeckenden Umstieg des Marktes auf ISO 20022, den neuesten Nachrichtenstandard.

Das Eurosystem setzte seine Analysen zur Nutzung von DLT bei der Abwicklung von Großbetragszahlungen in Zentralbankgeld fort

Im Jahr 2024 schloss das Eurosystem seine Sondierungsarbeiten zu Tests für den Einsatz der Distributed-Ledger-Technologie (DLT) zur Abwicklung von Großbetragszahlungen in Zentralbankgeld erfolgreich ab.[56] Über einen Zeitraum von sechs Monaten wurden 58 unterschiedliche Anwendungsfälle getestet. Insgesamt wickelte das Eurosystem dabei über 200 Transaktionen im Gesamtwert von 1,59 Mrd. € ab. An den Sondierungsarbeiten beteiligten sich 64 Unternehmen und Institutionen aus neun Ländern, darunter Zentralbanken, Finanzmarktteilnehmer und DLT-Betreiber.

Die Ergebnisse werden derzeit analysiert und sollen als Grundlage für die nächsten Schritte in Bezug auf eine europäische Vision für die Zukunft einer digitalen Kapitalmarktunion dienen.[57] In der eigens eingerichteten Kontaktgruppe zu neuen Technologien für die Abwicklung von Großbetragszahlungen (New Technologies for Wholesale Settlement Contact Group) pflegte das Eurosystem im Berichtsjahr weiter den Austausch mit dem Markt.

Schließlich wurde im Januar 2024 der Dienst für Emissionen der EU (EU Issuance Service – EIS) ins Leben gerufen. Dieser Dienst wird von der Europäischen Kommission zur sicheren, effizienten und neutralen Emission und Abwicklung von EU-Schuldverschreibungen in T2S genutzt. Seit seiner Einführung wird er intensiv und erfolgreich verwendet. Bisher sind Schuldverschreibungen im Wert von über 100 Mrd. € über den Zentralverwahrer der Nationale Bank van België/Banque Nationale de Belgique unter den vom EIS gewährleisteten neutralen Bedingungen begeben worden.

4.3 Projekt digitaler Euro

Projekt digitaler Euro soll Voraussetzungen für mögliche Ausgabe eines digitalen Euro schaffen

Im November 2023 startete die EZB eine zweijährige Vorbereitungsphase für das Projekt digitaler Euro. Diese soll den Grundstein für die mögliche Ausgabe eines digitalen Euro legen. Im Jahr 2024 konnte das Eurosystem Fortschritte bei wichtigen Meilensteinen erzielen, worüber es die Öffentlichkeit regelmäßig informierte. Der erste Fortschrittsbericht zum digitalen Euro wurde im Juni veröffentlicht, der zweite Fortschrittsbericht zum digitalen Euro folgte im Dezember. Im Rahmen der Vorbereitungsphase arbeitet die EZB an einem Regelwerk für den digitalen Euro, das für die Standardisierung der Nutzung und Verwaltung des digitalen Euro im Euroraum von entscheidender Bedeutung sein wird. Im Jahr 2024 legte die für das Regelwerk zuständige Rulebook Development Group den Schwerpunkt auf zwei Hauptaufgaben: die Prüfung des ersten Entwurfs des Regelwerks und die laufende Erstellung neuer Kapitel mit der Unterstützung ihrer sieben neuen Workstreams.

Die Gestaltung eines digitalen Euro würde auf modernsten Technologien beruhen. Dadurch wäre er resistent gegen Cyber-Angriffe und würde den Bedürfnissen der Nutzerinnen und Nutzer gerecht. Im Januar eröffnete die EZB ein Interessenbekundungsverfahren für potenzielle Anbieter von Komponenten des digitalen Euro und von damit verbundenen Dienstleistungen. Dabei konnten Fortschritte bei der Auswahl erzielt werden.

Im September 2024 wurden weitere Tests und Nutzerforschungen gestartet, um Einblicke in die Nutzerpräferenzen zu gewinnen. Dabei wurden Online-Umfragen und Interviews mit Zielgruppen wie kleinen Händlern und besonders schutzbedürftigen Verbraucherinnen und Verbrauchern durchgeführt. Mit privaten und öffentlichen Interessenträgern wurden Innovationspartnerschaften ins Leben gerufen, um bedingte Zahlungen zu testen und andere innovative Anwendungsfälle zu untersuchen.

Die EZB erzielte außerdem Fortschritte bei der Entwicklung einer Offline-Funktion für den digitalen Euro. Dadurch würden auch ohne Internetverbindung Zahlungen möglich, die ein ähnliches Maß an Schutz persönlicher Daten bieten würden wie der Einsatz von Bargeld. In diesem Zusammenhang untersuchte die EZB, wie die Offline-Funktion auf Endnutzergeräten eingesetzt werden kann, wobei technologische, sicherheitstechnische und operative Aspekte berücksichtigt wurden.

Der Dialog mit Interessenträgern blieb auch 2024 eine Priorität. So kommunizierte die EZB aktiv mit der Öffentlichkeit, mit Marktteilnehmern und politischen Entscheidungsträgern. Dabei wurden unter anderem technische Sitzungen mit dem Euro Retail Payments Board (ERPB) sowie bilaterale Treffen mit Marktteilnehmern abgehalten. Um das Bewusstsein der Öffentlichkeit für das Projekt zu schärfen und die Transparenz zu verbessern, wurden mit zivilgesellschaftlichen Organisationen Seminare zum digitalen Euro durchgeführt.

Im Rahmen der Vorbereitungsphase leistete die EZB technische Beiträge zum Vorschlag für eine Verordnung zum digitalen Euro

Während des gesamten Berichtsjahrs leistete die EZB technische Beiträge zu den Diskussionen im Europäischen Parlament und im Rat der Europäischen Union über den im Juni 2023 veröffentlichten Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Verordnung zum digitalen Euro.

Darüber hinaus stand die EZB im regelmäßigen Austausch mit den EU-Gesetzgebern und den Marktteilnehmern, um aktuelle Informationen über die Projektfortschritte bereitzustellen und um Rückmeldungen zu den verschiedenen Elementen der Methodik zur Festlegung der Obergrenze für Guthaben einzuholen.[58] Diese Obergrenze würde erst festgelegt werden, wenn die Einführung des digitalen Euro bevorsteht, um sicherzustellen, dass sie den zu dieser Zeit vorherrschenden wirtschaftlichen Bedingungen Rechnung trägt. Dennoch begann die EZB im Jahr 2024, eine Methodik zu entwickeln, die monetäre und wirtschaftliche Aspekte berücksichtigt, um so die im Gesetzesentwurf festgelegten Ziele miteinander in Einklang zu bringen: Der digitale Euro soll weithin als Zahlungsmittel genutzt werden und zudem die Finanzstabilität und die geldpolitische Transmission sicherstellen. Mit Unterstützung der nationalen Zentralbanken und der nationalen zuständigen Behörden begann ein eigener Workstream unter Beteiligung von EZB-Fachleuten damit, die wichtigsten Faktoren zur Festlegung der Obergrenze für Guthaben zu ermitteln. Dies soll die Entwicklung einer kohärenten Methodik ermöglichen, die diese Faktoren berücksichtigt.

Bis Ende 2025 wird der EZB-Rat entscheiden, ob zur nächsten Phase des Projekts digitaler Euro übergegangen wird. Ob ein digitaler Euro eingeführt wird, soll erst nach der Verabschiedung des entsprechenden EU-Rechtsrahmens entschieden werden.

4.4 Das Überwachungsmandat des Eurosystems und seine Rolle als emittierendes Zentralbanksystem

Das sichere und effiziente Funktionieren der Finanzmarktinfrastrukturen und des Zahlungsverkehrs im Euroraum hat für das Eurosystem bei der Erfüllung seiner Überwachungsfunktion weiterhin Priorität. Als für die Ausgabe des Euro zuständiges Zentralbanksystem beteiligt sich das Eurosystem außerdem an Kooperationsvereinbarungen mit anderen Überwachungsorganen und Behörden, die für Finanzmarktinfrastrukturen zuständig sind, welche einen erheblichen Teil ihrer Geschäfte in Euro abwickeln.

Die laufende Überwachung systemrelevanter Infrastrukturen hatte 2024 weiterhin Priorität

Ein zentraler Schwerpunkt im Hinblick auf die Überwachung der TARGET-Dienste war die Durchführung der ersten umfassenden Bewertung nach der 2023 erfolgten Konsolidierung von T2 und T2S. Die Bewertung wird 2025 abgeschlossen werden. Besonderes Augenmerk wurde darauf gelegt, die Umsetzung der Rahmenwerke für Risikomanagement und für Cyberresilienz und Informationssicherheit des Risikomanagements der TARGET-Dienste zu überwachen. Neben der laufenden Überwachung der TARGET-Dienste und sämtlicher systemrelevanter Zahlungsverkehrssysteme (SIPS) wurden außerdem Bewertungen von SIPS außerhalb von T2 durchgeführt, und zwar von EURO1, STEP2-T und dem Mastercard Clearing Management System. Diese sollen ebenfalls 2025 abgeschlossen werden.

Im Rahmen einer Überprüfung der SIPS-Verordnung wurden neue Anforderungen festgelegt und der Begriff SIPS-Betreiber neu definiert

Zudem überprüfte das Eurosystem die EZB-Verordnung zu den Anforderungen an die Überwachung systemrelevanter Zahlungsverkehrssysteme (SIPS-Verordnung)[59] und stellte fest, dass in einigen Bereichen Anpassungen erforderlich sind. Diese Anpassungen erfolgen durch eine Neufassung der Verordnung, mit der neue Anforderungen in Bezug auf Governance, Cyberrisiken und Auslagerungen festgelegt werden. Darüber hinaus wird die Definition des Begriffs SIPS-Betreiber dahingehend geändert, dass dieser in Ausnahmefällen auch eine im Euroraum ansässige Zweigstelle einer juristischen Person mit Sitz außerhalb des Euroraums umfasst. Im Oktober 2024 wurde eine öffentliche Konsultation zur geplanten Neufassung der SIPS-Verordnung eingeleitet; die endgültige Neufassung der Verordnung wird im Lauf des Jahres 2025 veröffentlicht.

Das Eurosystem setzte seine Überwachungsaktivitäten im Hinblick auf elektronische Zahlungsinstrumente, ‑verfahren und ‑arrangements (PISA) gemäß dem PISA-Rahmen fort. Dabei schloss es die Eingliederung neu überwachter Unternehmen ab und führte umfassende Bewertungen überwachter europaweiter Verfahren und Arrangements durch. In der zweiten Jahreshälfte 2024 erfolgten im Hinblick auf die Überwachungsfunktion weitere Vorbereitungen auf die Operationalisierung der neuen Zuständigkeiten im Rahmen der Verordnung über Märkte für Kryptowerte[60].

Im Bereich Cyberresilienz hat das Eurosystem seine Cyberresilienzstrategie überarbeitet und auf alle Unternehmen ausgeweitet, die der Überwachung gemäß dem PISA-Rahmen unterliegen. Darüber hinaus befasste sich das Europäische System der Zentralbanken mit der Überarbeitung des TIBER-EU-Rahmenwerks, unter anderem mit dem Ziel der Angleichung an die technischen Regulierungsstandards zur Verordnung über die digitale operationale Resilienz im Finanzsektor (DORA)[61] für bedrohungsorientierte Penetrationstests.[62] Das überarbeitete TIBER-EU-Rahmenwerk wurde im Februar 2025 veröffentlicht.

Im Rahmen seiner Zuständigkeit für die Ausgabe des Euro leistete das Eurosystem einen Beitrag zur Arbeit der Aufsichts‑ und Abwicklungskollegien für zentrale Gegenparteien (CCPs) mit Sitz in der EU und befasste sich mit der laufenden Aufsicht der systemrelevanten zentralen Gegenparteien aus Drittländern. Im Bereich der Wertpapierabwicklung setzte das Eurosystem die regelmäßige Überprüfung und Bewertung von Zentralverwahrern gemäß Zentralverwahrerverordnung[63] weiter fort. Des Weiteren begann das Eurosystem, seine Rolle im Zulassungsverfahren für Stellen wahrzunehmen, die DLT-Marktinfrastrukturen gemäß der Verordnung über eine DLT-Pilotregelung[64] betreiben.

EZB/Eurosystem als Überwachungsinstanz in unterschiedliche internationale und europäische Workstreams eingebunden

Die EZB beteiligte sich an zahlreichen internationalen Workstreams aus einer Überwachungsperspektive, unter anderem an Workstreams zu Einschusszahlungen an CCPs, Klimarisiken und allgemeinen Geschäftsrisiken sowie zur Governance und Überwachung von verknüpften schnellen Zahlungssystemen. Im Bereich der Regulierungstätigkeit der EU leistete das Eurosystem in Zusammenarbeit mit den zuständigen europäischen Aufsichtsbehörden einen Beitrag zur Weiterentwicklung der technischen Regulierungsstandards, unter anderem zur überarbeiteten Verordnung über europäische Marktinfrastrukturen (EMIR 3)[65], zur DORA-Verordnung und zur CSDR REFIT (weitere Feinabstimmung und Präzisierung des CSDR-Rahmens). Im Rahmen der Diskussionen zu EMIR 3 beobachtete die EZB laufend die Entwicklungen in der EU-Clearinglandschaft und führte quantitative Analysen zu regulatorischen Maßnahmen wie der Anforderung bezüglich eines aktiven Kontos gemäß EMIR 3 durch. Außerdem veröffentlichten die EZB und die Europäische Bankenaufsichtsbehörde einen ersten gemeinsamen Bericht über Betrug im Zahlungsverkehr, in dem die Wirksamkeit der Anforderungen an eine starke Kundenauthentifizierung hervorgehoben wurde.

Kasten 4
Verbesserung des grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs durch Verknüpfung schneller Zahlungssysteme

Das Eurosystem zielt darauf ab, den grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr zu verbessern. Dies soll es europäischen Unternehmen und Privatpersonen erleichtern, im Ausland Zahlungen zu tätigen und entgegenzunehmen. Zahlungen über EU-Grenzen hinweg sind oft relativ langsam, teuer und komplex. Das erschwert Endnutzerinnen und Endnutzern den Empfang und Versand von Geldbeträgen und behindert den grenzüberschreitenden Handel sowie grenzüberschreitende Investitionen und Heimatüberweisungen. Die EZB und die nationalen Zentralbanken des Euroraums unterstützen den Fahrplan der G20 zur Schaffung eines schnelleren, kostengünstigeren, transparenteren und leichter zugänglichen globalen Zahlungsverkehrsystems.

Im Oktober 2024 startete der EZB-Rat Initiativen zur Verbesserung des grenzüberschreitenden und währungsübergreifenden Zahlungsverkehrs innerhalb und außerhalb der EU. Diese Initiativen lassen sich in zwei Workstreams unterteilen:

Währungsübergreifender Abwicklungsdienst in TIPS

Das Eurosystem wird im Rahmen von TIPS einen währungsübergreifenden Abwicklungsdienst umsetzen. Damit können Echtzeitzahlungen, die in einer bestimmten Währung getätigt werden, auch in einer anderen Währung und in Zentralbankgeld abgewickelt werden. Zunächst werden drei Währungen – der Euro, die schwedische Krone und die dänische Krone – an der Initiative beteiligt sein. In weiterer Folge könnten auch andere Währungen an TIPS angebunden werden. Dieser Dienst wird auf dem Verfahren One-Leg Out (OLO) Instant Credit Transfer (OCT Inst) des European Payments Council basieren.

Sondierungsarbeiten zur Verknüpfung von TIPS mit anderen schnellen Zahlungssystemen

Das Eurosystem wird weiterhin die Möglichkeit einer Verknüpfung von TIPS mit anderen schnellen Zahlungssystemen prüfen. Diese Sondierungsarbeiten umfassen drei Initiativen:

Umsetzung eines währungsübergreifenden Abwicklungsdiensts in TIPS;

Beitritt zu Project Nexus, einem multilateralen Netzwerk von Echtzeit-Zahlungssystemen unter Federführung der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich;

Schaffung einer bilateralen Verbindung zu Indiens Unified Payments Interface, dem System mit dem weltweit größten Volumen an Echtzeitzahlungen (bei Heimatüberweisungen aus dem Euroraum gehört Indien zu den zehn wichtigsten Empfängerländern).

Durch eine grenzüberschreitende Verknüpfung von schnellen Zahlungssystemen könnten die Kosten grenzüberschreitender Zahlungen, einschließlich Heimatüberweisungen, gesenkt und ihre Geschwindigkeit und Transparenz erhöht werden. Außerdem könnte dies die Risiken einer Fragmentierung der globalen Zahlungssysteme abmildern. Die Verbindung schneller Zahlungssysteme ist insofern ein effizienter Ansatz, als bestehende inländische Zahlungsverkehrsinfrastrukturen genutzt werden können. Außerdem wird dadurch eine einfachere und wettbewerbsfähigere Architektur für den grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr ermöglicht. Darüber hinaus wird die Währungshoheit gewahrt, denn die Verknüpfung verhindert, dass Währungen substituiert werden und einige wenige weltweit tätige Zahlungsdienstleister den Markt dominieren.

Gleichzeitig ist die Verknüpfung von schnellen Zahlungssystemen anspruchsvoll und erfordert die Einbeziehung verschiedener Interessenträger auf unterschiedlichen Ebenen und in mehreren Rechtssystemen. Eine technische Herausforderung liegt darin, dass in verschiedenen Rechtssystemen verschiedene Standards gelten. Weitere Herausforderungen ergeben sich aus der Schaffung geeigneter Governance‑ und Überwachungsstrukturen, die unter anderem die Einhaltung der Anforderungen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (AML/CFT) gewährleisten. Zudem sind rechtliche Aspekte zu berücksichtigen, z. B. die Beseitigung regulatorischer Diskrepanzen und die Wirksamkeit von Abrechnungen. Die Analyse und Bewertung der Vorteile und Herausforderungen ist ein wesentlicher Bestandteil der Sondierungsarbeiten des Eurosystem.

5 Marktoperationen und für andere Institutionen erbrachte Finanzdienstleistungen

Die Swap- und Repo-Linien des Eurosystems sind geldpolitische Instrumente, die an den globalen Finanzmärkten in Stressphasen zum Zweck der Stabilisierung eingesetzt werden. Euro-Liquiditätslinien mit Zentralbanken außerhalb des Euroraums dienten im Berichtsjahr erneut als Absicherung der marktbasierten Finanzierung. Darüber hinaus bot die EZB zugelassenen Geschäftspartnern im Euroraum weiterhin regelmäßig Geschäfte in US-Dollar an. Abgesichert sind diese durch unbefristete Swap-Vereinbarungen, die innerhalb eines Netzes großer Zentralbanken getroffen wurden, dem neben der EZB das Federal Reserve System, die Bank of Canada, die Bank of England, die Bank of Japan und die Schweizerische Nationalbank angehören. 2024 führte die EZB keinerlei Interventionen am Devisenmarkt durch. Wie in den Jahren zuvor war die EZB für die Verwaltung verschiedener Finanzgeschäfte im Auftrag der EU zuständig und nahm im Rahmen der Dienstleistungen des Eurosystems im Bereich der Währungsreservenverwaltung weiterhin eine koordinierende Rolle wahr.

5.1 Entwicklung der Marktoperationen

Liquiditätslinien in Euro und Fremdwährungen

Die Swap- und Repo-Linien des Eurosystems sind geldpolitische Instrumente, die dazu beitragen, dass die Wirksamkeit der geldpolitischen Transmission im Euroraum nicht durch Spannungen an den internationalen Refinanzierungsmärkten beeinträchtigt wird. In Tabelle 5.1 sind die per 31. Dezember 2024 operativen Liquiditätslinien aufgelistet.

Im Zusammenhang mit Liquiditätslinien in Fremdwährungen stellte die EZB 2024 in Abstimmung mit den anderen Zentralbanken des Swap Line Network – dem Federal Reserve System, der Bank of Canada, der Bank of England, der Bank of Japan und der Schweizerischen Nationalbank – weiterhin wöchentlich Liquidität in US-Dollar mit einer Laufzeit von sieben Tagen zur Verfügung. Die Mittelaufnahme durch Geschäftspartner im Euroraum blieb das ganze Jahr hindurch sehr begrenzt.

Tabelle 5.1

Überblick: bestehende Liquiditätslinien

Geschäftspartner außerhalb des Euroraums

Art der Vereinbarung

Wechselseitig

Obergrenze der Mittelaufnahme (in Mio. €)

Danmarks Nationalbank

Swap-Vereinbarung

nein

24 000

Sveriges Riksbank

Swap-Vereinbarung

nein

10 000

Bank of Canada

Swap-Vereinbarung

ja

unbegrenzt

People’s Bank of China

Swap-Vereinbarung

ja

45 000

Bank of Japan

Swap-Vereinbarung

ja

unbegrenzt

Schweizerische Nationalbank

Swap-Vereinbarung

ja

unbegrenzt

Bank of England

Swap-Vereinbarung

ja

unbegrenzt

Federal Reserve System

Swap-Vereinbarung

ja

unbegrenzt

Banca Naţională a României

Repo-Linie

nein

4 500

Magyar Nemzeti Bank

Repo-Linie

nein

4 000

Bank von Albanien

Repo-Linie

nein

400

Andorranische Finanzbehörde

Repo-Linie

nein

35

Nationalbank der Republik Nordmazedonien

Repo-Linie

nein

400

Zentralbank der Republik San Marino

Repo-Linie

nein

100

Zentralbank von Montenegro

Repo-Linie

nein

250

Zentralbank der Republik Kosovo

Repo-Linie

nein

100

Quelle: EZB.
Anmerkung: Dies ist eine Liste der Zentralbank-Liquiditätslinien des Eurosystems (Stand: 31. Dezember 2024).

Nach dem Inkrafttreten des neuen EZB-Rahmens für die Bereitstellung von Euro-Liquidität an Zentralbanken außerhalb des Euroraums am 16. Januar 2024 wurden sämtliche Liquiditätslinien, für die Anträge auf Verlängerung eingegangen waren, zunächst bis 31. Januar 2025 und anschließend bis 31. Januar 2027 verlängert[66]. Die Inanspruchnahme der Euro-Liquiditätslinien war 2024 beschränkt.

Berichterstattung über Devisenmarktinterventionen

Die EZB hat 2024 nicht am Devisenmarkt interveniert. Seit Einführung des Euro gab es bisher zwei Devisenmarktinterventionen durch die EZB, und zwar 2000 und 2011. Die Daten zu Devisenmarktinterventionen werden vierteljährlich mit einer zeitlichen Verzögerung von einem Quartal auf der Website und im Data Portal der EZB veröffentlicht und sind hier in Tabelle 5.2 zusammengefasst. Wenn keine Devisenmarktinterventionen während des vierteljährlichen Betrachtungszeitraums erfolgt sind, wird auch dies in der Tabelle explizit festgehalten.

Tabelle 5.2

Devisenmarktinterventionen der EZB

Zeitraum

Datum

Art der Intervention

Währungspaar

Gekaufte Währung

Bruttobetrag (in Mio. €)

Nettobetrag (in Mio. €)

Q3 2000

22.9.2000

koordiniert

EUR/USD

EUR

1 640

1 640

22.9.2000

koordiniert

EUR/JPY

EUR

1 500

1 500

Q4 2000

3.11.2000

unilateral

EUR/USD

EUR

2 890

2 890

3.11.2000

unilateral

EUR/JPY

EUR

680

680

6.11.2000

unilateral

EUR/USD

EUR

1 000

1 000

9.11.2000

unilateral

EUR/USD

EUR

1 700

1 700

9.11.2000

unilateral

EUR/JPY

EUR

800

800

Q1 2011

18.3.2011

koordiniert

EUR/JPY

EUR

700

700

2012-23

-

-

-

-

-

-

Q1 bis Q4 2024

-

-

-

-

-

-

Quelle: EZB.

Der Berichtsrahmen umfasst neben den Devisenmarktinterventionen, die die EZB unilateral oder in Abstimmung mit anderen internationalen Behörden getätigt hat, auch Interventionen an den Interventionspunkten („at the margin“) im Rahmen des Wechselkursmechanismus (WKM II).

5.2 Verwaltung von Anleihe- und Darlehensgeschäften der EU

Die EZB wickelte Zahlungen im Zusammenhang mit diversen Kreditprogrammen der EU ab

Die EZB verantwortet die Kontoverwaltung und Zahlungsabwicklung für Anleihe- und Darlehensgeschäfte, die von der EU im Rahmen der folgenden Instrumente abgeschlossen wurden: Fazilität des mittelfristigen finanziellen Beistands (MTFA)[67], Europäischer Finanzstabilisierungsmechanismus (EFSM)[68], Europäisches Instrument zur vorübergehenden Unterstützung bei der Minderung von Arbeitslosigkeitsrisiken in einer Notlage (SURE)[69], Next Generation EU (NGEU)[70], Fazilität für die Ukraine, einschließlich außerordentliche Brückenfinanzierung[71] und Makrofinanzhilfe für die Arabische Republik Ägypten[72]. Die EZB ist auch für die Verwaltung bestimmter Zahlungen im Zusammenhang mit Geschäften im Rahmen der Europäischen Finanzstabilitätsfazilität (EFSF)[73] und des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM)[74] sowie für die Abwicklung sämtlicher Zahlungen im Zusammenhang mit der Kreditrahmenvereinbarung für Griechenland[75] zuständig. Außerdem erbrachte die EZB im Berichtsjahr Zahlstellendienstleistungen für die Europäische Kommission[76].

Zum 31. Dezember 2024 beliefen sich die gesamten Außenstände im Rahmen der MTFA auf ein Nominalvolumen von 0,2 Mrd. €, im Rahmen des EFSM auf 42 Mrd. €, im Rahmen von SURE auf 98,35 Mrd. € und im Rahmen der Kreditrahmenvereinbarung für Griechenland auf 31,605 Mrd. €. Die EZB wickelte im Berichtsjahr auch Auszahlungen an und Zinszahlungen von Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit NGEU-Darlehen und -Zuschüssen ab. Hinzu kam die Zahlungsabwicklung für Kredite an die Ukraine.

5.3 Dienstleistungen des Eurosystems im Bereich der Währungsreservenverwaltung

Eine Reihe von NZBen im Eurosystem erbrachte ERMS-Finanzdienstleistungen

Seit 2005 können Kunden des Eurosystems ihre auf Euro lautenden Währungsreserven vom Eurosystem verwalten lassen, wofür auch 2024 ein breites Spektrum an Finanzdienstleistungen im Rahmen der Eurosystem Reserve Management Services (ERMS) zur Verfügung stand. Eine Reihe von nationalen Zentralbanken (NZBen) des Eurosystems bietet für außerhalb des Euroraums ansässige Zentralbanken, Währungs- und Regierungsbehörden sowie internationale Organisationen ERMS-Finanzdienstleistungen zu harmonisierten Geschäftsbedingungen gemäß marktüblichen Standards an. Die EZB nimmt eine allgemeine Koordinierungsrolle ein, überwacht den reibungslosen Betrieb der ERMS-Dienstleistungen, fördert Änderungen zur Verbesserung des ERMS-Rahmens und bereitet entsprechende Berichte an die Beschlussorgane der EZB vor.

Die Anzahl der gemeldeten ERMS-Kundenkonten lag Ende 2024 bei 287 (Ende 2023: 273). Der vom Eurosystem verwaltete ERMS-Vermögensbestand (einschließlich Barvermögen und Wertpapiere) war im vierten Quartal 2024 etwa 8 % höher als im vierten Quartal 2023.

6 Die europäische Bevölkerung bezahlt nach wie vor am häufigsten mit Bargeld

Der Bargeldumlauf stieg im Jahr 2024 leicht an. An den Verkaufsstellen ist Bargeld weiterhin das gängigste Zahlungsmittel.

Das Eurosystem setzt sich dafür ein, dass Bargeld als Zahlungsmittel auch in Zukunft verfügbar und zugänglich bleibt, akzeptiert wird und zugleich möglichst nachhaltig und umweltfreundlich ist. Die Vorbereitungen zur Entwicklung einer neuen Euro-Banknotenserie bieten die Gelegenheit, die Euro-Banknoten für alle Europäerinnen und Europäer noch ansprechender zu gestalten.

6.1 Bargeldumlauf und -bearbeitung

Der Euro-Banknotenumlauf erhöhte sich etwas und der Münzumlauf stieg weiter an

Ende 2024 waren 30,5 Milliarden Euro-Banknoten mit einem Gesamtwert von rund 1,6 Bio. € im Umlauf (siehe Abbildung 6.1). Der Euro-Banknotenumlauf erhöhte sich im Berichtsjahr mengen- und wertmäßig um 2,4 % bzw. 1,3 %.

Abbildung 6.1

Mengen- und wertmäßiger Euro-Banknotenumlauf

(linke Skala: in Bio. €; rechte Skala: Milliarden Stück)

Quelle: EZB.

Kreditinstitute erhöhten Wiederausgabe von Banknoten und erzielten dadurch Effizienzsteigerungen

Von den Kreditinstituten flossen im Jahr 2024 25,4 Milliarden Banknoten an die nationalen Zentralbanken (NZBen) des Euroraums zurück. Dies entspricht einem leichten Rückgang um 0,9 Milliarden Stück gegenüber 2023. Im Berichtsjahr betrug der Wert der bei den NZBen hinterlegten Banknoten insgesamt 856 Mrd. €, verglichen mit 890 Mrd. € im Jahr 2023. Dieser Rückgang war darauf zurückzuführen, dass die Kreditinstitute größere Mengen an Banknoten wieder in Umlauf brachten, anstatt sie an die NZBen zurückzugeben. Diese Änderung in der Banknotenbearbeitung seitens der Kreditinstitute spiegelt ihre Bemühungen um Effizienzsteigerung wider. Dies gelang beispielsweise, indem sie mehr Geldautomaten mit Bargeldeinzahlungs- und -wiederausgabefunktion installierten.

Der Anstieg der im Euroraum im Umlauf befindlichen Euro-Münzen (Nettoausgabe) entsprach dem der letzten beiden Jahre und belief sich im Berichtsjahr auf 3,0 Milliarden Stück mit einem Nominalwert von 953 Mio. €.

Die EZB ist bestrebt, den freien Zugang zu Bargeld sowie dessen Akzeptanz im Euroraum sicherzustellen, und befürwortet Regelungen zum Status von Bargeld als gesetzliches Zahlungsmittel

Die EZB begrüßt nachdrücklich die Absicht, im EU-Recht verbindliche Regelungen hinsichtlich des Status der Euro-Banknoten und -Münzen als gesetzliches Zahlungsmittel festzulegen. Die Verabschiedung einer EU-Verordnung würde den Bürgerinnen und Bürgern mehr Rechtssicherheit dafür geben, dass sie persönliche Bezahlvorgänge reibungslos mit Bargeld durchführen können. Die Kreditinstitute tragen eine gesellschaftliche Verantwortung dafür, der Bevölkerung und den Unternehmen umfassende und effiziente Bargelddienstleistungen zur Verfügung zu stellen. Im Jahr 2024 vertieften die EZB und die NZBen ihre Analysen hinsichtlich des Zugangs der Bürgerinnen und Bürger zu den von Kreditinstituten angebotenen Bargelddienstleistungen. Dabei stellten sie in bestimmten Bereichen eine weitere Verschlechterung dieser Dienstleistungen fest. Daher begrüßt die EZB auch ausdrücklich die Verankerung von Schutzbestimmungen für den Zugang der Bürgerinnen und Bürger zu Bargeld im EU-Recht.

6.2 Bargeldnutzung durch Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Unternehmen

Bargeld bleibt das am häufigsten verwendete Zahlungsmittel an der Verkaufsstelle

Von September 2023 bis Juni 2024 führte die EZB eine Studie zum Zahlungsverhalten der Verbraucherinnen und Verbraucher im Euroraum durch, um deren Zahlungsverhalten und -präferenzen sowie deren Zugang zu verschiedenen Zahlungsinstrumenten zu beurteilen. Laut dieser Studie ist Bargeld mit einem Anteil von 52 % an allen Zahlungen nach wie vor das am häufigsten verwendete Zahlungsmittel an der Verkaufsstelle. Dennoch ist der Anteil der Barzahlungen nun geringer als der Vergleichswert von 59 % im Jahr 2022. Wertmäßig entfiel ein größerer Anteil auf Kartenzahlungen (45 %) als auf Barzahlungen (39 %). Der Anteil der Online-Zahlungen an den alltäglichen Zahlungen der Verbraucherinnen und Verbraucher stieg von 17 % auf 21 %, während der Anteil der Zahlungen an Verkaufsstellen von 80 % auf 75 % zurückging. Die Studie zeigte außerdem, dass eine Mehrheit der Befragten (62 % im Jahr 2024, gegenüber 60 % im Jahr 2022) es für wichtig hält, Bargeld als Zahlungsoption zur Verfügung zu haben. Zugleich gaben die meisten Befragten (87 % im Jahr 2024, gegenüber 89 % im Jahr 2022) an, dass für sie der Zugang zu Geldautomaten oder Banken „eher einfach“ oder „sehr einfach“ sei.

Im Jahr 2024 veröffentlichte die EZB die Ergebnisse der Umfrage zur Bargeldverwendung durch Unternehmen im Euroraum, die Aufschluss über die Akzeptanz verschiedener Zahlungsinstrumente seitens der Unternehmen sowie über deren strategische Einschätzung zur Verwendung und Akzeptanz von Bargeld gaben. Der Anteil der Unternehmen, die Bargeld akzeptieren, ist laut den Umfrageergebnissen gesunken: von 96 % im Jahr 2021 auf 88 % im Jahr 2024. Besonders stark fiel der Rückgang der Bargeldakzeptanz bei Hotels, Restaurants und Cafés aus. Laut eigenen Angaben beabsichtigen 94 % der Unternehmen, die derzeit Bargeld akzeptieren, dies auch in Zukunft zu tun.

6.3 Fälschungsaufkommen und Entwicklung von Euro-Banknoten

Im Jahr 2024 lag das Fälschungsaufkommen gemessen am gesamten Euro-Banknotenumlauf auf historisch niedrigem Niveau

Im Berichtsjahr wurden rund 554 000 gefälschte Euro-Banknoten aus dem Umlauf sichergestellt. In Relation zum Gesamtumlauf an Euro-Banknoten ist dies ein historisch niedriger Anteil (siehe Abbildung 6.2). Nichtsdestotrotz ist dieser Anteil höher als die in den vergangenen Jahren verzeichneten Vergleichswerte, die pandemiebedingt außergewöhnlich niedrig ausgefallen waren. Insgesamt wurden rund 18 Fälschungen je Million im Umlauf befindlicher echter Banknoten sichergestellt. Für die Bevölkerung ist es somit wenig wahrscheinlich, dass sie mit gefälschten Euro-Banknoten in Berührung kommt.

Die meisten Fälschungen sind von geringer Qualität und weisen keine oder nur sehr laienhaft nachgeahmte Sicherheitsmerkmale auf. Die Echtheit von Euro-Banknoten lässt sich ganz einfach nach dem Prinzip „Fühlen-Sehen-Kippen“ überprüfen, das auf der EZB-Website unter Sicherheitsmerkmale sowie auf den Websites der NZBen des Euroraums vorgestellt wird.

Abbildung 6.2

Anzahl der pro Jahr identifizierten Fälschungen je Million im Umlauf befindlicher echter Euro-Banknoten

Quelle: EZB.

Vorbereitungsarbeiten für künftige Euro-Banknoten

Die EZB arbeitet derzeit an der Entwicklung einer neuen Euro-Banknotenserie. Die neuen Banknoten sollen weiterhin hochgradig fälschungssicher und zugleich möglichst umweltfreundlich sein. Der Neugestaltungsprozess steht im Einklang mit dem Bekenntnis des Eurosystems zum Bargeld. Er bietet die Gelegenheit, die Euro-Banknoten für alle Europäerinnen und Europäer ansprechender zu gestalten.

Die Öffentlichkeit wird in den gesamten Prozess zur Neugestaltung einbezogen; über die endgültigen Designs soll 2026 entschieden werden

Im Lauf des Berichtsjahrs stellte eine interdisziplinäre Beratungsgruppe aus Fachleuten verschiedener relevanter Bereiche mögliche Motive zusammen, die für die beiden ausgewählten Themen „Europäische Kultur“ und „Flüsse und Vögel“ repräsentativ sind. Am 29. Januar 2025 wählte der EZB-Rat daraus Motive zu beiden Themen aus und ernannte eine Jury, in der alle Euro-Länder vertreten sind. Diese Jury wird einen Gestaltungswettbewerb begleiten, der im weiteren Jahresverlauf eröffnet werden soll. Über die Designs der künftigen Banknoten und den Zeitplan für ihre Herstellung und Ausgabe wird die EZB voraussichtlich 2026 entscheiden. Danach werden noch einige Jahre vergehen, bis die ersten neuen Banknoten gedruckt und in Umlauf gebracht werden.

7 Statistiken

Die EZB entwickelt, erhebt, erstellt und veröffentlicht mit Unterstützung der nationalen Zentralbanken eine breite Palette von Statistiken und Daten. Diese werden als Grundlage für die Geldpolitik der EZB sowie zur Erfüllung finanzstabilitätsbezogener und sonstiger Aufgaben des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) und des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (ESRB) benötigt. Außerdem werden sie von öffentlichen Stellen, internationalen Organisationen, Finanzmarktteilnehmern, den Medien und der Bevölkerung genutzt und tragen dazu bei, die Arbeit der EZB transparenter zu machen.

Im Jahr 2024 erweiterte die EZB den Kreis der Berichtspflichtigen für die Geldmarktstatistik. Dadurch wurde der entsprechende Datensatz repräsentativer. Des Weiteren veröffentlichte die EZB eine neue Statistik zu den Finanzierungsrechnungen, und zwar detailliertere Angaben zu den von privaten Haushalten gehaltenen Investmentfondsanteilen. Auch im Bereich der vierteljährlichen außenwirtschaftlichen Statistiken zu Zweckgesellschaften werden nun neue Details veröffentlicht. Im Rahmen des Klima- und Umweltplans der EZB wurden klimabezogene statistische Indikatoren weiterentwickelt. Außerdem verfolgte die EZB weiterhin ihre Strategie, den Meldeaufwand der Banken auf Basis des integrierten Berichtsrahmens (Integrated Reporting Framework – IReF) und des Banks’ Integrated Reporting Dictionary (BIRD) zu reduzieren.

7.1 Weiterentwicklung der Euroraum-Statistiken zur Erfüllung sich wandelnder politischer Anforderungen

Kreis der Berichtspflichtigen für die Euro-Geldmarktstatistik erweitert

Durch die Erweiterung des Kreises der Berichtspflichtigen für die Geldmarktstatistik (Money Market Statistical Reporting – MMSR) wird die Qualität dieser Statistik gestärkt. Am 1. Juli 2024 wurde der bisher 45 Banken umfassende Kreis der MMSR-Berichtspflichtigen um 24 neue Banken erweitert. Somit vergrößerte sich der Stichprobenumfang in mehreren Euro-Ländern. Auch deckt die Statistik nun erstmals Luxemburg und Portugal ab.

In die Berechnung des €STR (Euro Short-Term Rate) werden die von den neuen Berichtspflichtigen gemeldeten Daten erst einfließen, sobald sichergestellt ist, dass diese Daten von ausreichend hoher Qualität sind. Durch die Erweiterung des Berichtskreises wird die Euro-Geldmarktstatistik noch repräsentativer, robuster und zuverlässiger.

Veröffentlichung einer neuen Statistik zu den Finanzierungsrechnungen

Detaillierte Daten zu den von privaten Haushalten gehaltenen Investmentfondsanteilen zeigen Engagement je Anlageklasse

Im April 2024 begann die EZB, Angaben zu den von privaten Haushalten gehaltenen Investmentfondsanteilen zu veröffentlichen. Die neuen Daten sind nach den zugrunde liegenden Vermögenswerten und den Sektoren der Geschäftspartner untergliedert. Sie liefern tiefere Einblicke in das indirekte Engagement der privaten Haushalte über Investmentfonds. Dadurch ermöglichen sie eine genauere Analyse des Geldvermögens der privaten Haushalte und ihres Engagements in verschiedenen Anlageklassen und gegenüber verschiedenen Geschäftspartnern.

Im Anschluss an eine Änderung der Leitlinie über die statistischen Berichtsanforderungen der Europäischen Zentralbank im Bereich der vierteljährlichen Finanzierungsrechnungen[77] begann die EZB, ab Oktober 2024 zusätzliche Daten zu den Finanzierungsrechnungen sonstiger Finanzinstitute (SFIs) nach Teilsektoren zu veröffentlichen. SFIs sind der zweitgrößte Finanzsektor im Euroraum nach den monetären Finanzinstituten (MFIs). Als solcher stellen SFIs in erster Linie nichtfinanziellen Unternehmen und, in geringerem Maße, auch privaten Haushalten und sonstigen Sektoren finanzielle Mittel zur Verfügung. Darüber hinaus tragen sie dazu bei, Finanzierungsmittel an die übrige Welt weiterzuleiten beziehungsweise sie von dort zurückzuführen.

Schließlich liefern neu veröffentlichte Daten zur Emission von Schuldverschreibungen nichtfinanzieller Unternehmen über Conduits zusätzliche Informationen zur marktbasierten Finanzierung nichtfinanzieller Unternehmen im Euroraum und in den einzelnen Euro-Ländern.

Neue Daten zu Zweckgesellschaften in den außenwirtschaftlichen Statistiken

Im Einklang mit der geänderten Leitlinie über die statistischen Berichtsanforderungen der Europäischen Zentralbank im Bereich der außenwirtschaftlichen Statistiken[78] veröffentlicht die EZB seit April 2024 neue Details im Bereich der außenwirtschaftlichen Statistiken zu Zweckgesellschaften. Die neuen Angaben umfassen Informationen zu den vierteljährlichen grenzüberschreitenden Transaktionen und Positionen von Zweckgesellschaften im Euroraum sowie in den einzelnen Euro-Ländern. Beginnend mit Daten zum ersten Quartal 2020 sollen sie dazu beitragen, die Rolle von Zweckgesellschaften bei den verschiedenen Komponenten der außenwirtschaftlichen Statistiken transparenter zu machen.[79]

7.2 Weiterentwicklung klimabezogener statistischer Indikatoren im Rahmen des Klima- und Umweltplans der EZB

Die EZB veröffentlicht drei umfassende Reihen klimabezogener statistischer Indikatoren:

  • Indikatoren für nachhaltige Finanzinstrumente: Sie geben einen Überblick über die Schuldtitel mit Nachhaltigkeitsmerkmalen, die von Ansässigen im Euroraum begeben bzw. gehalten werden. Sie liefern Informationen über die zur Finanzierung nachhaltiger Projekte erhobenen Mittel und über die Fortschritte beim Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft.
  • Analytische CO2-Emissionsindikatoren für Finanzinstitute: Sie liefern Informationen über die Kohlenstoffintensität der Wertpapier- und Kreditportfolios dieser Institute. So lässt sich besser beurteilen, welche Rolle der Finanzsektor bei der Finanzierung des Übergangs zu einer klimaneutralen Wirtschaft spielt und welche Risiken damit verbunden sind.
  • Analytische Indikatoren für die physischen Risiken der Portfolios von Finanzinstituten: Sie bewerten Risiken, die sich für die Wertentwicklung von Krediten, Anleihen und Aktien aus Naturkatastrophen ergeben, die durch den Klimawandel bedingt sind (etwa Überschwemmungen und Waldbrände).

Die Indikatoren wurden in enger Zusammenarbeit innerhalb des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) abgeglichen und sind Teil des umfassenderen Klima- und Umweltplans der EZB. Erstellt werden sie unter Verwendung einer Reihe von EZB/ESZB-Erhebungen sowie externer Datenerhebungen – z. B. AnaCredit, Statistiken über Wertpapierbestände, Datenregister über Institute und verbundene Unternehmen (RIAD) – und von Angaben zu Treibhausgasemissionen sowie Daten zu physischen Gefahren vom Risk Data Hub (RDH) des Wissenszentrums für Katastrophenrisikomanagement (DRMKC), von Copernicus, vom Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) und aus anderen Quellen.

Klimabezogene statistische Indikatoren zu nachhaltigen Finanzinstrumenten, CO2-Emissionen und physischen Risiken maßgeblich erweitert und aktualisiert

Im April 2024 wurden die Indikatoren aktualisiert. Jene für nachhaltige Finanzinstrumente wurden um neue Details zum Besicherungsgrad nachhaltiger Schuldverschreibungen ergänzt. Jene für CO2-Emissionen sowie physische Risiken wurden in den Bereichen Konzeptualisierung, Erfassungsgrad, Konsistenz und Granularität erheblich verbessert.[80] Im September 2024 wurden weitere Aufschlüsselungen der Indikatoren für nachhaltige Finanzinstrumente veröffentlicht. Außerdem wurde der Status des Datensatzes von „experimentelle Daten“ auf „offizielle ESZB-Statistiken“ geändert.

Mit dem Ziel, die Qualität der verfügbaren Daten und Aufschlüsselungen weiter zu verbessern, werden die Arbeiten an allen drei Datensätzen fortgesetzt. Im Rahmen der G20 Data Gaps Initiative werden auch andere Forschungsbereiche untersucht, nämlich die Messung der Anpassungsaufwendungen, Aspekte im Zusammenhang mit Versicherungsschutz und Direktinvestitionen sowie der konzeptionelle Rahmen für die Entwicklung zukunftsorientierter Indikatoren für physische Risiken und Transitionsrisiken. Zugleich werden auch Verbesserungen an internationalen statistischen Standards vorgenommen, wie etwa am System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen und am Handbuch zur Zahlungsbilanz und zum Auslandsvermögensstatus, wodurch weitere klimabezogene Untergliederungen eines breiten Spektrums an Wirtschaftsdaten ermöglicht werden. Durch all diese Schritte dürfte sich die Verfügbarkeit von Daten zu diesen Themen in den kommenden Jahren erhöhen.

7.3 Effizientere Meldung von Bankdaten

Die Strategie der EZB zur Verringerung des Meldeaufwands der Banken beruht auf drei Säulen: a) der Zusammenarbeit mit anderen europäischen und nationalen Behörden zur Harmonisierung des statistischen, aufsichtlichen und abwicklungsbezogenen Meldewesens; b) der Einbeziehung des bestehenden statistischen Meldewesens in den integrierten Berichtsrahmen (IReF) als erster Schritt zu einer umfassenderen Harmonisierung; und c) der Zusammenarbeit mit dem Bankensektor, um mithilfe des Banks’ Integrated Reporting Dictionary (BIRD) die Lücke zwischen den Datenanforderungen der Behörden auf der einen Seite und der Sprache und den Definitionen, die die Banken verwenden, auf der anderen zu schließen.

Joint Bank Reporting Committee legt gemeinsame Konzepte und Definitionen für das Meldewesen fest

Im Jahr 2024 wurde das Joint Bank Reporting Committee (JBRC) eingerichtet, an dem die EZB, die Europäische Bankenaufsichtsbehörde, die Europäische Kommission, der Einheitliche Abwicklungsausschuss und die zuständigen nationalen Behörden teilnehmen. Damit intensivierte sich 2024 die Zusammenarbeit mit anderen Behörden. Mit der Reporting Contact Group (RCG) richtete das JBRC im Berichtsjahr eine Untergruppe ein, in der Fachleute aus dem Bankensektor zusammenkommen, die über Expertise im Bereich des aufsichtlichen Meldewesens der Banken verfügen. Die RCG bietet regelmäßig Gelegenheit zur Zusammenarbeit und zum Meinungsaustausch mit den Behörden. Oberste Priorität hat für das JBRC die Entwicklung einheitlicher Konzepte und Definitionen, die bei neuen und bestehenden Meldungen verwendet werden sollen.

Ziel des IReF-Berichtsrahmens ist es, die statistischen Meldungen der Banken im Euroraum zu vereinheitlichen. Im Jahr 2024 gab die EZB bekannt, dass der Beginn der IReF-Berichterstattung für Ende 2029 geplant ist. Der neue Zeitplan berücksichtigt die Rückmeldungen des Bankensektors hinsichtlich der Notwendigkeit, eine reibungslose Umsetzung des IReF sicherzustellen.

Im Jahr 2024 konnte im Rahmen der BIRD-Zusammenarbeit, an der auch die Behörden und der Bankensektor beteiligt sind, die ersten aufsichtlichen und statistischen Berichtsrahmen harmonisiert werden. Das integrierte Datenmodell, das festlegt, wie Daten aus den internen Systemen der Banken extrahiert werden können, und die Regeln für die Umwandlung der Daten in die behördlich erforderlichen Meldungen wurden auf der BIRD-Website veröffentlicht.

Kasten 5
Verbesserte gesamtwirtschaftliche Statistiken für ein besseres Verständnis der grenzüberschreitenden Finanzverflechtungen des Euroraums

Die EZB veröffentlicht eine Reihe neuer Aufschlüsselungen der Statistiken zur Zahlungsbilanz und zum Auslandsvermögensstatus des Euroraums sowie der vierteljährlichen Sektorkonten. Mit diesen neuen Daten begegnet sie den Herausforderungen im Zusammenhang mit der Globalisierung, die in der Überprüfung der geldpolitischen Strategie der EZB von 2021 hervorgehoben wurden. Diese Herausforderungen hängen insbesondere mit der Präsenz multinationaler Unternehmen und der Ausweitung der internationalen Finanzintermediationsketten zusammen.

Im Datensatz der Zahlungsbilanz und des Auslandsvermögensstatus sind nun sektorale und geografische Daten sowie Daten zu Finanzinstrumenten in höherer Granularität verfügbar, ebenso wie separate Daten zu Zweckgesellschaften. Für die Analyse von Entwicklungen im Bereich der Wertpapieranlagen und Direktinvestitionen sind diese Daten von besonderem Nutzen. Die in den letzten Jahren verzeichneten Schwankungen der internationalen Kapitalströme des Euroraums waren in erster Linie diesen beiden Kategorien der Zahlungsbilanz und des Auslandsvermögensstatus geschuldet.[81] Verbessert wird die Analyse der Kapitalströme auch durch neue Daten zu den Teilsektoren sonstiger Finanzinstitute (SFIs), die nun in den vierteljährlichen Sektorkonten zur Verfügung stehen, sowie durch neue Daten zur Emission von Schuldverschreibungen nichtfinanzieller Unternehmen über Conduits. Das Engagement der privaten Haushalte in verschiedenen Anlageklassen wiederum lässt sich nun dadurch besser analysieren, dass in den vierteljährlichen Sektorkonten neue Detailinformationen zu den über Investmentfonds gehaltenen Beständen privater Haushalte vorliegen, aufgeschlüsselt nach der zugrunde liegenden Anlageart und dem Sektor der Geschäftspartner.

Die meisten Wertpapiere gebietsfremder Emittenten werden vom Investmentfondssektor gehalten. Dies erschließt sich aus der verbesserten sektoralen Aufschlüsselung der Zahlungsbilanz und des Auslandsvermögensstatus sowie aus den neuen Daten in den vierteljährlichen Sektorkonten zum indirekten Engagement der privaten Haushalte.[82] Anhand der detaillierteren Aufschlüsselungen nach Ländern der Geschäftspartner lässt sich nun auch die geografische Verteilung der grenzüberschreitenden Kapitalströme des Euroraums gegenüber Industrieländern und Schwellenländern besser erfassen.[83]

Die neu veröffentlichten Daten zu Zweckgesellschaften und SFIs veranschaulichen, welche Rolle diese bei den Finanzverflechtungen des Euroraums spielen. Zweckgesellschaften, die in einer bestimmten Ländergruppe von erheblicher Bedeutung sind, haben zwar nur sehr begrenzte Auswirkungen auf die realwirtschaftliche Aktivität in dem Land, in dem sie ansässig sind, weisen aber erhebliche Kapitalströme auf. Auf Zweckgesellschaften entfallen außerdem rund 30 % der Verflechtungen aus grenzüberschreitenden Direktinvestitionen im Euroraum (siehe Abbildung A).[84] SFIs wiederum stellen im Euroraum 23 % der Kredite an nichtfinanzielle Unternehmen und 8 % der Kredite an private Haushalte bereit. Rund 15 % der gesamten Emission von Schuldverschreibungen nichtfinanzieller Unternehmen erfolgte über Conduits in anderen Euro-Ländern.

Abbildung A

Analytische Aufschlüsselung der Direktinvestitionspositionen des Euroraums

(in Bio. €; Bestände am Ende des Berichtszeitraums)

Quellen: EZB und EZB-Berechnungen.
Anmerkung: Daten für 2024 beziehen sich auf Ende Juni 2024. SFIs sind Finanzinstitute, die keine Banken, Geldmarktfonds, Investmentfonds, Versicherungsgesellschaften oder Pensionseinrichtungen sind und nicht als Zweckgesellschaften eingestuft werden. „Nichtfinanzielle Unternehmen“ sind nichtfinanzielle Unternehmen mit Ausnahme jener, die als Zweckgesellschaften eingestuft werden; „übrige“ umfasst alle übrigen gebietsansässigen Sektoren.

8 Die Forschungstätigkeit der EZB

Dieser Abschnitt behandelt die geldpolitisch relevante Forschung der EZB und fasst die Forschungsarbeiten des Jahres 2024 zusammen. Zunächst wird über die Qualität der von der EZB durchgeführten Forschungen berichtet. Im Anschluss werden die fünf Hauptbereiche der Forschung und Politikberatung vorgestellt und die im Berichtsjahr erzielten Fortschritte – unter anderem bei der Erforschung der Auswirkungen der künstlichen Intelligenz – präsentiert. Kasten 6 befasst sich mit der Arbeit der Forschungsgruppe für Heterogenität in Makroökonomie und Finanzwesen (Research Task Force on Heterogeneity in Macroeconomics and Finance).

Im Jahr 2024 führten die Fachleute der EZB umfangreiche Forschungen in den Bereichen Wirtschaft, Geldpolitik und Finanzen durch und lieferten wichtige Erkenntnisse für die Politikgestaltung, einschließlich die laufende Überprüfung der geldpolitischen Strategie. Von hoher Bedeutung für die Geldpolitik waren beispielsweise abermals die Forschungsarbeiten, die sich auf die Umfrage zu den Verbrauchererwartungen und die Haushaltsbefragung zu Finanzen und Konsum stützten.

Geldpolitisch relevante Forschung der EZB weltweit anerkannt

Die EZB ist bestrebt, in den für Zentralbanktätigkeiten relevanten Bereichen führende Forschungsergebnisse zu erzielen. Seit Dezember 2024 wird die EZB im Ranking von RePEc – einer zentralen Indexierungsdatenbank für wirtschaftswissenschaftliche Forschungspublikationen – auf Platz eins unter den im Bereich der monetären Ökonomie tätigen Institutionen geführt. Auf den Plätzen zwei und drei folgen der Internationale Währungsfonds (IWF) und das Board of Governors des Federal Reserve System. Im weiter gefassten Bereich der Makroökonomie ist die EZB gegenüber 2023 um einen Platz aufgestiegen und liegt nun an zweiter Stelle hinter dem Harvard University Department of Economics und vor dem IWF. Im Bereich des Bankwesens konnte sich die EZB ebenfalls um einen Platz gegenüber dem Vorjahr verbessern und führt nun das Ranking vor der University of Chicago Booth School of Business und der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) an. Unter Zentralbanken und vergleichbaren Institutionen weltweit befindet sich die EZB auf Platz zwei – hinter dem IWF und vor dem Federal Reserve Board, der Federal Reserve Bank of New York und der BIZ. In Europa belegt die EZB den dritten Platz, unabhängig von Forschungsbereich und Institution (einschließlich Universitäten). Vor ihr rangieren die London School of Economics and Political Science und die Paris School of Economics.

Fünf Forschungsbereiche im Jahr 2024

Die im Berichtsjahr durchgeführten Forschungsprojekte lassen sich fünf größeren Themenbereichen zuordnen. Sämtliche Bereiche profitierten von Beiträgen der nationalen Zentralbanken und von Kooperationen im Rahmen der Forschungscluster des Europäischen Systems der Zentralbanken. Im ersten Bereich – Gestaltung und Umsetzung der Geldpolitik – befassten sich die Forschungsarbeiten mit der optimalen Ausgestaltung der Geldpolitik und des neuen geldpolitischen Handlungsrahmens sowie mit anderen wichtigen Themen wie mit der Funktionsfähigkeit der Märkte, mit Besicherungen und mit den Auswirkungen der Geldpolitik auf die Inflationsdynamik. Unter der Federführung des ChaMP-Forschungsnetzwerks (Challenges for Monetary Policy Transmission in a Changing World – ChaMP) wurden erhebliche Forschungsanstrengungen unternommen, um die Entwicklungen des geldpolitischen Transmissionsmechanismus besser zu verstehen. Bei den Forschungsprojekten des zweiten Bereichs – wirtschaftliche Entwicklungen im Euroraum – handelte es sich um Analysen zu Unternehmen, Produktivität und Investitionen, zum Konsum der privaten Haushalte und zu den Arbeitsmärkten sowie zu Preisen und Konjunktur. Auch neue Methoden und Techniken zur Verbesserung der Prognosegenauigkeit wurden in diesem Themenbereich entwickelt. Die Projekte im dritten Bereich – Analyse der Weltwirtschaft – beschäftigten sich mit dem internationalen Währungssystem, den globalen Finanzmärkten und dem Welthandel sowie mit globalen Übertragungseffekten, internationalen Inflationstreibern und den Aussichten für das globale Wachstum. Im vierten Bereich – Integration und Steuerung der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) – konzentrierte sich die Forschung größtenteils auf die makroökonomischen Auswirkungen der Finanzpolitik. Hierbei ging es unter anderem um die Verabschiedung des Programms „Next Generation EU“ (NGEU), die Reform des finanzpolitischen Regelwerks der EU und den Zusammenhang zwischen Finanzpolitik und Inflation sowie um die Wechselwirkungen zwischen Geld- und Finanzpolitik. Im fünften Bereich – Finanzstabilität, (makro)prudenzielle Maßnahmen und Bankenaufsicht – widmeten sich die Forschungstätigkeiten der Widerstandsfähigkeit von Banken und Nichtbanken, den Auswirkungen der Geldpolitik auf die Finanzmärkte und die Finanzstabilität sowie der Gestaltung und Bewertung aufsichtlicher Maßnahmen. Dabei konzentrierte sich die Forschung zum Thema Bankenaufsicht insbesondere auf die Wirksamkeit der Aufsicht und die Auswirkungen der Klimaregulierung auf das Verhalten der Banken. Des Weiteren wurde im Jahr 2024 die Forschung zu digitalen Zentralbankwährungen fortgesetzt. Der Schwerpunkt lag hierbei auf den Auswirkungen einer breiten Palette von Gestaltungsmerkmalen (z. B. Verzinsung, Obergrenzen für Guthaben und Datenschutz).

Forschung zu den Auswirkungen der künstlichen Intelligenz

Angesichts der rasanten Entwicklung der künstlichen Intelligenz (KI) unternahm die EZB im Berichtsjahr erhebliche Forschungsanstrengungen, um die Auswirkungen von KI auf die Wirtschaft und die Politikgestaltung besser zu verstehen. Dem Einsatz von KI-Techniken in der wirtschaftlichen Analyse, etwa bei der Wirtschaftsprognose und der Analyse der Zentralbankkommunikation, wurde dabei besondere Aufmerksamkeit zuteil. So wurde im Hinblick auf die Wirtschaftsprognose untersucht, wie sich Techniken des maschinellen Lernens bei der Erstellung von Inflationsprognosen einsetzen lassen. Diese Techniken haben das Potenzial, spezifische wirtschaftliche Dynamiken zu berücksichtigen und dadurch die Prognosegenauigkeit in turbulenten Phasen zu verbessern. In anderen Forschungsarbeiten wurden für die kurzfristige Konjunkturprognose Stimmungsindikatoren verwendet, die aus mittels Large Language Models (LLMs) erstellten Textanalysen von Nachrichtenmeldungen abgeleitet wurden.[85] Mit Blick auf die Zentralbankkommunikation wurde anhand von LLM-Textanalysen untersucht, wie sich die Erklärungen der EZB insbesondere in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit auf die Finanzmärkte auswirken. Diese Art der Forschung gibt Aufschluss darüber, wie die aus der Zentralbankkommunikation abgeleitete Stimmungslage dazu beitragen kann, die Markterwartungen zu Inflation und Zinssätzen besser zu verstehen.[86]

Neues zu den EZB-Publikationen

Die EZB hielt das hohe Niveau ihrer Forschungsleistung im Berichtszeitraum aufrecht. Im Jahr 2024 veröffentlichten EZB-Fachleute insgesamt 124 Beiträge in der Working-Paper-Reihe der EZB und 12 Beiträge zum Research Bulletin. Viele dieser Beiträge erschienen auch extern in wissenschaftlichen Fachzeitschriften.

Kasten 6
Die Forschungsgruppe für Heterogenität in Makroökonomie und Finanzwesen

Geldpolitische Instrumente, wie z. B. die EZB-Leitzinsen, wirken sich auf die Finanzmärkte aus und lassen sich nicht auf bestimmte Bevölkerungsgruppen zuschneiden. Daher wird in der geldpolitischen Analyse üblicherweise eine gesamtwirtschaftliche Perspektive gewählt. Es wird also untersucht, wie sich Zentralbankentscheidungen auf die Inflation und andere aggregierte Größen (z. B. das Einkommen und die Arbeitslosigkeit im gesamten Euroraum) auswirken, und nicht, welchen Effekt sie auf die Inflationsraten, verfügbaren Einkommen und Arbeitslosenquoten bestimmter Bevölkerungsgruppen haben. Diese herkömmliche Sichtweise hat sich in den letzten zehn Jahren geändert. Aufgrund der Finanzkrise von 2008-2009 und der Covid-19-Pandemie entstand ein neues Interesse daran, welche Verteilungseffekte sich aus konjunkturellen Schwankungen volkswirtschaftlicher Größen ergeben und wie sich diese Effekte durch Stabilisierungsmaßnahmen, unter anderem aus dem Bereich der Geldpolitik, beeinflussen lassen. Derartige Analysen sind nun möglich, weil sich die Berechnungsmethoden und zugleich auch die Rechnerleistung verbessert haben.

Im Jahr 2022 wurde eine neue Arbeitsgruppe, die Research Task Force on Heterogeneity in Macroeconomics and Finance, eingerichtet, die sich mit den gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen der Heterogenität der Wirtschaftsakteure im Euroraum befassen sollte. So analysierte sie zum einen die Verteilungseffekte von Zentralbankmaßnahmen auf die privaten Haushalte. Zum anderen sollte sie näher untersuchen, wie das Verhalten verschiedener privater Haushalte und Unternehmen zusammenwirkt und den geldpolitischen Transmissionsmechanismus insgesamt beeinflusst und so möglicherweise zu anderen ökonomischen Auswirkungen führt als die, die in der herkömmlichen, aggregierten Sichtweise angenommen wurden.

Im Hinblick auf die Verteilungseffekte der Geldpolitik ging die Forschungsgruppe in ihrer Analyse von der Annahme aus, dass die verschiedenen geldpolitischen Instrumente – von den Leitzinsen der EZB bis hin zu umfangreichen Wertpapierankäufen – über unterschiedliche Transmissionskanäle wirken können. Ihre Effekte auf die privaten Haushalte im Euroraum können daher je nach deren Einkommensquellen und Vermögensbeständen variieren. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass hier durchaus Unterschiede bestehen, diese sich jedoch in Grenzen halten. Auch die Heterogenität der Kosten des in den Jahren 2021-2023 verzeichneten Inflationsschubs wurde näher untersucht. Ärmere Haushalte litten am stärksten darunter, dass die Kaufkraft ihres Einkommens zurückging. Indes zeigt eine Betrachtung nach Vermögensbeständen, dass Rentnerinnen und Rentner besonders hohe Wohlfahrtsverluste verzeichneten, da der Realwert ihrer relativ umfangreichen Bestände an nominalen Vermögenswerten zurückging. All diese Analysen waren möglich, weil entsprechende Umfragedaten zu den privaten Haushalten aus der Haushaltsbefragung des Eurosystems zu Finanzen und Konsum (HFCS) zur Verfügung stehen.

Unter normalen Umständen liefert die Berücksichtigung der Heterogenität ein durchaus differenzierteres Bild des geldpolitischen Transmissionsmechanismus, beeinflusst jedoch nicht die Schätzung seiner aggregierten Wirkung im Vergleich zur herkömmlichen gesamtwirtschaftlichen Perspektive. In bestimmten Situationen allerdings, etwa wenn große Schocks zu erheblichen Veränderungen in der Vermögensverteilung führen, ist die Heterogenität der Schlüssel zu einem realistischen Verständnis der Folgen geldpolitischer Entscheidungen. Jüngste Erkenntnisse deuten darauf hin, dass die Heterogenität im Unternehmenssektor in dieser Hinsicht eine besonders wichtige Rolle spielen könnte. Empirisch realistische Modelle, die wesentliche Merkmale der Heterogenität der privaten Haushalte und Unternehmen nachbilden können, sind daher eine sinnvolle Ergänzung zu den bisher verfügbaren geldpolitischen Modellen.

Die Forschungsgruppe untersuchte außerdem die Auswirkungen makroprudenzieller Maßnahmen. Bei Maßnahmen wie der Darlehensvolumen-Einkommen-Relation (loan-to-income – LTI) bei Hypothekarkrediten an private Haushalte beispielsweise ist die Berücksichtigung der Heterogenität der privaten Haushalte für das Verständnis der Auswirkungen politischer Maßnahmen sogar noch wichtiger, da diese Maßnahmen naturgemäß nur bestimmte Kategorien von Haushalten betreffen.

9 Rechtliche Aktivitäten und Verpflichtungen

Dieses Kapitel setzt sich mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) in Sachen EZB auseinander. Es befasst sich mit Stellungnahmen der EZB und Verstößen gegen die Verpflichtung zur Anhörung der EZB zu Entwürfen für Rechtsakte, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen. Ferner wird über die von der EZB durchgeführte Überwachung der Einhaltung des Verbots der monetären Finanzierung und des Verbots des bevorrechtigten Zugangs berichtet.

9.1 Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union in Sachen EZB

Das Gericht bestätigte, dass die EZB ihre Aufsichtsbefugnisse im öffentlichen Interesse ausübt, nämlich, um das reibungslose Funktionieren und die Stabilität der Märkte zu gewährleisten

Im Juni 2024 wies das Gericht eine Schadenersatzklage der Aktionäre der Banca Carige gegen die EZB ab (Rechtssache T-134/21, Malacalza Investimenti und Malacalza/EZB), in der diese den Ersatz eines Schadens forderten, der ihnen durch das Verhalten der EZB im Zusammenhang mit der Ausübung ihrer Aufsichtsfunktion über die Banca Carige zwischen 2014 und 2019 entstanden sein sollte. In seinem Urteil stellte das Gericht insbesondere fest, dass die EZB ihre Aufsichtsbefugnisse ausübt, um ein im öffentlichen Interesse liegendes Ziel zu verfolgen, nämlich die Gewährleistung des reibungslosen Funktionierens und der Stabilität der Märkte. Die außervertragliche Haftung der EZB für Handlungen und Unterlassungen im Zusammenhang mit der Ausübung von Aufsichtsbefugnissen ist daher begrenzt, da hierfür ein Verstoß gegen eine Rechtsnorm erforderlich wäre, die dem Einzelnen Rechte verleiht. Gleichzeitig erkannte das Gericht im Einklang mit der bestehenden Rechtsprechung an, dass ein Verstoß gegen allgemeine Rechtsgrundsätze, wie etwa gegen den Grundsatz der guten Verwaltung, potenziell eine außervertragliche Haftung auslösen kann. Im vorliegenden Fall stellte das Gericht jedoch keinen Verstoß fest. Die Rechtssache bot dem EuGH erstmals die Gelegenheit, den Nutzen einer Schadenersatzklage in Bezug auf Aufsichtsmaßnahmen der EZB zu prüfen. Gegen das Urteil des Gerichts wurde ein Rechtsmittel eingelegt (Rechtssache C-557/24 P, Malacalza Investimenti und Malacalza/EZB).

Das Gericht bestätigte, dass die EZB die Säule-2-Bestimmungen ordnungsgemäß angewendet hat

Im Juni 2024 wies das Gericht sieben Klagen von beaufsichtigten Banken[87] ab, in denen beantragt wurde, das Abzugserfordernis und die damit verbundene Meldepflicht für nichtig zu erklären, die im Zusammenhang mit den unwiderruflichen Zahlungsverpflichtungen gegenüber den nationalen Einlagensicherungssystemen sowie dem Einheitlichen Abwicklungsfonds (SRF) im Rahmen der im Voraus erhobenen Beiträge vorgeschrieben wurden. Die EZB hatte diese Maßnahmen im Rahmen der Säule-2-Bestimmungen vorgeschrieben, um das Risiko einer Überbewertung der Kapitalausstattung der Banken abzudecken. Dieses Risiko ergab sich aus der Nichtberücksichtigung der wirtschaftlichen Verluste, die entstehen, weil die zur Besicherung der unwiderruflichen Zahlungsverpflichtungen übertragenen Sicherheiten im Weiteren nicht mehr zur laufenden Deckung von Verlusten verwendet werden können. Die Vorschreibung dieser Maßnahmen seitens der EZB erfolgte im Einklang mit einer neuen Methode, die die Urteile des Gerichts aus dem Jahr 2020 berücksichtigen sollte. Damals hatte das Gericht EZB-Beschlüsse zu gleichartigen Maßnahmen für nichtig erklärt, da Einzelfallbewertungen dazu fehlten, wie das ermittelte Risiko durch die von den Banken umgesetzten Vorkehrungen gesteuert wurde und durch ihre Kapital- und Liquiditätsausstattung abgesichert war. Die neuen EZB-Beschlüsse wurden somit auf einer verbesserten Grundlage verabschiedet, die der durchgeführten individuellen Beurteilung stärker Rechnung tragen sollte. In den erwähnten sieben Urteilen aus dem Jahr 2024 bestätigte das Gericht die gegenständlichen EZB-Beschlüsse. Es befand ferner, dass die EZB bei der Beurteilung, ob die Banken einem nicht ausreichend abgesicherten Risiko ausgesetzt waren, sowie bei der Vorschreibung der Maßnahme zur Risikoabsicherung Artikel 16 der SSM-Verordnung[88] korrekt angewendet hat. Vier der sieben Banken haben gegen ihre jeweiligen Urteile Rechtsmittel eingelegt; diese sind derzeit beim EuGH anhängig.

Der Gerichtshof legte erstmals Bestimmungen einer EZB-Verordnung aus, die statistische Berichtspflichten für finanzielle Unternehmen anordnete

Im November 2024 erließ der EuGH (Fünfte Kammer) sein Urteil zu einem vom Bundesverwaltungsgericht (Deutschland) eingereichten Vorabentscheidungsersuchen (verbundene Rechtssachen C-758/22 und C-759/22). Im betrachteten Fall wollte das vorlegende Gericht klären, ob mehrere berufsständische Versorgungseinrichtungen in Deutschland Altersvorsorgeeinrichtungen im Sinne der Verordnung (EU) 2018/231 der Europäischen Zentralbank vom 26. Januar 2018 über die statistischen Berichtspflichten der Altersvorsorgeeinrichtungen sind und somit den statistischen Berichtspflichten der EZB unterliegen. Die Klägerinnen machten geltend, dass sie als Sozialversicherungen einzuordnen seien und daher nicht den Berichtspflichten der EZB unterlägen. Der Gerichtshof befand, dass die Klägerinnen dem Sektor der Altersvorsorgeeinrichtungen zugeordnet werden könnten, da ihre Tätigkeiten vier dafür erforderliche Einstufungskriterien erfüllten. Zusammenfassend wurde Folgendes festgestellt: a) ihre Funktion bestehe darin, Leistungen bei Ruhestand, Tod und Erwerbsunfähigkeit anzubieten; b) sie seien selbstverwaltet und verfügten über eine vollständige Rechnungsführung; c) die überwiegende Mehrheit ihrer Mitglieder sei zur Mitgliedschaft verpflichtet, wobei die Versorgungseinrichtungen grundsätzlich nicht berechtigt seien, ihre Dienstleistungen an andere Personen zu erbringen; d) die Leistungen seien nicht staatlich garantiert und hingen von der Höhe der entrichteten Beiträge und vom Erfolg der Versorgungseinrichtungen bei der Vermögensverwaltung ab. Der vorliegende Fall ist erheblich, denn er bestätigt das Recht der EZB, statistische Daten über die Finanzaktivitäten der Klägerinnen in deren Eigenschaft als Altersvorsorgeeinrichtungen zu erheben. Da Altersvorsorgeeinrichtungen für die Wirtschaft des Euroraums eine wichtige Rolle spielen, sind diese Daten erforderlich, um die Aufgaben des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB), insbesondere im Bereich der Geldpolitik, erfüllen zu können.

9.2 Stellungnahmen der EZB und Verstöße gegen die Konsultationspflicht

Gemäß Artikel 127 Absatz 4 und Artikel 282 Absatz 5 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union ist die EZB zu allen Vorschlägen für EU-Rechtsakte und Entwürfen für nationale Rechtsvorschriften zu hören, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen. Sämtliche Stellungnahmen der EZB werden auf EUR-Lex veröffentlicht.

Neun Verstöße gegen die Verpflichtung zur Anhörung der EZB zu Entwürfen für Rechtsvorschriften

Im Berichtsjahr wurden neun eindeutige und erhebliche Fälle von Verstößen gegen die Verpflichtung zur Anhörung der EZB zu Entwürfen für Rechtsakte verzeichnet. Fünf davon betrafen EU-Rechtsakte und vier betrafen nationales Recht. In sieben Fällen verabschiedete die EZB Stellungnahmen auf eigene Initiative. In zwei Fällen wurde ein Schreiben wegen Nichteinhaltung der Konsultationspflicht ausgestellt.

Der erste Fall zum Unionsrecht betraf einen Vorschlag der EU für eine Richtlinie über alternative Investmentfonds (AIF). Der Fall wurde als eindeutig und erheblich erachtet, denn er betrifft den Zugriff des ESZB zu detaillierten Daten des AIF-Sektors sowie die für diesen Sektor geltenden statistischen Anforderungen der EZB. Der zweite Fall zum Unionsrecht bezog sich auf die Verordnung zur Errichtung der Behörde zur Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (AMLA). Der Fall wurde als eindeutig und erheblich erachtet, da die Verordnung Bestimmungen über die Zusammenarbeit zwischen der AMLA und der EZB enthält. Der dritte Fall zum Unionsrecht betraf die Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden. Der Fall wurde als eindeutig und erheblich erachtet, weil die EZB Zugriff auf die Ausweise über die Gesamtenergieeffizienz benötigt. Der vierte Fall zum Unionsrecht bezog sich auf die Richtlinie über die Sorgfaltspflicht von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit. Der Fall wurde als eindeutig und erheblich erachtet, denn er ist für das Risikomanagement der Banken in den ESG-Bereichen relevant und betrifft die Notwendigkeit, die Koordinierung und den Informationsaustausch zwischen allen beteiligten Behörden sicherzustellen.[89] Der fünfte Fall zum Unionsrecht betraf die Verordnung über die Transparenz und Integrität von Rating-Tätigkeiten in den Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG). Der Fall wurde als eindeutig und erheblich erachtet, denn er betrifft die unabhängige Beurteilung des Eurosystems bezüglich seiner Sicherheitenanforderungen.

Der erste Fall zu nationalem Recht bezog sich auf bulgarische Gesetze, die Auswirkungen auf die Българска народна банка (Bulgarische Nationalbank) haben. Der Fall wurde als eindeutig und erheblich erachtet, da die befristete Bestellung des Präsidenten bzw. der Vizepräsidenten der bulgarischen Zentralbank zum kommissarischen Ministerpräsidenten wichtige Fragen im Zusammenhang mit der Unabhängigkeit der bulgarischen Zentralbank aufwirft. Der zweite Fall zu nationalem Recht betraf ein griechisches Gesetz, mit dem die verbleibenden staatlichen Anteile an griechischen Banken auf eine andere öffentliche Einrichtung übertragen werden. Der Fall wurde als eindeutig und erheblich erachtet, denn das Gesetz hat Auswirkungen auf griechische Kreditinstitute, die der direkten Aufsicht der EZB unterliegen. Der dritte Fall zu nationalem Recht bezog sich auf ein ungarisches Gesetz, durch das der Geltungsbereich des Gesetzes zur Cybersicherheit auf die Magyar Nemzeti Bank ausgeweitet wurde. Der Fall wurde als eindeutig und erheblich erachtet, da er Auswirkungen auf die Unabhängigkeit der Magyar Nemzeti Bank hat. Der vierte Fall zu nationalem Recht betraf maltesische Rechtsvorschriften zur Vergütung des Präsidenten und der Vizepräsidenten der Bank Ċentrali ta’ Malta/Central Bank of Malta. Der Fall wurde als eindeutig und erheblich erachtet, da er Auswirkungen auf die Unabhängigkeit der maltesischen Zentralbank hat.

Vier Stellungnahmen der EZB zu Vorschlägen für EU-Rechtsakte

Im Berichtsjahr verabschiedete die EZB vier Stellungnahmen zu Vorschlägen für EU-Rechtsakte. Sie bezogen sich auf a) Zahlungs- und E-Geld-Dienste, b) Währungsvereinbarungen mit Drittländern, die den Euro verwenden, c) Berichtspflichten in den Bereichen Finanzdienstleistungen und Investitionsunterstützung und d) einen Rahmen für den Zugang zu Finanzdaten.

38 Stellungnahmen der EZB zu Entwürfen für nationale Rechtsvorschriften

Im Berichtsjahr verabschiedete die EZB 38 Stellungnahmen zu Entwürfen für nationale Rechtsvorschriften. Stellungnahmen zu nationalen Rechtsvorschriften betreffen häufig mehr als ein Thema. Die EZB verabschiedete:
– 10 Stellungnahmen zum Zugang zu Bargeld
– 6 Stellungnahmen zu nationalen Zentralbanken (NZBen)
– 5 Stellungnahmen zu den Internationalen Währungsfonds betreffenden Angelegenheiten
– 4 Stellungnahmen zu Sondersteuern für Banken oder Finanztransaktionssteuern
– 2 Stellungnahmen zur Cybersicherheit
– 2 Stellungnahmen zu internationalen Sanktionen
– 1 Stellungnahme zur Einführung des Euro
– 1 Stellungnahme zur Überwachung von Zahlungsverkehrssystemen
– 1 Stellungnahme zur Mindestreservepflicht
– 1 Stellungnahme zu Kryptowerten
– 1 Stellungnahme zur Unterstützung von Kreditnehmerinnen und Kreditnehmern
– 1 Stellungnahme zur Abwicklung zentraler Gegenparteien (CCPs)
– 1 Stellungnahme zur Anwendung der Registrierungspflicht für Lobbying-Aktivitäten im Falle von Amtsträgerinnen und Amtsträgern einer NZB
– 1 Stellungnahme zur Bereitstellung von Notfall-Liquiditätshilfen durch eine NZB
– 1 Stellungnahme zur Meldung der Zahlungsverkehrsstatistik
– 1 Stellungnahme zu einem nationalen Finanzstabilitätsrat

9.3 Einhaltung des Verbots der monetären Finanzierung und des bevorrechtigten Zugangs

Verbote gemäß Artikel 123 und 124 AEUV grundsätzlich eingehalten

Gemäß Artikel 271 Buchstabe d des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ist die EZB mit der Aufgabe betraut, die Einhaltung der in Artikel 123 und 124 des AEUV sowie in den Verordnungen (EG) Nr. 3603/93 und 3604/93 des Rates festgelegten Verbote durch die nationalen Zentralbanken (NZBen) der EU-Mitgliedstaaten zu überwachen. Nach Artikel 123 ist es der EZB und den NZBen untersagt, Regierungsstellen sowie Organen bzw. Einrichtungen der EU Überziehungs- oder andere Kreditfazilitäten einzuräumen oder von solchen Institutionen begebene Schuldtitel am Primärmarkt zu erwerben. Gemäß Artikel 124 sind Maßnahmen, die nicht aus aufsichtsrechtlichen Gründen getroffen werden und die Regierungsstellen sowie Organen bzw. Einrichtungen der EU einen bevorrechtigten Zugang zu Finanzinstituten verschaffen, verboten. Über die Einhaltung dieser Bestimmungen durch die Mitgliedstaaten wacht neben dem EZB-Rat auch die Europäische Kommission.

Die EZB überwacht ferner die durch die NZBen der EU-Mitgliedstaaten am Sekundärmarkt getätigten Käufe von Schuldtiteln des öffentlichen Sektors – also Käufe inländischer Staatspapiere sowie Käufe von Schuldtiteln, die von anderen Mitgliedstaaten oder von Organen bzw. Einrichtungen der EU begeben wurden. Laut den Erwägungsgründen der Verordnung (EG) Nr. 3603/93 des Rates darf das mit Artikel 123 AEUV verfolgte Ziel nicht durch den Erwerb von Schuldtiteln des öffentlichen Sektors auf dem Sekundärmarkt umgangen werden.

Die für 2024 von der EZB durchgeführten Prüfungen bestätigen, dass die Bestimmungen der Artikel 123 und 124 AEUV grundsätzlich eingehalten wurden.

Die EZB wird weiterhin die Beteiligung der Magyar Nemzeti Bank an der Budapester Börse überwachen, da die 2015 begründete Mehrheitsbeteiligung der ungarischen Zentralbank an der Budapester Börse nach wie vor Anlass zu Bedenken hinsichtlich der monetären Finanzierung geben könnte.

Die Finanzierung von Verpflichtungen des öffentlichen Sektors gegenüber dem Internationalen Währungsfonds (IWF) durch NZBen ist nicht als monetäre Finanzierung anzusehen, sofern daraus Forderungen an das Ausland erwachsen, die alle Merkmale eines Reserveinstruments aufweisen. Allerdings führten Schenkungen, wie sie die Nationale Bank van België/Banque Nationale de Belgique und die Banque de France hoch verschuldeten armen Ländern im Wege eines Schuldenerlasses über den IWF in vergangenen Jahren zur Verfügung stellten, nicht zu Forderungen an das Ausland, sodass weiterhin Korrekturmaßnahmen erforderlich sind.

Die Finanzierung der spanischen zentralen Geldwäsche-Meldestelle Sepblac (Servicio Ejecutivo de la Comisión de Prevención del Blanqueo de Capitales e Infracciones Monetarias) durch die Banco de España ist nicht mit dem in Artikel 123 verankerten Verbot der monetären Finanzierung vereinbar, da Sepblac eine öffentliche Stelle ist. Die Vereinbarungen betreffend Sepblac sind also dahingehend zu überdenken, dass die Einhaltung des Verbots künftig gewährleistet ist.

10 Die EZB im europäischen und internationalen Kontext

Die EZB setzte ihren offenen Dialog mit europäischen und internationalen Partnern 2024 fort. Bei der Erfüllung ihrer Rechenschaftspflicht ist der Austausch mit dem Europäischen Parlament für die EZB von zentraler Bedeutung. Wie gewohnt erfolgte dieser im Rahmen regelmäßiger Anhörungen und Korrespondenz mit dem Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments (ECON). Auch im Zuge der laufenden Arbeiten an einem digitalen Euro stand die EZB im Austausch mit dem ECON. Auf internationaler Ebene arbeitete die EZB mit den G20-Partnern zusammen. Dabei betonte sie die Notwendigkeit, die Widerstandsfähigkeit des Bankensektors und auch des Nichtbankenfinanzsektors zu stärken, und die Umsetzung der vereinbarten G20-Fahrpläne und von Basel III voranzutreiben. Zudem beteiligte sich die EZB an zentralbankrelevanten politischen Diskussionen beim Internationalen Währungsfonds (IWF), unter anderem zur Kreditvergabepolitik und zu Kreditfazilitäten des IWF für Schwellenländer und einkommensschwache Länder.

10.1 Die Rechenschaftspflicht der EZB

Unabhängigkeit ist an Rechenschaftspflicht gebunden

Der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) räumt der EZB Unabhängigkeit ein, um sicherzustellen, dass sie ihr Preisstabilitätsmandat frei von politischer Einflussnahme erfüllen kann. Diese Unabhängigkeit geht für die EZB mit der Verpflichtung einher, ihre Handlungen gegenüber dem Europäischen Parlament als der gewählten Vertretung der Bürgerinnen und Bürger der EU zu verantworten. Die auf Artikel 284 Absatz 3 AEUV beruhende Rechenschaftspraxis der EZB ermöglicht einen wechselseitigen Dialog zwischen der EZB und dem Europäischen Parlament. Dadurch kann die EZB ihre Politik und ihre Entscheidungen erläutern und die Anliegen der gewählten Vertretung der Bevölkerung anhören. Darüber hinaus ergänzt die gerichtliche Kontrolle durch den Gerichtshof der Europäischen Union den Rahmen für die Rechenschaftspflicht der EZB.

EZB setzte ihre Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament fort und baute Beziehungen zur neu gewählten Vertretung auf

Im Juni 2024 wählten die Bürgerinnen und Bürger der EU ein neues Europäisches Parlament, wobei der Zeitraum von Ende April bis Anfang Juli sitzungsfrei war. Infolgedessen trat die EZB-Präsidentin in drei regelmäßigen Anhörungen vor den ECON-Ausschuss – einmal im Februar mit dem scheidenden Ausschuss und zweimal im zweiten Halbjahr mit den neu gewählten Mitgliedern. Die Präsidentin nahm auch an der Plenardebatte zum EZB-Jahresbericht 2022 teil. Diese Aktivitäten erleichterten den Meinungsaustausch über wichtige geldpolitische Entscheidungen und andere Zentralbankthemen. Im April präsentierte der Vizepräsident außerdem den EZB-Jahresbericht 2023 im ECON-Ausschuss. Des Weiteren veröffentlichte die EZB ihr Feedback zur Entschließung des Europäischen Parlaments zum Jahresbericht 2022 im April.

Im Lauf des Berichtsjahrs beantwortete die EZB zwölf schriftliche Anfragen von Mitgliedern des Europäischen Parlaments. Es handelte sich um Fragen zu Themen wie Geldpolitik, Konjunkturaussichten, digitaler Euro und institutionelle Angelegenheiten der EZB. Nach der Parlamentswahl fand im September eine Sitzung zur EZB statt, um die parlamentarischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über die Tätigkeiten sowie die Rechenschaftspflicht der EZB zu informieren. Im November 2024 nahm eine Delegation des ECON-Ausschusses am jährlichen Besuch bei der EZB in Frankfurt teil, darunter auch mehrere neue Mitglieder des Europäischen Parlaments.

Dialog zum digitalen Euro fortgesetzt

In enger Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament befasste sich die EZB 2024 weiter mit der Vorbereitung des digitalen Euro. EZB-Direktoriumsmitglied Piero Cipollone berichtete in zwei Anhörungen vor dem ECON-Ausschuss über Fortschritte beim digitalen Euro[90]. Darüber hinaus wurden die Vorsitzende des ECON-Ausschusses und die Ausschussmitglieder durch Mitteilungen über alle wichtigen Entwicklungen bezüglich des digitalen Euro auf dem Laufenden gehalten. Die EZB nahm auch an Veranstaltungen von Parlamentsmitgliedern teil, um verschiedene Dimensionen des Projekts zum digitalen Euro zu adressieren.

Zustimmung zum Euro erreichte 2024 Höchstwert

Laut Standard-Eurobarometer vom Herbst 2024 war die Zustimmung zur gemeinsamen Währung unter den Befragten im Euroraum mit 81 % größer denn je. 51 % der Befragten im Euroraum gaben zudem an, Vertrauen in die EZB zu haben. Dies ist der höchste Stand seit Herbst 2009 sowie ein Anstieg um 8 Prozentpunkte gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum. Die EZB setzt sich weiter für einen konstruktiven Austausch mit dem Europäischen Parlament und den Bürgerinnen und Bürgern im Euroraum ein. Um das Vertrauen zu stärken und ihre Rechenschaftspflicht wirksam zu erfüllen, erklärt die EZB ihre Entscheidungen, geht auf Anliegen der Öffentlichkeit ein und pflegt den offenen Dialog.

10.2 Internationale Beziehungen

G20

Brasilianischer G20-Vorsitz förderte multilaterale Zusammenarbeit trotz erheblicher geopolitischer Spannungen

Im Jahr 2024 führte Brasilien den Vorsitz über die G20. Obwohl der Inflationsdruck in dieser Zeit zurückging und sich die Weltwirtschaft widerstandsfähig zeigte, bestanden auf globaler Ebene weiterhin erhebliche Herausforderungen im Zusammenhang mit Russlands Krieg gegen die Ukraine und den eskalierenden Konflikten im Nahen Osten. Trotz geopolitischer Spannungen trieb der brasilianische G20-Vorsitz die multilaterale Zusammenarbeit voran. So konnte bei den Treffen der Finanzministerinnen und -minister und Zentralbankpräsidentinnen und -präsidenten der G20 im Juli und Oktober eine Einigung zu den Kommuniqués erzielt werden. Beim Gipfeltreffen in Rio de Janeiro im November verständigten sich die G20 zudem auf eine gemeinsame Abschlusserklärung. Schwerpunktthemen waren: Ungleichheit, Klimawandel, nachhaltige Entwicklung, Verbesserung der Rolle multilateraler Entwicklungsbanken, Finanzstabilität und internationale Zusammenarbeit in Steuerfragen. Ein G20-Fahrplan für bessere, größere und effektivere multilaterale Entwicklungsbanken wurde verabschiedet. Die EZB begrüßte, dass der brasilianische Vorsitz die Rolle des Financial Stability Board (FSB) bei der Regulierung des Bankensektors und des Nichtbankenfinanzsektors würdigte. Betont wurde dabei die Notwendigkeit der Umsetzung a) des G20-Fahrplans und der FSB-Empfehlungen zu Kryptowerten, b) des G20-Fahrplans zum grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr, c) der Basel-III-Standards und d) der FSB-Empfehlungen zu Finanzintermediären aus dem Nichtbankensektor. Außerdem unterstrich die EZB die Bedeutung der Regulierung im Bereich innovativer Technologien wie künstlicher Intelligenz und Tokenisierung, deren vorteilhafter Einsatz auf robusten Regelungsrahmen basieren muss.

IWF und internationale Finanzarchitektur

Die EZB beteiligte sich im Berichtsjahr an den Diskussionen des IWF zur weiteren Unterstützung von Schwellenländern und einkommensschwachen Ländern

Auch im Berichtsjahr gestaltete die EZB den im Internationalen Währungsfonds (IWF)[91] und anderen Foren geführten Diskurs zum internationalen Währungs- und Finanzsystem aktiv mit. 2024 unternahm der IWF wichtige Schritte zur weiteren Unterstützung von Schwellenländern und einkommensschwachen Ländern.

Im Oktober nahm der IWF ein neues, 25. Mitglied in sein Exekutivdirektorium auf. Gemeinsam mit zwei weiteren Mitgliedern vertritt es die Region Subsahara-Afrika und stärkt deren Stimme und Repräsentation. Der IWF reformierte zudem seine Grundsätze für Gebühren und Aufschläge (Charges and Surcharge Policy), um die Kreditkosten für ärmere Mitgliedstaaten erheblich zu senken und gleichzeitig seine Finanzierungskapazität zu erhalten. Im Zusammenhang mit einkommensschwachen Ländern stellte der IWF die Weichen zur Schaffung einer nachhaltigen Grundlage für den Treuhandfonds für Armutsbekämpfung und Wachstum (Poverty Reduction and Growth Trust – PRGT). Dazu gehörte auch die Einigung auf ein mehrjähriges Reform- und Mittelbereitstellungspaket, das es dem IWF ermöglichen soll, weiterhin Kredite zu Vorzugsbedingungen zu vergeben. Ferner hat der IWF eine erste Zwischenprüfung des Treuhandfonds für Widerstandsfähigkeit und Nachhaltigkeit (Resilience and Sustainability Trust – RST) durchgeführt. Dieser hilft einkommensschwachen Ländern und vulnerablen Ländern mit mittleren Einkommen, ihre makroökonomische Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel und künftigen Pandemien zu stärken. Somit fördert der RST die künftige Zahlungsbilanzstabilität. Die EU-Mitgliedstaaten und ihre Zentralbanken leisten maßgebliche Beiträge zum PRGT und RST. Die Beitragszahlungen der EU-Zentralbanken können nur bereitgestellt werden, wenn die Ansprüche an den Fonds den Status einer Währungsreserve haben. Dies schließt Subventionsbeiträge in Form von Zuschüssen oder Spenden aus. Im Berichtsjahr unterstützte die EZB auch weiterhin internationale Initiativen, die darauf abzielen, vulnerablen Ländern beim Umgang mit steigenden Schulden und daraus resultierenden Risiken zu helfen. Darunter fielen insbesondere die Initiative zur Verbesserung des gemeinsamen Rahmens der G20 für Umschuldungen und Schuldenerlässe sowie die Initiative des IWF und der Weltbank zur Unterstützung von Ländern mit Liquiditätsengpässen aber tragfähiger Verschuldung.

2021 teilte der IWF zuletzt Sonderziehungsrechte (SZR) zu. Drei Jahre danach überprüften die EZB und die nationalen Zentralbanken des Eurosystems ihre freiwilligen Handelsvereinbarungen (VTAs) für SZR mit dem IWF.[92] Im November kam der EZB-Rat zu dem Schluss, dass die derzeitigen Vereinbarungen des Eurosystems, einschließlich der Handelsspannen, nach wie vor angemessen sind.

Kasten 7
House of the Euro: ein dynamisches erstes Jahr der Zusammenarbeit

Was ist das House of the Euro?

Das House of the Euro liegt mitten im Europaviertel in Brüssel. Es ist ein Ort des Austauschs für die EZB und sieben nationale Zentralbanken (NZBen) des Euroraums (Deutsche Bundesbank, Central Bank of Ireland, Banco de España, Banque de France, Banca d’Italia, Bank Ċentrali ta’ Malta/Central Bank of Malta und Banka Slovenije). Die Hrvatska narodna banka hat auch eine Person zur EZB nach Brüssel entsandt, um die Reichweite der neuen Repräsentanz zu vergrößern. Darüber hinaus arbeitet die Nationale Bank van België/Banque Nationale de Belgique eng mit dem House of the Euro zusammen. Die Repräsentanz wurde am 9. November 2023 offiziell eröffnet. Sie soll die Zusammenarbeit von Zentralbanken des Eurosystems fördern und die Sichtbarkeit der NZBen in Brüssel erhöhen.

Nach seiner Eröffnung wurde das House of the Euro innerhalb eines Jahres zu einer dynamischen Drehscheibe für Zusammenarbeit, Dialog und Diskurs zwischen den Vertreterinnen und Vertretern der Zentralbanken und wichtigen Interessenträgern in Brüssel. Die im House of the Euro arbeitenden Fachleute der EZB und NZBen tauschen Wissen aus und vermitteln die Ansichten des Eurosystems an politische Entscheidungsträger, Denkfabriken, den Privatsektor und die Medien. Außerdem unterstützen sie die Mitglieder des EZB-Rats und Fachleute des Eurosystems bei ihren Aufgaben in Brüssel.

Das House of the Euro hat sein Vorhaben umgesetzt, sich mit Interessenträgern über politische Schritte der EU auszutauschen, die für das Eurosystem relevant sind. Durch die Veranstaltungen im House of the Euro können die EZB und die teilnehmenden NZBen ein breiteres Publikum ansprechen und mit Interessenträgern in Dialog treten. Themen dieser Veranstaltungen sind unter anderem die Geldpolitik der EZB, der digitale Euro, die Kapitalmarktunion, der Klimawandel und die Auswirkungen der Digitalisierung.

Höhepunkte 2024

Erwähnenswert ist etwa eine hochrangig besetzte Diskussion über den digitalen Euro – ein zentrales Projekt zur Sicherung der Währungshoheit Europas in Zeiten der Digitalisierung. Sie fand im September statt. EZB-Direktoriumsmitglied Piero Cipollone und die damalige EU-Kommissarin Mairead McGuinness diskutierten gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern von Verbraucher-, Handels- und Bankenverbänden die Vorteile eines digitalen Euro. Die Veranstaltung verdeutlichte die Entschlossenheit der EZB, alle Interessenträgern in das Projekt des digitalen Euro einzubinden.

Darüber hinaus lud das House of the Euro zu Vorträgen und Diskussionen über die Konjunkturaussichten, die Geldpolitik und die strukturellen Herausforderungen für den Euroraum. Im März hielt Piero Cipollone seine Antrittsrede zu Geldpolitik im House of the Euro. Im Lauf des Berichtsjahrs hielten EZB-Fachleute regelmäßig Vorträge, um in Brüssel über den geldpolitischen Kurs der EZB und die Konjunkturaussichten des Euroraums zu informieren. Gemeinsame Veranstaltungen der EZB und des IWF im Mai und November befassten sich außerdem mit den wirtschaftlichen Herausforderungen für Europa sowie den unternommenen Anstrengungen zur Förderung von Innovation, Investitionen und Produktivität.

Die EZB und die NZBen arbeiteten 2024 auch im Rahmen mehrerer Sonderveranstaltungen im House of the Euro zusammen. Eine von ihnen war der Kapitalmarktunion gewidmet – einem besonders relevanten Thema für das Eurosystem. Im Juni 2024 diskutierten hochrangige Vortragende der EZB und NZBen die Notwendigkeit rascher und konkreter Fortschritte zur Vollendung der Kapitalmarktunion. Sie hoben Schwerpunktbereiche hervor, darunter die Verbesserung der Verfahren für Kleinanleger und die Entwicklung des EU-Verbriefungsmarkts. In zwei weiteren, von der EZB und den teilnehmenden NZBen organisierten Veranstaltungen ging es um das Wachstum von Big-Tech-Unternehmen im Finanzsektor und um Finanzintermediäre aus dem Nichtbankensektor.

2025 und darüber hinaus

Das House of the Euro ist weiterhin entschlossen, sich mit wichtigen Interessenträgern in Brüssel auszutauschen. Dabei sollen die Ansichten des Eurosystems vermittelt und relevante Informationen für Entscheidungsträger des Eurosystems bereitgestellt werden. Das erste Jahr des House of the Euro hat den Wert der Zusammenarbeit zwischen der EZB und den NZBen vor Ort in Brüssel verdeutlicht und ist somit vielversprechend.

11 Förderung von guter Governance und sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit

Die Themen Umwelt, Soziales und Governance (Environmental, Social, Governance – ESG) spielen für die Arbeit der EZB eine wichtige Rolle. Als öffentliche Institution muss sie Rechenschaft gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern der EU sowie deren gewählter Vertretung ablegen. Wirksame Kommunikation und der Austausch mit unterschiedlichen Zielgruppen sowie die Wahrung höchster ethischer Standards und Transparenz fallen genauso in diesen Aufgabenbereich wie das Empowerment und die Förderung des Wohlbefindens der EZB-Angestellten und die Bewertung von Auswirkungen auf bzw. Risiken für Klima und Umwelt. 2024 wurden mehrere im Klima- und Umweltplan der EZB definierte Meilensteine erreicht.

11.1 Umwelt, Soziales und Governance – Neuerungen 2024

Die EZB setzte 2024 ihre Arbeit in den Bereichen Umwelt, Soziales und Governance fort

Dieser Abschnitt gibt einen Überblick über die wichtigsten ESG-Entwicklungen im Berichtsjahr. Weitere Informationen finden sich in anderen Abschnitten dieses Jahresberichts sowie auf der Website der EZB (siehe Tabelle 11.1).

Als europäische Institution arbeitete die EZB 2024 an wichtigen Initiativen zur weiteren Stärkung ihres Governance-Rahmens sowie an mehr Transparenz und Austausch mit Bürgerinnen und Bürgern (Kapitel 11 Abschnitt 2 und 3). Auf europäischer und internationaler Ebene arbeitet die EZB eng mit anderen Institutionen zusammen, um Ethik, Integrität und Wohlverhalten zu stärken, was auch dem wachsenden öffentlichen Interesse an diesen Themen Rechnung trägt (Kapitel 11 Abschnitt 2). Die EZB ergriff 2024 auch Maßnahmen, um verschiedene Zielgruppen noch besser zu erreichen, für mehr Transparenz zu sorgen und sich der interessierten Öffentlichkeit noch weiter zu öffnen (Kapitel 11 Abschnitt 3). Ein Überblick über die Personalpolitik der EZB und Daten dazu, wie sie eine offene Arbeitskultur und berufliche Weiterentwicklung fördert, findet sich in Kapitel 11 Abschnitt 4. Außerdem werden aktuelle Informationen und wichtige Entwicklungen im Hinblick auf die Diversitäts- und Inklusionsbestrebungen während des Berichtsjahrs thematisiert. Die Arbeit der EZB zu Klima- und Umweltthemen wird in Kapitel 11 Abschnitt 5 dargelegt; hier werden auch einschlägige Publikationen aus diesem Bereich vorgestellt.

Klimarisiken werden zunehmend in den Risikosteuerungsrahmen der EZB integriert

Die EZB berücksichtigt ESG-Risiken in ihrem Risikosteuerungsrahmen für finanzielle und nichtfinanzielle Risiken. Beschrieben wird dies im Kapitel zum Risikomanagement im Erweiterten Jahresabschluss der EZB 2024. Teil des Steuerungsrahmens ist etwa der Stresstest zu Klimarisiken in der Bilanz des Eurosystems[93]. Dabei untersucht die EZB, inwieweit finanzielle Risiken des Eurosystems vom Klimawandel beeinflusst werden. Seit 2022 werden regelmäßige Klimastresstests durchgeführt; so auch 2024.

11.2 Ethisches Verhalten und Integrität weiter stärken

Die Stabsstelle Compliance und Governance (CGO) der EZB legt Ethik- und Governance-Regeln nach den höchsten Verhaltensstandards fest. Sie überwacht auch deren Einhaltung.

Vom Ethik- und Compliance-Ausschuss organisierte Veranstaltungen zu Wohlverhalten mit Teilnehmenden aus zahlreichen anderen Institutionen

Der Ethik- und Compliance-Ausschuss unterstützte die nationalen Zentralbanken und die zuständigen nationalen Behörden 2024 bei der Umsetzung der Ethikleitlinien. Dabei bot er Hilfestellungen zu Themen wie private Finanztransaktionen und Interessenkonflikte im Hinblick auf externe Tätigkeiten und unbezahlten Urlaub. Um die Vorteile unterschiedlicher Perspektiven bestmöglich zu nutzen, organisierte der Ausschuss zusätzlich themenspezifische Veranstaltungen mit Gastvortragenden. An diesen Veranstaltungen nahmen auch Vertreterinnen und Vertreter von ca. 50 verschiedenen öffentlichen Einrichtungen und Organisationen teil. Am Weltethiktag veröffentlichte der Ausschuss ein Banner mit der Aufschrift „Ethics: unser gemeinsamer Kompass“. Dieses erschien in allen EU-Amtssprachen, was das gemeinsame Engagement unterstreicht.

Die EZB unterzeichnete die interinstitutionelle Vereinbarung zur Einrichtung eines EU-Ethikgremiums und beteiligte sich aktiv an der Arbeit des ENMO

Die EZB arbeitete mit anderen europäischen Institutionen an einer interinstitutionellen Vereinbarung über die Einrichtung eines EU-Ethikgremiums. Die Unterzeichnung dieser Vereinbarung ist eine wichtige Errungenschaft. Sie leistet einen maßgeblichen Beitrag zur Förderung einer gemeinsamen Kultur des Wohlverhaltens in den europäischen Institutionen. Auf internationaler Ebene brachte sich die EZB im Austausch von Wissen und Best-Practices im Ethiknetzwerk multilateraler Organisationen (ENMO) ein. Dort hatte sie den stellvertretenden Vorsitz inne und beteiligte sich durch Beiträge aktiv an Sitzungen, in Arbeitsgruppen und bei der Jahrestagung, die auf Einladung der Weltgesundheitsorganisation stattfand. Dadurch stärkte die EZB die globale Zusammenarbeit in diesem Bereich.

Sensibilisierung für Fragen der Ethik und Integrität hatte 2024 weiterhin hohe Priorität. Die CGO organisierte nicht nur Programme für Neueintritte, sondern konzentrierte sich auch besonders auf Schulungen für bestimmte Geschäftsbereiche. Auffrischungskurse zu den Regeln für private Finanztransaktionen spielten ebenso eine wichtige Rolle. Zudem wurden mehrere Aktionen zum Weltethiktag organisiert. So gab es etwa Stände und ein Quiz für die gesamte EZB-Belegschaft. Für einen vereinfachten Zugang zu Beratung in ethischen Fragen, etwa über mobile Endgeräte, setzte die CGO weiterhin auf Digitalisierung. Digitalisiert und dadurch vereinfacht bzw. beschleunigt wurde auch der Prozess für die Abgabe von Interessenerklärungen durch hochrangige EZB-Funktionsträger.

Die Anfragen für Beratung in ethischen Fragen stiegen merklich an, von 2 767 im Jahr 2023 auf 3 070 im Jahr 2024 (siehe Abbildung 11.1), was auf Sensibilisierungsinitiativen und die laufende Entwicklung intuitiver digitaler Anwendungen zurückzuführen war. Die auch 2024 von der CGO organisierten jährlichen Compliance-Prüfungen bestätigten erneut, dass die Belegschaft und die hochrangigen Funktionsträger der EZB die Vorschriften für private Finanztransaktionen einhalten.

Abbildung 11.1

Übersicht zu Beratungsanfragen der EZB-Belegschaft im Jahr 2024

Quelle: EZB.

Der Ethikausschuss unterstützt und berät hochrangige Funktionsträger der EZB in ethischen Fragen

Neben dem Prüfungsausschuss der EZB ergänzt ein unabhängiger Ethikausschuss die Governance-Struktur der EZB. Er berät hochrangige EZB-Funktionsträger in ethischen Fragen, vor allem zu privaten Tätigkeiten und Beschäftigungen nach Ausscheiden aus dem Dienst der EZB, und prüft ihre Interessenerklärungen. Der Ethikausschuss beobachtet außerdem die Entwicklungen im Bereich Ethik und Wohlverhalten auf europäischer und internationaler Ebene. 2024 überprüfte er anhand der Interessenerklärungen die Einhaltung der Regeln für private Finanztransaktionen durch hochrangige Funktionsträger der EZB. Er gab 34 Stellungnahmen ab, darunter zehn zu Einschränkungen nach Beendigung des Dienstverhältnisses (einige dieser Stellungnahmen enthielten auch Empfehlungen zur Beachtung von Cooling-off-Phasen). Die Stellungnahmen des Ethikausschusses sind auf der Website der EZB einsehbar. Dort werden sie, sechs Monate nachdem sie abgegeben wurden, veröffentlicht.

11.3 Kommunikation und Transparenz der EZB-Maßnahmen

Klare Kommunikation ist unerlässlich zur Steuerung der Erwartungen von Fachleuten und Öffentlichkeit

Stabile Inflationserwartungen haben dazu beigetragen, dass mit den Maßnahmen der EZB die Inflation 2024 weiter zurückgegangen ist und sich 2025 dem 2-%-Ziel nähert. Forschungsarbeiten zeigen zunehmend, dass für die Transmission der Geldpolitik die Erwartungen der Verbraucherinnen und Verbraucher sowie der Unternehmen mindestens ebenso wichtig sind wie jene der Finanzmärkte. Um Erwartungen erfolgreich zu steuern, muss die EZB klar, einheitlich und verständlich kommunizieren.

Konzertierte Anstrengungen wurden unternommen, um die erste Zinssenkung im Juni 2024 zu erläutern

2024 kam es zur Wende im Zinszyklus. Im Zuge der ersten Zinssenkung im Juni 2024 setzte die EZB auf koordinierte Kommunikationsmaßnahmen, um die Entscheidung dazu und die Konjunkturaussichten zu erläutern. Dazu zählten Stellungnahmen der Präsidentin in verschiedenen europäischen Medien (erschienen auch als EZB-Blog-Beitrag zu den Gründen für die Zinssenkung) sowie Fernseh- und Radiointerviews von Direktoriumsmitgliedern. In der Rubrik „Wissenswertes“ wurde ein Beitrag zur Bedeutung der Zinssenkungen für den Alltag der Menschen in allen EU-Sprachen veröffentlicht und über die Social-Media-Kanäle der EZB verbreitet.

Verstärkter Dialog mit der Bevölkerung

EZB-Maßnahmen wurden auf den reichweitenstärksten Kanälen besprochen

Steigende Preise waren für die Menschen in Europa während des vergangenen Inflationsschubs ein sehr wichtiges Thema, das viele Fragen und Sorgen hervorrief. Die EZB erläuterte den Menschen weiterhin ihr Vorgehen. Laut Forschung informiert sich der Großteil der Bevölkerung in Europa weiterhin im Fernsehen und Radio über die EZB, ein wachsender Anteil auch über Online-Nachrichten. Die Entscheidungsträgerinnen und -träger der EZB erläuterten deshalb primär im Fernsehen, auf Social Media und in anderen Medien, die sich an die breite Öffentlichkeit wenden, welche Maßnahmen die EZB setzt und wie sie zum Wohl aller ihr Preisstabilitätsmandat erfüllt.

Neue Formate, um zur Bevölkerung „durchzudringen“, wurden getestet

Neue Formate wurden getestet, darunter etwa ein Behind-the-scenes-TV-Dokumentarfilm zur Entscheidungsfindung bei der EZB. Dieser gewährt persönliche Einblicke in ihre Arbeitsweise. Offizielle Termine im Euroraum wurden von EZB-Entscheidungsträgerinnen und -trägern oft auch für den direkten Austausch mit der Bevölkerung genützt, etwa auf einem lokalen Bauernmarkt, in Schulen oder an Universitäten. Mit einem ganz besonderen TV-Auftritt wollte man Menschen erreichen, die normalerweise nichts mit Zentralbankthemen zu tun haben: Präsidentin Lagarde war in einer bekannten Talkshow zu Gast, wo sie einfach und verständlich erklärte, wie die EZB Preise beeinflusst, was die Auswirkungen von künstlicher Intelligenz (KI) auf die Wirtschaft sind und wie man mit höherer wirtschaftlicher Unsicherheit umgeht.

Die EZB zu Besuch bei Unternehmen

Um den Zusammenhang zwischen Geldpolitik und realwirtschaftlicher Aktivität greifbar zu machen, besuchten die Entscheidungsträgerinnen und -träger der EZB Unternehmen in verschiedenen Euro-Ländern – etwa das Quantencomputing-Unternehmen Pasqal in Frankreich, den Technologie- und Dienstleistungsanbieter Bosch in Deutschland und den Hafen Rotterdam in den Niederlanden. Während solcher Besuche wird nicht nur besprochen, wie sich die EZB-Politik auf Wirtschaft und Unternehmen auswirkt. Die Vertreterinnen und Vertreter der EZB lernen dabei auch, die wirtschaftlichen Herausforderungen für Unternehmen besser zu verstehen, z. B. im Hinblick auf die Auswirkungen von Regulierung und Technologie auf die Produktivität, Schwierigkeiten bei der Suche nach gut ausgebildeten Arbeitskräften oder die Anforderungen des ökologischen Wandels.

Die EZB blieb im Austausch mit der lokalen Bevölkerung in Frankfurt und in der Region Rhein-Main

Die EZB bemühte sich weiterhin um einen positiven Beitrag zum Leben in Frankfurt am Main und um den direkten Austausch mit der lokalen Bevölkerung. Auch 2024 öffnete die EZB ihre Türen für Besucherinnen und Besucher im Rahmen der jährlichen Nacht der Museen. Am 9. Mai, dem Europatag, war die EZB mit einem gut besuchten Stand am Europafest vertreten. Gemeinsam mit dem hr-Sinfonieorchester organisierte sie ein sehr erfolgreiches Europa Open Air, ein Konzert in der Nähe des EZB-Geländes für etwa 17 000 Gäste.

Petra Hielkema, Vorsitzende der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung, Philip R. Lane, Mitglied des EZB-Direktoriums, und Joachim Nagel, Präsident der Deutschen Bundesbank, im Austausch mit der lokalen Bevölkerung am EZB-Stand beim Europafest am 9. Mai 2024.

Die EZB weiter öffnen

Die Öffentlichkeit zeigt nach wie vor großes Interesse an Einblicken in die EZB

Das Besucherzentrum der EZB verzeichnete im Berichtsjahr 21 325 Besucherinnen und Besucher. 12 798 nahmen an Führungen teil, 8 527 an Vorträgen. Angesichts des hohen öffentlichen Interesses an der Architektur des EZB-Hauptgebäudes gibt es seit Juli 2024 wieder Führungen dazu. 1 040 Besucherinnen und Besucher haben zwischen Juli und Dezember daran teilgenommen. Dies ist nur ein Bruchteil der Interessierten, aber aufgrund begrenzter Kapazitäten kann nur eine beschränkte Anzahl von Personen an den Führungen teilnehmen.

Neue digitale Kommunikationskanäle wurden eingerichtet

Damit die EZB und ihre Politik – auch online – zugänglicher werden, wurde die Struktur der EZB-Website verändert. Ein nutzerorientierter Ansatz soll nun die Suche nach Informationen erleichtern. Außerdem wurde ein WhatsApp-Kanal eingerichtet, um neue Zielgruppen zu erreichen. Über diesen Kanal werden Nachrichten, Quizfragen und andere interaktive Inhalte verbreitet. Ende 2024 zählte er über 90 000 Abonnentinnen und Abonnenten. Die EZB setzte auch im Berichtsjahr auf den Einsatz neuer Technologien, um von ihr veröffentlichte Informationen besser zu kommunizieren. Dazu wird etwa ein KI-basiertes Tool für verständliches Schreiben entwickelt, und mithilfe von eTranslation, dem maschinellen Übersetzungsdienst der Europäischen Kommission, werden auch mehr Inhalte in verschiedenen Sprachen angeboten.

Jubiläen bieten Gelegenheit, auf die Arbeit der EZB aufmerksam zu machen

Besondere Tage und Jubiläen bieten die Gelegenheit, die Öffentlichkeit auf die EZB aufmerksam zu machen und ihr zu erklären, was die EZB tut und wie sich ihre Arbeit auf die Menschen auswirkt. So feierte 2024 die europäische Bankenaufsicht ihr zehnjähriges Bestehen. Zu diesem Anlass wurde die Ausstellung zur Bankenaufsicht im EZB-Besucherzentrum aktualisiert und verbessert. Zudem wurde der EZB-Podcast fünf Jahre alt. Dazu gab es eine spezielle #AskECB-Podcast-Folge, in der Fragen aus der Bevölkerung beantwortet wurden. Und nicht zuletzt erreichte der LinkedIn-Account der EZB die 500 000-Follower-Marke.

Etwas mehr Anträge auf Einsichtnahme als 2023 und weiterhin Interesse an Dokumenten zu institutionellen Themen

Die Rahmenbedingungen der EZB für öffentliche Einsichtnahme in Dokumente sind ein entscheidender Teil ihres Bekenntnisses zu Transparenz. Sie fördern die Offenheit und stärken die demokratische Legitimität der EZB, indem sie einen möglichst umfassenden Zugang zu EZB-Dokumenten zulassen. Gleichzeitig gewährleisten diese Rahmenbedingungen den Schutz der Unabhängigkeit der EZB und ihr effektives Funktionieren.

2024 gab es einen leichten Anstieg bei den Anträgen auf öffentliche Einsichtnahme in Dokumente der EZB (74 Anträge) im Vergleich zum Vorjahr (73 Anträge). Die Anträge deckten weiterhin ein breites Themenspektrum ab. Sie bezogen sich auf institutionelle und Governance-Aspekte sowie Zentralbank- und Aufsichtsfragen. Wie bereits 2023 entfielen die meisten Anträge auf Dokumente zu institutionellen Themen, wie etwa das Beschaffungswesen. Das Bekenntnis der EZB zu Transparenz wird auch dadurch deutlich, dass aufgrund von Anträgen freigegebene Dokumente in der Regel über das öffentliche Dokumentenverzeichnis der EZB auch allgemein zugänglich gemacht werden. Darüber hinaus wurde der Überblick über die bei der EZB nachgefragten Dokumente bzw. Themen für 2024 aktualisiert.

Die EZB organisierte zudem Aktionen, um das Bewusstsein für den Rechtsrahmen zum Zugang zu Dokumenten zu schärfen und eine Kultur der Transparenz innerhalb der Institution zu fördern. Diese fanden für die gesamte Belegschaft am von der UNESCO ausgerufenen Internationalen Tag des allgemeinen Informationszugangs statt.

Aus Sicht der Europäischen Ombudsstelle gab es in Bezug auf die Abwicklung von Anträgen auf öffentliche Einsichtnahme keinen Grund zu Beanstandungen.

11.4 Gezieltes Empowerment ermöglicht Höchstleistungen für Europa

Eine von und für Menschen geschaffene Arbeitsumgebung

Auch 2024 bestand eine Priorität der EZB darin, eine offene Arbeitskultur sowie ein dynamisches, inklusives und unterstützendes Arbeitsumfeld zu fördern. Gezieltes Empowerment soll Höchstleistungen für die gesamte Belegschaft ermöglichen. Die EZB startete Initiativen für mehr Wohlbefinden, berufliche Weiterentwicklung sowie Diversität und Inklusion (D&I). Sie begann zudem mit der Umstellung auf eine dynamische Arbeitsumgebung. Die Neugestaltung der Büroflächen spiegelt die sich wandelnden Mischformen aus Arbeit vor Ort und Telearbeit wider. Neue Maßnahmen, wie etwa bezahlter Sonderurlaub für Eltern und mehr Urlaub für pflegende Angehörige, zeugen vom Engagement der EZB für ein gerechtes Arbeitsumfeld. Zur Unterstützung der Personalentwicklung wurde ein Career Portal geschaffen, das Mobilität (interner Wechsel des Tätigkeitsbereichs) und Mentoring ermöglicht. Dass Diversität und Inklusion eine wichtige Rolle spielen, verdeutlichen ambitionierte Gender-Ziele und Initiativen für die unterschiedlichen D&I-Aspekte. Ziel der EZB ist es, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich wertgeschätzt und befähigt fühlen, ihren Beitrag zur Zukunft Europas bestmöglich zu leisten.

Arbeitskultur und Arbeitsbedingungen

Die EZB im Wandel hin zu dynamischen Arbeitsräumen

Die EZB verändert ihre Arbeitsräume, um sich an Mischformen von Telearbeit und Arbeit vor Ort anzupassen. 2024 hat sie erste dahingehende Schritte unternommen und etwa Desk-Sharing eingeführt. So sollen Flexibilität, Inklusion und Zusammenarbeit begünstigt und die Büroräumlichkeiten optimal genutzt werden. Die Angestellten miteinzubeziehen ist entscheidend, um ein funktionales Arbeitsumfeld zu schaffen, das den unterschiedlichsten Personen und Arbeitsweisen gerecht wird. Einige Teams haben bereits ihre neuen Räumlichkeiten gestaltet und werden diese 2025 beziehen.

Neuer zusätzlicher Sonderurlaub für Eltern und längerer Sonderurlaub für pflegende Angehörige

Mit 1. Januar 2025 führte die EZB eine Sonderurlaubsregelung für Eltern von Kindern ein, die ab diesem Datum geboren oder adoptiert werden. In den ersten drei Jahren nach der Geburt oder Adoption können sie 40 Tage bezahlten Urlaub zusätzlich nehmen. Eine Übergangsmaßnahme gewährt Eltern von ab August 2022 geborenen oder adoptierten Kindern 20 Sonderurlaubstage. Der Sonderurlaub für pflegende Angehörige wurde auf zehn Tage pro Jahr erhöht. Diese Zusatzleistungen verdeutlichen das Bekenntnis der EZB zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, Geschlechtergleichstellung sowie Inklusion am Arbeitsplatz.

Nach einer Befragung der Belegschaft wurden Wohlbefinden und eine Kultur, die das Ansprechen von Problemen fördert, priorisiert

Der Belegschaft zuzuhören, um deren Bedürfnisse besser zu verstehen, hat bei der EZB weiterhin Priorität. Auf der Grundlage von Umfrageergebnissen hat sie Initiativen ins Leben gerufen, die das Wohlbefinden verbessern und eine Kultur fördern sollen, in der es möglich ist, Probleme offen anzusprechen. Fokusgruppen halfen dabei, herauszufinden, was sich negativ auf das Wohlbefinden auswirkt und wie dagegen vorzugehen ist. Kommunikationskampagnen machten auf flexible Arbeitsmodelle aufmerksam, Workshops für Belegschaft und Führungskräfte auf Möglichkeiten zum Umgang mit respektlosem Verhalten.

Um ein respektvolles Arbeitsumfeld zu fördern, führte die EZB eine Überprüfung der Melde-, Untersuchungs- und Disziplinarverfahren durch

Darüber hinaus wurde eine bereichsübergreifende Überprüfung des Rahmens für den Umgang mit Fehlverhalten am Arbeitsplatz durchgeführt. Ziel war es, diesen klarer und effizienter zu gestalten sowie besseren Schutz und bessere Unterstützung zu bieten.


Die neue GSA-Methodik wurde genehmigt

Die Überprüfung der Methodik zur allgemeinen Gehaltsanpassung (GSA) wurde 2024 abgeschlossen. Diese Methodik legt fest, wie die Gehälter der EZB jährlich angepasst werden. Der neue Ansatz beruht auf den von Eurostat veröffentlichten Daten und gewährleistet Transparenz und Objektivität.

Personal und berufliche Weiterentwicklung

Das Career Portal wurde in Betrieb genommen

Berufliche Weiterentwicklung ist eine Priorität der EZB. 2024 wurde dahingehend eine wichtige Initiative gestartet: das neue Career Portal. Die Belegschaft kann sich über diese zentrale Stelle etwa über Mobilitäts- und Mentoring-Angebote informieren. Eine neue Option im Career Portal besteht darin, nach Personen für einen Job-Tausch innerhalb der EZB zu suchen. So wird horizontale Mobilität ermöglicht, was den Ausbau eigener Fähigkeiten und des beruflichen Netzwerks fördert. 2025 wird das Portal um zusätzliche Optionen erweitert. Darunter fällt z. B. das „Job Shadowing“, das Beobachten und Miterleben des Berufsalltags eines Kollegen oder einer Kollegin. In den ersten sechs Wochen nach der Einführung nutzten 1 207 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das Career Portal.

Mobilitätsmöglichkeiten wurden rege genutzt

Zum sechsten Mal an den Start ging 2024 das Schuman-Programm. Es ermöglichte im Rahmen von 39 Projekten bzw. Entsendungen den Personalaustausch zwischen der EZB, den nationalen zuständigen Behörden (national competent authorities – NCAs) und den nationalen Zentralbanken (NZBen). Im Rahmen eines eigens für den Einheitlichen Aufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism – SSM) eingerichteten Programms pflegte die EZB weiterhin den Personalaustausch mit mehreren NCAs und europäischen Institutionen. Ende 2024 liefen sieben Austauschprojekte mit vier NCAs (Banca d’Italia, De Nederlandsche Bank, Banco de España und l‘Autorité de Contrôle Prudentiel et de Résolution – ACPR) und drei öffentlichen Einrichtungen (Einheitlicher Abwicklungsausschuss, Europäische Investitionsbank und Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde).

Im Mittelpunkt der Fortbildung standen künstliche Intelligenz (KI), Klimarisiken und Führung

Die Arbeitswelt ändert sich und stellt uns immer schneller vor neue Herausforderungen. Sowohl für die persönliche Weiterentwicklung als auch für den Erfolg von Organisationen ist es entscheidend, bestehende Fähigkeiten auszubauen und neue zu erwerben. 2024 standen künstliche Intelligenz (KI), Klimarisiken und Führung im Mittelpunkt des Fortbildungsangebots. Im Bereich KI lag der Fokus auf Bewusstseinsbildung und dem Wecken von Interesse. Die Belegschaft wurde dabei ermutigt, sich damit zu beschäftigen, was KI ist, und Technologien und Tools auszuprobieren. Für Angestellte des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) und des SSM gab es Fortbildungen zu den Auswirkungen von Klimarisiken auf das Finanzsystem. Weiterbildungsmaßnahmen für Führungskräfte umfassten etwa ein 360-Grad-Feedback auf allen Führungsebenen sowie erstmals ein spezielles Entwicklungsprogramm für Team Leads.

Diversität und Inklusion

EZB setzt sich weiter für Diversität und Inklusion ein

In der EZB tragen gemeinsame Bestrebungen zu einer Kultur der Vielfalt, der Inklusion und der Zugehörigkeit bei. Unsere Executive D&I Sponsors unterstützen die Führung und verleihen dem Thema Gewicht, D&I Ambassadors forcieren es in den verschiedenen Geschäftsbereichen. Zusätzlich gibt es sechs D&I-Netzwerke zur Stärkung unterrepräsentierter Gruppen. Die D&I Advisers und das HR-Team führen die Bemühungen aller zusammen: Sie bringen die D&I-Perspektive in die Ausgestaltung und Auswahl von Maßnahmen mit ein und ermöglichen den offenen Austausch in der Bank. Ein D&I-Netzwerk des ESZB und des SSM trifft sich regelmäßig, um relevante Erfahrungen und Wissen nutzbar zu machen. So bilden unsere Institutionen die Bürgerinnen und Bürger, denen sie dienen, immer besser ab und erzielen bessere Ergebnisse für sie.

Zusätzliche D&I-Aspekte und Intersektionalität als wichtige Prioritäten

Die EZB hat ehrgeizige Ziele und Maßnahmen zur Förderung der Geschlechtergleichstellung eingeführt. 2024 lag der Frauenanteil unter den Führungskräften insgesamt (Gehaltsbänder I-L) bei 33,3 % und im Topmanagement (Gehaltsbänder K-L) bei 37,3 %. Damit lag die EZB 0,7 Prozentpunkte hinter ihren jeweiligen Zielvorgaben zurück. Im Hinblick auf die Zusammensetzung der Führungskräfte wurden in den letzten zehn Jahren erhebliche Fortschritte erzielt. Die Schließung der Lücke auf Expert-Ebene (Gehaltsbänder F/G-G) und auf Team-Lead-Ebene (Gehaltsband H) bleibt jedoch weiterhin herausfordernd (siehe Schaubild 11.1). Dies verdeutlicht, dass wir ausgeglichene Geschlechteranteile als strategisch wichtiges Ziel weiterverfolgen müssen.

2024 wurden nicht nur Frauen unterstützt, sondern auch Männer gezielt angesprochen – etwa durch Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen zu Gendernormen, Männlichkeitsbildern und Vaterschaftsurlaub. Um ein Umfeld zu schaffen und zu erhalten, in dem die individuellen Umstände, Erfahrungen und Fähigkeiten aller geschätzt werden, fanden mehrere Workshops statt. Dabei standen inklusives Verhalten und inklusive Führung ebenso im Mittelpunkt wie LGBT+-Inklusion, ethnische Zugehörigkeit und Solidarisierung.

Anlässlich des EU-Monats der Vielfalt 2024 startete die EZB ein Mentoring-Programm und Fokusgruppen für Personal, das ethnischen Minderheiten angehört

Der EU-Monat der Vielfalt stand bei der EZB 2024 ganz im Zeichen der Themen ethnische Zugehörigkeit und Anti-Rassismus. Gemeinsam mit externen Fachleuten, startete die EZB ein Mentoring-Programm und Fokusgruppen für Personal, das ethnischen Minderheiten angehört. Dabei wurden Stärken und verbesserungswürdige Bereiche identifiziert. Dies diente als Grundlage für ein Pilot-Modell eines Inklusions- und Anti-Rassismus-Workshops für Führungskräfte.

Schaubild 11.1

Die Vielfalt der EZB-Belegschaft in Zahlen

1 Stand: 31. Dezember 2024.
2 Bezieht sich nur auf Angestellte der EZB mit unbefristeten bzw. befristeten Arbeitsverträgen.
3 Die Methodik zur Erfassung der Geschlechterverteilung wurde seit der letzten Datenaushebung für den EZB-Jahresbericht 2023 verbessert. Bei Vergleichen mit früheren Daten sollten diese methodischen Änderungen berücksichtigt werden.
4 Einschließlich Graduate Programme (59 Teilnehmerinnen und Teilnehmer).
5 Entsendungen von nationalen Zentralbanken des Europäischen Systems der Zentralbanken, von europäischen öffentlichen Organen und Einrichtungen/sonstigen Stellen oder internationalen Organisationen.
6 Bezieht sich auf einen dauerhaften oder vorübergehenden Wechsel in eine gleichwertige Position in einer anderen Abteilung bzw. in einem anderen Geschäftsbereich.
7 Bezieht sich auf einen dauerhaften oder vorübergehenden Aufstieg in ein höheres Gehaltsband mit oder ohne Einstellungsverfahren.
8 Bezieht sich nur auf Angestellte der EZB mit unbefristeten Arbeitsverträgen bzw. befristeten Arbeitsverträgen mit Entfristungsoption.
9 Aus der Tabelle geht der Anteil der Belegschaftsmitglieder bzw. Praktikantinnen und Praktikanten der EZB nach Staatsbürgerschaft hervor. Im Falle einer mehrfachen Staatsangehörigkeit wird jede separat erfasst. Die Anteile ergeben sich aus dem Verhältnis zwischen der Anzahl an Personen mit der jeweiligen Staatsangehörigkeit und der Gesamtzahl an Personen (nur aus EU-Staaten). Die Länder sind in der alphabetischen Reihenfolge der Ländernamen in der jeweiligen Landessprache angeführt.

11.5 Fortschritte im Bereich Umwelt und Klimaschutz

Die EZB muss die Auswirkungen des Klimawandels und des ökologischen Wandels auf Wirtschaft und Finanzsektor verstehen

Jüngste Erkenntnisse in der Klimaökonomie und -modellierung zeigen, dass die Kosten eines ungebremsten Klimawandels deutlich höher sind als bisher angenommen. Dies ist zum Teil auf unzureichende Fortschritte bei dessen Eindämmung zurückzuführen. Ein zügiger Übergang zu einer umweltfreundlicheren Wirtschaft würde deutlich weniger Kosten verursachen.[94] Der jährliche weltweite CO2-Ausstoß ist aktuell höher denn je. Zudem rechnet die Wissenschaft damit, dass der weltweite Temperaturanstieg in diesem Jahrhundert 2,6-2,8°C gegenüber dem vorindustriellen Niveau betragen wird, selbst wenn man die aktuellen politischen Zielvereinbarungen einhält. Dies ist deutlich höher als die im Pariser Klimaschutzabkommen maximal festgelegten 1,5°C.[95] Die Risiken der Erderwärmung und eines zu späten Übergangs nehmen daher zu. Die Naturzerstörung wirkt sich zudem auf die Wirtschaft aus und birgt finanzielle Risiken. Klima und Natur sind miteinander verbunden; damit die EZB ihr Mandat erfüllen kann, muss sie deren gemeinsame Auswirkungen auf die Wirtschaft und den Finanzsektor verstehen.

Die EZB hat 2024 weiter an ihrem Klima- und Umweltplan 2024-2025 gearbeitet. Das Kompetenzzentrum Klimawandel der EZB koordiniert diese Arbeiten. Ausgeführt werden sie gemeinsam von internen Akteurinnen und Akteuren sowie einschlägigen Ausschüssen und Klima-Foren aus dem Eurosystem. Der Klima- und Umweltplan baut auf bisherigen Errungenschaften auf. Zudem umreißt die EZB darin, wie sie die Auswirkungen des Klimawandels und der Naturzerstörung bei der Erfüllung ihres Mandats zu berücksichtigen gedenkt. Zusätzlich zur weiteren Umsetzung bereits beschlossener Maßnahmen werden dabei drei Schwerpunktbereiche identifiziert[96]: a) Steuerung des Übergangs zu einer ökologischen Wirtschaft, b) Befassung mit den zunehmenden physischen Auswirkungen des Klimawandels und c) Ausbau der Arbeit zu umweltbezogenen Risiken. Das Kompetenzzentrum Klimawandel hat auch Initiativen zum Kapazitätsaufbau ins Leben gerufen und Synergien innerhalb des Eurosystems verstärkt, etwa durch gemeinsame Schulungsprogramme, Seminare und Projekte. Ferner trägt die Belegschaft der EZB zu Schulungen und multilateralen Workshops mit Zentralbanken und Interessenträgern außerhalb des Eurosystems bei. Die EZB hat die Klimaagenda unter anderem in folgenden internationalen Foren mit vorangetrieben: dem Central Banks and Supervisors Network for Greening the Financial System (NGFS), dem Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, den europäischen Aufsichtsbehörden und dem Europäischen Ausschuss für Systemrisiken, der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), dem BIZ-Ausschuss für Zahlungsverkehr und Marktinfrastrukturen, den G7 und den G20 sowie dem Internationalen Währungsfonds und der Weltbank.

CO2-Fußabdruck der gehaltenen Wertpapiere des Unternehmenssektors nimmt weiter ab

Was die Umsetzung der Geldpolitik betrifft, so wurden im Juni 2024 die Offenlegungen klimabezogener Finanzinformationen des Eurosystems zu für geldpolitische Zwecke gehaltenen Vermögenswerten und zu den Währungsreserven der EZB veröffentlicht. Der Berichtsrahmen umfasste dabei nicht nur Wertpapiere des Unternehmenssektors, sondern auch andere Anlageklassen. Die Angaben decken nun 99,7 % der gesamten Vermögenswerte ab, die zu geldpolitischen Zwecken gehalten werden. Der CO2-Ausstoß im Zusammenhang mit Unternehmensanleihen ist weiter zurückgegangen. Das Eurosystem strebt diesbezüglich an, die Erreichung der Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens und der EU-Klimaneutralitätsziele zu unterstützen. Da die Wiederanlage von Unternehmensanleihen mit 31. Dezember 2024 eingestellt wurde, wird dieser Rückgang künftig auf die Fälligkeit dieser Anleihen und Maßnahmen der Unternehmen selbst zurückzuführen sein. Im Mai 2024 einigte sich der EZB-Rat darauf, dass es für Unternehmensanleiheportfolios Zwischenziele zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen geben wird. In der aktuellen Phase dienen diese Zwischenziele dazu, die Emissionsreduzierung in den genannten Portfolios zu überwachen. Werden Abweichungen von der angestrebten Entwicklung festgestellt, wird der EZB-Rat einzelfallbasiert und im Rahmen seines Mandats Korrekturmaßnahmen erwägen. Darüber hinaus fuhr das Eurosystem fort, Aspekte des Klimawandels in seinen geldpolitischen Geschäften stärker einzubeziehen und die Bewertung und Steuerung von Risiken zu verbessern. Die NZBen des Eurosystems verwenden nun, entsprechend ihrer Zusage vom Juli 2022, die einheitlichen Mindeststandards zur Berücksichtigung von Klimarisiken in ihren internen Bonitätsanalysesystemen.[97]

Die EZB setzte wichtige Schritte in den Bereichen Szenarioanalysen, Bankenaufsicht und klimabezogene Daten

Im Bereich Finanzstabilität zeigte die einmalige Klimaszenarioanalyse zum „Fit für 55“-Paket der EZB, des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken und der europäischen Aufsichtsbehörden, dass Transitionsrisiken alleine wahrscheinlich keine Gefahr für die Finanzstabilität in der EU darstellen. Kommen zu diesen Risiken jedoch makroökonomische Schocks, können sie zu steigenden Verlusten für Finanzinstitute führen. Deshalb braucht es einen koordinierten politischen Ansatz. Die neuen langfristigen Klimaszenarien, die vom EZB-geleiteten NGFS-Workstream erstellt wurden, beinhalten eine aktualisierte Schadensfunktion. Diese Schadensfunktion führt zu einer schlechteren Beurteilung physischer Risiken. Die neuen langfristigen Klimaszenarien zeigen zudem, wie unzureichend ehrgeizige klimapolitische Maßnahmen den ökologischen Wandel erschweren.

Die EZB-Bankenaufsicht prüfte weiterhin, inwieweit Banken die aufsichtlichen Erwartungen der EZB in Bezug auf Klima- und Umweltrisiken erfüllen. Die meisten Banken haben inzwischen Rahmenwerke für Klima- und umweltbezogene Risiken. In einigen wenigen Banken fehlen jedoch noch grundlegende Elemente einer angemessenen Klima- und Umweltrisikosteuerung. Erfüllen Banken die Anforderungen nicht innerhalb der festgelegten Fristen, drohen ihnen periodische Bußgelder.

Was klimabezogenen Daten betrifft, so wurden 2024 alle drei Reihen klimabezogener statistischer Indikatoren der EZB (d. h. jene für ein nachhaltiges Finanzwesen, physische Risiken und CO2-Emissionen) aktualisiert und verbessert (Kapitel 7 Abschnitt 2).

Informationen zur betrieblichen Nachhaltigkeit und zu finanzierten Emissionen sind den jährlichen Offenlegungen zu entnehmen

Die jährlichen Offenlegungen klimabezogener Finanzinformationen zu den nicht geldpolitischen Portfolios der EZB und ihre Umwelterklärung bieten einen Überblick über den CO2-Fußabdruck der durch die EZB finanzierten Emissionen und die Emissionsreduktionsziele sowie über die Umweltauswirkungen des EZB-Betriebs und die entsprechenden Zielwerte. Die Daten zur Umweltbilanz der EZB für 2024 werden 2025 gemeinsam mit einem neuen Umweltmanagementprogramm für 2025 bis 2027 veröffentlicht.

Anstrengungen zur Verringerung der Umweltauswirkungen von Euro-Banknoten, darunter auch Arbeiten zum digitalen Euro, laufen weiter

2024 wurde weiter an der Verringerung des ökologischen Fußabdrucks der Euro-Banknoten gearbeitet. Dabei wurden etwa Schritte unternommen, um bis 2027 den Übergang zu 100 % Bio-Baumwolle für Banknotenpapier zu vollziehen. Ferner gab es Forschungsarbeiten zur Verlängerung der Lebensdauer der in Umlauf befindlichen Banknoten und zu alternativen, nachhaltigen Entsorgungsmethoden bzw. Recycling und Wiederverwendungsmöglichkeiten. Zudem werden künftige Euro-Banknoten im Einklang mit den Ökodesign-Grundsätzen entwickelt. Das bedeutet, dass Umweltaspekte in allen Phasen des Entwicklungsprozesses berücksichtigt werden (Kapitel 6 Abschnitt 3). Was den elektronischen Massenzahlungsverkehr und die Rolle der EZB als Katalysator anbelangt, untersuchte die EZB gemeinsam mit dem ESZB Möglichkeiten, den ökologischen Fußabdruck des Zahlungsverkehrs zu verkleinern. Das Eurosystem hat erste umweltfreundliche Best Practices für elektronische Massenzahlungen entwickelt. Dabei lag der Fokus ausschließlich auf digitalen Zahlungen. Derselbe Ansatz wird auch beim digitalen Euro verfolgt. Hier konzentriert sich das Eurosystem darauf, den ökologischen Fußabdrucks entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu minimieren. Dazu greift man auf bestehende Standards zurück und optimiert Prozesse. Protokolle zur Minimierung des Energieverbrauchs werden hier ebenso befolgt wie Best Practices betreffend Ökobilanz und Datentransparenz.

Neben der Umsetzung bereits früher vereinbarter Maßnahmen intensivierte die EZB ihre Arbeit in drei Bereichen (siehe Schaubild 11.2).

Schaubild 11.2

Schwerpunkte der EZB-Klimaarbeit 2024-25

Quelle: EZB.

Die EZB vertieft ihr Wissen zu den Auswirkungen des ökologischen Wandels auf ihre Aufgaben

Die EZB verbuchte 2024 Fortschritte in Bezug auf ihr Wissen zu und ihren Umgang mit den Auswirkungen des Übergangs zu einer umweltfreundlicheren Wirtschaft. Die Juli-Umfrage zum Kreditgeschäft im Euroraum zeigte, dass Klimarisiken bei den Kreditvergabebedingungen und bei der Kreditnachfrage zunehmend berücksichtigt werden. Dies gilt insbesondere für die Finanzierung von Investitionen für den ökologischen Wandel. Aus einer Analyse ging hervor, dass es trotz einiger Fortschritte in Europa noch erheblicher grüner Investitionen bedarf. In einem Bericht des ESZB wurden die strukturellen Auswirkungen des ökologischen Wandels auf die Produktivität analysiert. Analytische Beiträge wie etwa der Kasten zu den gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen klimaschutzbezogener Transitionsmaßnahmen im Wirtschaftsbericht trugen zu einer Verbesserung der gesamtwirtschaftlichen Modelle der EZB bei. Ein EZB-Blogbeitrag zeigte, dass energieintensive Unternehmen mit niedrigen Gewinnmargen kämpfen und inwiefern sich dies auf den ökologischen Wandel auswirkt. Im Hinblick auf die Umsetzung der Geldpolitik bestätigte der EZB-Rat im März 2024, dass der künftige geldpolitische Handlungsrahmen des Eurosystems der EZB ermöglichen soll, unbeschadet des vorrangigen Ziels der Preisstabilität, ihr Sekundärziel – insbesondere den Übergang zu einer ökologischen Wirtschaft – zu verfolgen. Dies gilt, sofern verschiedene Konfigurationen dieses Handlungsrahmens die wirksame Umsetzung des geldpolitischen Kurses gleichermaßen sicherstellen.

Die EZB muss zunehmenden physischen Auswirkungen des Klimawandels Rechnung tragen

Die EZB untersuchte, wie man die zunehmenden physischen Auswirkungen des Klimawandels in Klimaszenarien und gesamtwirtschaftlichen Projektionen berücksichtigen kann. So analysierte man etwa die Auswirkungen von Temperaturschocks auf die Inflation in Euro-Ländern und die Verstärkung physischer Risiken durch Lieferkettenverflechtungen. Bezüglich der Anpassung an den Klimawandel veröffentlichte die EZB mit der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung ein gemeinsames Paper über mangelhaften Versicherungsschutz gegen Klimarisiken in Europa und mögliche Ansätze zu dessen Verbesserung. In der Studie werden die angebots- und nachfrageseitigen Ursachen für diesen Mangel in Europa beleuchtet und mögliche Schritte in Richtung eines europäischen Systems für Versicherungsschutz gegen Naturkatastrophen aufgezeigt.

Klima- und umweltbezogene Risiken sind miteinander verbunden

Im Wirtschaftsbericht veröffentlichte die EZB einen Kasten zu „Ökosystemdienstleistungen“ und einen Aufsatz zu den Auswirkungen von Naturzerstörung und Biodiversitätsverlust. Darin kam sie zu dem Schluss, dass die mit der Naturzerstörung einhergehenden Risiken das ESZB potenziell vor erhebliche Herausforderungen im Hinblick auf die Erreichung seines vertraglich festgesetzten Preisstabilitätsziels und seine Aufgabe, zur Finanzstabilität beizutragen, stellen. Außerdem führte die EZB mit dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung sowie mit NatureFinance und der University of Minnesota Forschungsarbeiten durch, die zeigen, wie wichtig integrierte Klima- und Naturszenarien sind, um sich ein genaueres Bild der Risiken für Finanz- und wirtschaftliche Stabilität zu verschaffen. Ferner untersuchte die EZB die rechtlichen Auswirkungen umweltbezogener Risiken für Zentralbanken und Aufsichtsbehörden. Darüber sprach auch Frank Elderson in einer Rede zu den Risiken der Naturzerstörung.

Kasten 8
Die EZB integriert KI in ihre Arbeit

Die EZB arbeitete 2024 weiter an ihrem strategischen Ansatz zur Integration von künstlicher Intelligenz (KI) in ihre Tätigkeiten, geldpolitischen Entscheidungsprozesse und Aufsichtsfunktionen.

Im Zentralbankbereich lag der Schwerpunkt auf KI-Unterstützung bei betrieblichen Innovationen. Die EZB untersuchte den Einsatz von KI-Algorithmen zur Unterstützung bei der geldpolitischen Entscheidungsfindung und die Auswirkungen von KI auf Wirtschaft und Zentralbankkommunikation (z. B. Kapitel 8). Im Bereich Finanzmarktoperationen wurden zur Bewertung des Einsatzes von KI auf den Finanzmärkten Marktakteure kontaktiert. Zudem wurde ein Netzwerk für Finanzmarkt-KI geschaffen, und es wurden KI-Tools zur Einschätzung der Marktstimmung eingesetzt. Die Arbeiten zu KI werden weiterlaufen. So gibt es mehrere experimentelle Projekte in Bereichen wie automatisierte Kommunikation, Verbesserung des Berichtswesens und Datenvisualisierung. Darüber hinaus stehen der gesamten EZB nun vier Large Language Models zur Verfügung, die über 4 500 Nutzerinnen und Nutzern als Unterstützung dienen. Im Rahmen des Fortbildungsprogramms 2024 wurde die gesamte Belegschaft aufgefordert, sich bei ihrer Arbeit mit KI und deren Anwendung zu beschäftigen (Kapitel 11 Abschnitt 4).

Im Bereich der Bankenaufsicht sorgten die Fortschritte beim Programm für Aufsichtstechnologie (SupTech) dafür, dass 2024 mehr als 3 500 Aufseherinnen und Aufseher von KI und anderen neuen Technologien profitierten. Ein wichtiger Teil der Technologiestrategie des Einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM) für 2024 bis 2028 ist das Konzept „supervision at your fingertips“. Das bedeutet, Technologie, Daten und Innovation zu nutzen, um rasch Zugang zu wichtigen Informationen über Risiken im Zusammenhang mit beaufsichtigten Banken zu erhalten. Eine Reihe von KI-gestützten Plattformen wurde bereits entwickelt: Athena ist ein KI-gestütztes Tool, das Aufsichtsmitarbeiterinnen und -mitarbeitern dabei hilft, Informationen aus Millionen von Artikeln, aufsichtlichen Bewertungen und Bankdokumenten zu extrahieren und zu vergleichen. Heimdall ist eine Anwendung, die KI nutzt, um die Eignung von Mitgliedern der Leitungsgremien von Banken effizienter zu beurteilen. Darüber hinaus bietet das „Virtual Lab“ Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die in der Aufsicht oder in anderen Funktionen im ESZB tätig sind, die Infrastruktur zur Zusammenarbeit und zur Entwicklung eigener KI-Lösungen. Außerdem testet die EZB-Bankenaufsicht neun sehr wichtige Anwendungsfälle für generative KI. Hier will man in den nächsten zwei Jahren in die Produktivphase gehen.

Grundlegend für diese Erfolge ist ein starkes Bekenntnis der EZB zu ethischen Grundsätzen, zur Datensicherheit, zum Wissensaustausch mit anderen Zentralbanken und zur Einhaltung aufsichtsrechtlicher Vorschriften. Durch den verantwortungsvollen Einsatz von KI will die EZB zu einem stabilen, effizienten und zukunftsorientierten Finanzumfeld im Euroraum beitragen.

12 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geben Einblicke in ihre Arbeit

Vieles, was wir 2024 erreicht haben, war nur dank der Zusammenarbeit zwischen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der EZB und den nationalen Zentralbanken im Europäischen System der Zentralbanken (ESZB) möglich. So unterstützten etwa eine Reihe von Fachausschüssen die Entscheidungsfindung im EZB-Rat und im Erweiterten Rat. Diese mit Expertinnen und Experten der EZB und des ESZB besetzten Ausschüsse beraten in ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen die Entscheidungsträgerinnen und -träger. Im Folgenden erzählen fünf Kolleginnen und Kollegen von den Aufgaben der Ausschüsse, denen sie angehören, und von ihren persönlichen Arbeitserfahrungen in den Ausschüssen und bei der EZB im Allgemeinen.

Oscar Arce

A person in a suit and tie

AI-generated content may be incorrect.

Ich habe das Privileg, dem Geldpolitischen Ausschuss vorzusitzen. Er ist eines der wichtigsten Gremien, in dem Fachleute aus dem gesamten Eurosystem und ESZB zusammenarbeiten, um den EZB-Rat und den Erweiterten Rat zu unterstützen. Im Zentrum unserer Arbeit stehen die Analyse der wirtschaftlichen Entwicklung und die Vorbereitung geldpolitischer Diskussionen, die maßgeblich zu Zinsentscheidungen und anderen geldpolitischen Maßnahmen beitragen. Kurz gesagt: Wir helfen mit, dass die Geldpolitik die Inflation stabil hält und die Wirtschaft des Euroraums unterstützt.

Bevor ich bei der EZB begonnen habe, war ich Generaldirektor für Volkswirtschaft, Statistik und Forschung bei der Banco de España und habe hauptsächlich an wirtschaftlichen Analysen und Prognosen gearbeitet. Außerdem war ich in Spanien einige Zeit bei der Wertpapiermarkt-Kommission und im wirtschaftspolitischen Büro des Ministerpräsidenten tätig. Ich habe an der London School of Economics and Political Science Volkswirtschaft mit Schwerpunkt Geldpolitik, Finanzstabilität und Makroökonomie studiert und mit der Promotion abgeschlossen.

Die Leitung der Generaldirektion Volkswirtschaft der EZB ist sowohl eine Ehre als auch eine große berufliche Herausforderung. Die EZB ist seit ihrer Gründung ein Grundpfeiler der Stabilität und des Wohlstands in der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion. Gemeinsam mit dem restlichen Eurosystem werden wir auch in Zukunft unverzichtbare Arbeit leisten. Was mir an meiner Tätigkeit am besten gefällt, ist der ständige Austausch mit kompetenten Kolleginnen und Kollegen in ganz Europa.

In meiner Freizeit genieße ich die Zeit mit meiner Familie in Madrid, ab und zu schwinge ich mich auch gerne auf mein Motorrad.

Cornelia Holthausen

A person smiling at the camera

AI-generated content may be incorrect.

Ich bin Vorsitzende des Ausschusses für Finanzstabilität, ein Forum, in dem Fragen in Zusammenhang mit der Ermittlung und Beurteilung von Risiken für die Finanzstabilität und die angemessene Ausrichtung der makroprudenziellen Politik erörtert werden.

Nach meiner Promotion war ich sehr motiviert, für Europa zu arbeiten. 1999 begann ich als Volkswirtin bei der EZB, und zwar in der Generaldirektion Forschung mit Schwerpunkt Geldmärkte und Zahlungssysteme. Schon bald wurde mein Interesse für die Arbeit an konkreten Maßnahmen geweckt, und ein paar Jahre später nahm ich mit Freude die Gelegenheit wahr, als Liquiditätsmanagerin in die Generaldirektion Finanzmarktoperationen zu wechseln. Während der Finanzkrise war das ein faszinierender Tätigkeitsbereich. Analyse und rasche Entscheidungsfindung gingen Hand in Hand; ich hatte das Gefühl, dass die Arbeit aller Teammitglieder wirklich von unmittelbarer Relevanz war.

Später habe ich Führungspositionen übernommen, zunächst im Bereich Finanzmarktforschung, dann Finanzmarktoperationen, Volkswirtschaft und schließlich Finanzstabilität. Es war eine großartige Erfahrung, über die Jahre in so vielen verschiedenen Bereichen der EZB zu so vielen verschiedenen Themen mit den unterschiedlichsten Teams zu arbeiten. Überall in der EZB trifft man auf großes Engagement und das Bemühen, erstklassige Leistungen zu erbringen.

Die Hauptaufgabe der Generaldirektion Makroprudenzielle Politik und Finanzstabilität besteht darin, umfassende Analysen und Maßnahmenempfehlungen im Zusammenhang mit makroprudenzieller Politik, Finanzstabilität und Finanzmarktregulierung zu erstellen. Unser Team identifiziert und beobachtet Systemrisiken im Finanzsektor im gesamten Euroraum. Dabei arbeiten wir eng mit den nationalen Zentralbanken, dem Einheitlichen Aufsichtsmechanismus, dem Europäischen Ausschuss für Systemrisiken und anderen EZB-Geschäftsbereichen zusammen. Unsere Tätigkeit ist herausfordernd, aber lohnend – wir bündeln unsere Kräfte für ein gemeinsames Ziel.

Ich freue mich, und ich bin auch stolz, schon so lange für eine Institution zu arbeiten, die ein integraler Bestandteil Europas ist und auch in schwierigen Zeiten Stärke bewiesen hat. Und ich weiß, dass Europa auch in den nächsten Jahrzehnten fest zusammenstehen wird.

Vitaliana Rondonotti

A person wearing glasses and a striped shirt

AI-generated content may be incorrect.

Ich bin seit 2017 Berichterstatterin des Ausschusses für Statistik. In dieser Rolle koordiniere ich statistische Querschnittsthemen im ESZB, überwache die Umsetzung des Statistik-Arbeitsprogramms für das ESZB und den Einheitlichen Aufsichtsmechanismus und unterstütze den Vorsitz bei der strategischen Leitung des Ausschusses. Meine Aufgabe ist immer wieder herausfordernd, aber auch bereichernd. In der Generaldirektion Statistik habe ich bereits unter vier verschiedenen Leitungen gearbeitet und tiefgreifende Veränderungen miterlebt. Diese ergaben sich aus dem ständig wachsenden Bedarf an Daten, neuen Methoden, der schnellen technologischen Entwicklung und der Notwendigkeit, effizient mit einer wachsenden Zahl an Stakeholdern vor Ort und virtuell zusammenzuarbeiten.

Ich habe in verschiedenen Ländern gelebt und studiert, daher weiß ich ein multinationales und multikulturelles Umfeld zu schätzen; überhaupt bin ich eine Verfechterin der internationalen Zusammenarbeit. Als ich vom Projekt einer gemeinsamen europäischen Währung erfuhr, reizte es mich sofort, bei einer internationalen Institution wie der EZB für Europa zu arbeiten.

Nach meinem Studium der Statistik mit Schwerpunkt Methodik begann ich im Jahr 2000 in der Generaldirektion Statistik der EZB als Expertin für Saisonbereinigung. Zunächst habe ich bei der Erstellung der Statistiken zu Geldmengenaggregaten mitgearbeitet, schon bald reizte es mich, bei neuen Initiativen im Bereich Statistik mitzumachen. Dazu zählten etwa die Nutzung zentraler Kreditregister und anderer neuer Datenquellen für statistische Zwecke und der Aufbau einer Datenbank für Statistiken zu Wertpapierbeständen, eines der ersten ESZB-Projekte zu granularen statistischen Daten.

Ich bin stolz, für den Ausschuss für Statistik und an der Erstellung hochwertiger europäischer Statistiken zu arbeiten, die für die Gestaltung der Geldpolitik der EZB unabdingbar sind. Damit leiste ich meinen Beitrag für ein besseres und stärkeres Europa.

Sylvia Hildebrandt

Ich bin Senior-Office-Koordinatorin in der Direktion Banknoten. Seit meinem Eintritt in die EZB 2017 organisiere ich die administrativen und logistischen Angelegenheiten des Banknotenausschusses. Aufgabe des Ausschusses ist es sicherzustellen, dass Euro-Banknoten und -Münzen auch in Zukunft als innovatives, sicheres und umweltfreundliches Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmittel weithin verfügbar sind bzw. allgemein akzeptiert werden.

Ich sorge für den reibungslosen Austausch zwischen Vorsitz, Sekretariat und Ausschussmitgliedern und schätze die über Ländergrenzen hinweg herrschende kooperative Atmosphäre und den Teamgeist.

Bevor ich zur EZB kam, war ich in der Privatwirtschaft im Talentmanagement und später als Team-Assistentin tätig. Mit Menschen arbeiten und Veranstaltungen organisieren hat mir immer schon große Freude bereitet. Ich finde es großartig, dass ich meine Expertise und Fähigkeiten in diesem Bereich hier bei der EZB gut einsetzen kann. Ich genieße auch das diverse, internationale Arbeitsumfeld. Nach meinem Anglistikstudium kann ich nun jeden Tag meine Sprachkenntnisse anwenden. Es ist mir ein großes Anliegen, für ein starkes Europa einzutreten, und ich bin stolz, durch meine Arbeit für den Banknotenausschuss meinen Beitrag zu leisten.

Meine Freizeit verbringe ich gerne an der frischen Luft, mit meinem Hund oder beim Mountainbiken. Am liebsten radle ich mit meiner besseren Hälfte durch den schönen Odenwald, wo wir auch zu Hause sind.

Ich freue mich, weiter meinen Beitrag zur Arbeit der EZB zu leisten, und bin gespannt, was die Zukunft bringt.

Christian Barontini

A person in a suit and tie

AI-generated content may be incorrect.

Ich bin Sekretär einer Gruppe, der die Sekretariate sämtlicher ESZB-Ausschüsse angehören. Mein Aufgabenbereich umfasst die Erbringung von technischem, logistischem und strategischem Support. Wir beraten zu den Regelungen, denen die Ausschüsse unterliegen, sorgen für Abstimmung bei Inhalt und Timing gemeinsamer Zielsetzungen und monitoren, wie die Ausschüsse auf Anfragen der Beschlussorgane reagieren.

Meine erste Ausschuss-Erfahrung liegt schon sehr lange zurück. Ganz zu Beginn meiner Zentralbank-Karriere, und zwar 1999, als der Euro eingeführt wurde, vertrat ich die Banque de France in einer Task Force des Geldpolitischen Ausschusses. Dies prägte mein Verständnis dafür, wie europäische Projekte funktionieren und wie wichtig die Einbindung nationaler Perspektiven für gemeinsame Lösungen ist.

Ich habe 2007 bei der EZB als Volkswirt in der Generaldirektion Internationale und europäische Beziehungen begonnen. Dort habe ich vor allem an der Erstellung von EZB-Positionen für Treffen und Foren der verschiedenen EU-Institutionen in Brüssel mitgearbeitet. Nach einiger Zeit wechselte ich in die Generaldirektion Sekretariat, wo ich die Sitzungen der EZB-Beschlussorgane koordiniere. Seit damals bin ich auch aktives Mitglied des Ausschusses für Öffentlichkeitsarbeit, der die Beschlussorgane in sämtlichen Angelegenheiten der internen und externen Kommunikation berät. Dazu gehören z. B. die Frage, wie mit der voranschreitenden Nutzung digitaler Tools umgegangen werden soll, oder Kommunikationsaspekte großer Projekte, wie der Überprüfung der geldpolitischen Strategie im Jahr 2021.

Der Euro ist einzigartig. Er wurde geschaffen, um Wachstum, Stabilität und wirtschaftliche Integration in Europa zu fördern. Auch wenn ich zu diesem großen Auftrag nur einen bescheidenen Beitrag leiste – ich bin sehr stolz darauf.

Erweiterter Jahresabschluss

https://www.ecb.europa.eu/press/annual-reports-financial-statements/annual/annual-accounts/html/ecb.annualaccounts2024~718377b1c1.de.html

Konsolidierte Bilanz des Eurosystems zum 31. Dezember 2024

https://www.ecb.europa.eu/press/annual-reports-financial-statements/annual/balance/html/ecb.eurosystembalancesheet2024~28f64426e5.de.html

© Europäische Zentralbank 2025

Postanschrift 60640 Frankfurt am Main, Deutschland
Telefon +49 69 1344 0
Internet www.ecb.europa.eu

Alle Rechte vorbehalten. Die Anfertigung von Kopien für Ausbildungszwecke und nichtkommerzielle Zwecke ist mit Quellenangabe gestattet.

Zur Terminologie siehe auch das Glossar der EZB.

HTML ISBN 978-92-899-7070-9, ISSN 1725-2849, doi: 10.2866/9246816, QB-01-25-040-DE-Q


  1. Siehe auch M. Andersson et al., Intangible assets of multinational enterprises in Ireland and their impact on euro area activity, Occasional Paper Series der EZB, Nr. 350, 2024.

  2. Zur Arbeitsmarktentwicklung im Euroraum nach der Pandemie siehe EZB, Wie lässt sich die Widerstandsfähigkeit des Arbeitsmarkts im Euroraum von 2022 bis 2024 erklären?, Wirtschaftsbericht 8/2024.

  3. Der fiskalische Kurs ist folgendermaßen definiert: Veränderung des konjunkturbereinigten Primärsaldos bereinigt um staatliche Stützungsmaßnahmen für den Bankensektor und um Einnahmen aus NGEU-Transfers.

  4. Höhere Zinssätze werden mit einer gewissen Verzögerung auf die staatlichen Zinsausgaben übertragen. Dies lässt sich dadurch erklären, dass die Laufzeiten ausstehender Staatsschulden in der Niedrigzinsphase gestiegen sind.

  5. Siehe S. Haroutunian et al., The path to the reformed EU fiscal framework: a monetary policy perspective, Occasional Paper Series der EZB, Nr. 349, 2024.

  6. Europäische Kommission, Europäisches Semester 2025: Den neuen Rahmen für die wirtschaftspolitische Steuerung mit Leben füllen, Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat und die Europäische Zentralbank, COM(2024) 705 final, 26. November 2024.

  7. Siehe auch EZB, Bestimmungsfaktoren der Teuerung bei Nahrungsmitteln im Euroraum in den vergangenen zwei Jahren, Kasten 4, Wirtschaftsbericht 2/2024.

  8. Zur Entwicklung der zugrunde liegenden Inflation siehe auch P. R. Lane, Underlying inflation: an update, Rede anlässlich der von der Federal Reserve Bank of Cleveland und der EZB am 24. Oktober 2024 abgehaltenen Konferenz „Inflation: Drivers and Dynamics Conference 2024“.

  9. Siehe EZB, Durchwirken der Geldpolitik auf die Teuerung bei Waren und Dienstleistungen – eine granulare Perspektive, Kasten 5, Wirtschaftsbericht 8/2024.

  10. Zur Pufferfunktion der Gewinne siehe EZB, Gewinnindikatoren für die Inflationsanalyse unter Berücksichtigung der Gesamtkosten, Kasten 6, Wirtschaftsbericht 4/2024.

  11. Die Lohndrift misst, inwieweit die Entwicklung der tatsächlichen Löhne von der Entwicklung der Tarifverdienste abweicht. Sie spiegelt unter anderem Veränderungen bei den Überstunden, Bonuszahlungen und dem Arbeitskräfteangebot wider. Zur aktuellen Entwicklung der Lohndrift siehe EZB, Die jüngste Entwicklung des Lohnwachstums und die Rolle der Lohndrift, Kasten 5, Wirtschaftsbericht 6/2024.

  12. Ein einleitender und technischer Überblick über die wesentlichen Merkmale der Umfrage zu den Verbrauchererwartungen findet sich in: K. Bańkowska et al., ECB Consumer Expectations Survey: an overview and first evaluation, Occasional Paper Series der EZB, Nr. 287, 2021. Zu den aus der Umfrage zu den Verbrauchererwartungen gewonnenen Erkenntnissen über die Erwartungen der privaten Haushalte siehe F. D’Acunto et al., Household inflation expectations: an overview of recent insights for monetary policy, Discussion Paper Series der EZB, Nr. 24, 2024. Zu aktuellen Ergebnissen derselben Umfrage, die sich auf das Vertrauen, das die EZB im Euroraum genießt, und auf die von Verbraucherinnen und Verbrauchern wahrgenommenen Inflationsursachen beziehen, siehe EZB, Vertrauen in die EZB – Erkenntnisse aus der Umfrage zu den Verbrauchererwartungen, Wirtschaftsbericht 3/2024, und EZB, Hauptursache der jüngsten Inflationsentwicklung aus Verbrauchersicht: Wie hat sich die Wahrnehmung im Zeitverlauf verändert?, Kasten 5, Wirtschaftsbericht 7/2024.

  13. Die Analyse wurde in folgenden Publikationen veröffentlicht: B. Anghel, S. Bunel et al., Digitalisation and productivity: a report by the ESCB expert group on productivity, innovation and technological change, Occasional Paper Series der EZB, Nr. 339, Februar 2024; G. Bijnens et al., The impact of climate change and policies on productivity: a report by the ESCB expert group on productivity, innovation and technological change, Occasional Paper Series der EZB, Nr. 340, Februar 2024; und T. Lalinsky et. al., The impact of the COVID-19 pandemic and policy support on productivity: a report by the ESCB expert group on productivity, innovation and technological change, Occasional Paper Series der EZB, Nr. 341, Februar 2024. Eine Zusammenfassung der Analyse findet sich in: EZB, Auswirkungen der jüngsten Schocks und gegenwärtigen strukturellen Veränderungen auf das Produktivitätswachstum im Euroraum, Wirtschaftsbericht 2/2024.

  14. Siehe M. Draghi, The future of European competitiveness, September 2024. Bericht im Auftrag der Europäischen Kommission.

  15. Rundungsbedingt übersteigt die Summe 100 %; so betrugen die Bestände an Wertpapieren des öffentlichen Sektors etwa 1,558 Bio. €.

  16. Siehe F. M. Ferrara, T. Hudepohl, P. Karl, T. Linzert, B. Nguyen und L. Vaz Cruz, Who buys bonds now? How markets deal with a smaller Eurosystem balance sheet, Der EZB-Blog, 22. März 2024.

  17. Siehe I. Rahmouni-Rousseau und I. Schnabel, The dynamics of PEPP reinvestments, Der EZB-Blog, 13. Februar 2024.

  18. Siehe Was sind ACC-Rahmen? in der Rubrik „Wissenswertes“ auf der Website der EZB (aktualisiert am 14. Januar 2021).

  19. Siehe EZB, Änderungen am Sicherheitenrahmen des Eurosystems im Sinne einer stärkeren Harmonisierung, Kasten 6, Wirtschaftsbericht 1/2025.

  20. Leitlinie der Europäischen Zentralbank vom 9. Juli 2014 über zusätzliche zeitlich befristete Maßnahmen hinsichtlich der Refinanzierungsgeschäfte des Eurosystems und der Notenbankfähigkeit von Sicherheiten und zur Änderung der Leitlinie EZB/2007/9 (EZB/2014/31) (Abl. L 240 vom 13.8.2014, S. 28).

  21. Siehe Leitlinie (EU) 2015/510 der Europäischen Zentralbank vom 19. Dezember 2014 über die Umsetzung des geldpolitischen Handlungsrahmens des Eurosystems (Neufassung) (EZB/2014/60) (Abl. L 91 vom 2.4.2015, S. 3).

  22. Sämtliche hier angeführten Änderungen treten mit der nächsten regelmäßigen Aktualisierung des geltenden Rechtsrahmens in Kraft, frühestens jedoch im vierten Quartal 2025, mit Ausnahme der Änderungen in Bezug auf Kreditforderungen, die von einer pandemiebedingten Teilgarantie des öffentlichen Sektors profitieren (für diese gilt ein Inkrafttreten nicht vor Ende 2026).

  23. Siehe EZB, The financial risk management of the Eurosystem’s monetary policy operations, Juli 2015.

  24. Siehe Wie kommen Gewinne und Verluste bei der EZB und den nationalen Zentralbanken zustande? in der Rubrik „Wissenswertes“ auf der Website der EZB (aktualisiert am 19. Mai 2023).

  25. Diese Änderung basierte auf zwei separaten Beschlüssen: a) die Zulassung von S-ICASs als zusätzliche Quelle für Bonitätsbeurteilungen, vorbehaltlich der Ausarbeitung eines harmonisierten Rahmens (als Teil der vereinbarten Änderungen des Sicherheitenrahmens, siehe Kapitel 2 Abschnitt 2 und EZB, EZB kündigt Änderungen am Sicherheitenrahmen des Eurosystems zwecks stärkerer Harmonisierung an, Pressemitteilung vom 29. November 2024); b) die Genehmigung des harmonisierten Rahmens (siehe EZB, Beschlüsse des EZB-Rats (ohne Zinsbeschlüsse) – Januar 2025, 31. Januar 2025).

  26. Die 2016 eingeführte Floor-Methodik der EZB wurde erstmals 2022 überarbeitet und von der EZB in dieser Form seit dem 1. Januar 2024 bei der Beurteilung von A-SRI-Puffern angewandt.

  27. Spanien, Griechenland und Portugal kündigten die Einführung einer positiven neutralen Quote für den antizyklischen Kapitalpuffer an, und Italien kündigte die Einführung eines Systemrisikopuffers für inländische Kredit‑ und Gegenparteiausfallrisiken an.

  28. Während einige Länder neue makroprudenzielle Maßnahmen umsetzten, kündigten Kroatien und Lettland Änderungen an der Behandlung von durch Immobilien besicherten Risikopositionen gemäß Artikel 124 der Eigenkapitalverordnung (Capital Requirements Regulation – CRR) an, um die in der CRR III vorgesehenen Änderungen umzusetzen.

  29. Bulgarien und Griechenland kündigten die Umsetzung von kreditnehmerbezogenen Maßnahmen im Jahr 2024 an, und mehrere Länder nahmen Anpassungen an bestehenden kreditnehmerbezogenen Maßnahmen vor.

  30. Siehe EZB, Financial Stability Review, Mai 2024; EZB, Financial Stability Review, November 2024.

  31. Siehe a) Slowakei: Stellungnahme der Europäischen Zentralbank vom 14. Februar 2024 zu einer Sonderabgabe für Kreditinstitute (CON/2024/4) (Englisch); b) Lettland: Stellungnahme der Europäischen Zentralbank vom 4. November 2024 zur Erhebung eines befristeten Solidaritätsbeitrages von Kreditinstituten für die Zwecke der nationalen Sicherheit (CON/2024/35) (Englisch); c) Spanien: Stellungnahme der Europäischen Zentralbank vom 17. Dezember 2024 zu einer Steuer auf die Nettozins- und Provisionserträge bestimmter Finanzinstitute (CON/2024/41) (Englisch).

  32. Dem ESRB gehören die Präsidenten und Präsidentinnen der nationalen Zentralbanken aller Länder des Europäischen Wirtschaftsraums sowie die Leiterinnen und Leiter der nationalen und europäischen Aufsichtsbehörden an. Er bewertet die Systemrisiken vierteljährlich und gibt, so dies erforderlich ist, Warnungen und Empfehlungen ab. Siehe Verordnung (EU) Nr. 1096/2010 des Rates vom 17. November 2010 zur Betrauung der Europäischen Zentralbank mit besonderen Aufgaben bezüglich der Arbeitsweise des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 162).

  33. Siehe EZB/ESRB, Using the countercyclical capital buffer to build resilience early in the cycle, Januar 2025.

  34. Siehe ESRB, Advancing macroprudential tools for cyber resilience – Operational policy tools, April 2024.

  35. Siehe ESRB, NBFI-Monitor, Juni 2024.

  36. Siehe ESRB, Follow-up report on vulnerabilities in the residential real estate sectors of the EEA countries, Februar 2024.

  37. Siehe ESRB, ESRB issues a recommendation on vulnerabilities in the commercial real estate sector in the European Economic Area, Pressemitteilung vom 25. Januar 2023.

  38. Verordnung (EU) Nr. 1092/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über die Finanzaufsicht der Europäischen Union auf Makroebene und zur Errichtung eines Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 1).

  39. Siehe ESRB, High-Level Group on the ESRB Review publishes report entitled “Building on a Decade of Success”, Pressemitteilung vom 18. Dezember 2024.

  40. Siehe Kapitel 1 Abschnitt 3.1.5 des EZB-Jahresberichts zur Aufsichtstätigkeit 2024.

  41. Siehe Kapitel 1 Abschnitt 2.4.1 des EZB-Jahresberichts zur Aufsichtstätigkeit 2023; F. Elderson, Sustainable finance: from “eureka!” to action, Rede auf dem Sustainable Finance Lab Symposium on Finance in Transition, 4. Oktober 2024.

  42. Unter ihrer entsprechenden Befugnis im Hinblick auf beaufsichtigte Kreditinstitute verhängte die EZB a) gegen die Confédération Nationale du Crédit Mutuel zwei Verwaltungssanktionen wegen Verstößen gegen zwei Aufsichtsbeschlüsse zu internen Modellen, b) zwei Verwaltungssanktionen gegen die Banque et Caisse d’Epargne de l’Etat im Zusammenhang mit zwei Verstößen wegen Meldung ungenauer Quartalsinformationen über Eigenmittel und Eigenmittelanforderungen, und c) eine Verwaltungssanktion gegen die BNP Paribas Fortis SA/NV im Zusammenhang mit einem Verstoß wegen der Meldung ungenauer konsolidierter Quartalsinformationen über Eigenmittelanforderungen und risikogewichtete Aktiva für das Kredit‑ und Verwässerungsrisiko bei Factoring-Positionen.

  43. Verordnung (EU) 2024/1623 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. Mai 2024 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 im Hinblick auf Vorschriften für das Kreditrisiko, das Risiko einer Anpassung der Kreditbewertung, das operationelle Risiko, das Marktrisiko und die Eigenmitteluntergrenze (Output-Floor) (ABl. L 2024/1623, 19.6.2024).

  44. Richtlinie (EU) 2024/1619 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. Mai 2024 zur Änderung der Richtlinie 2013/36/EU im Hinblick auf Aufsichtsbefugnisse, Sanktionen, Zweigstellen aus Drittländern sowie Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführungsrisiken (ABl. L, 2024/1619, 19.6.2024).

  45. Verordnung (EU) 2023/1114 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. Mai 2023 über Märkte für Kryptowerte und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 1095/2010 sowie der Richtlinien 2013/36/EU und (EU) 2019/1937 (ABl. L 150, 9.6.2023, S. 40).

  46. Siehe Stellungnahme der Europäischen Zentralbank vom 30. April 2024 zu Vorschlägen für eine Verordnung und eine Richtlinie über Zahlungsdienste und E-Geld-Dienste (CON/2024/13).

  47. Siehe M. Draghi, The future of European competitiveness, Bericht im Auftrag der Europäischen Kommission, September 2024; E. Letta, Much more than a market, Bericht im Auftrag des Europäischen Rates, April 2024.

  48. Siehe ECB Committee on Financial Integration, Financial Integration and Structure in the Euro Area, Juni 2024; EZB, Financial Stability Review, November 2024; C. Lagarde, Die Ersparnisse in Europa für Investitionen und Innovationen nutzbar machen, Rede anlässlich des 34. Europäischen Bankenkongresses zum Thema „Out of the Comfort Zone: Europe and the New World Order“ in Frankfurt am Main, 22. November 2024; L. de Guindos, Bridging the gap: reviving the euro area’s productivity growth through innovation, investment and integration, Rede auf der Latvijas Banka and SUERF Economic Conference 2024 in Riga, 2. Oktober 2024; P. Cipollone, Der Weg zu einer digitalen Kapitalmarktunion, Grundsatzrede beim Zahlungsverkehrssymposium der Deutschen Bundesbank zur Zukunft des Zahlungsverkehrs in Frankfurt am Main, 7. Oktober 2024.

  49. Siehe FSC high-level task force on NBFI, Eurosystem response to EU Commission’s consultation on macroprudential policies for non-bank financial intermediation (NBFI), November 2024. Die EZB brachte sich zudem bei der Antwort des ESRB im Rahmen derselben Konsultation ein.

  50. Siehe Financial Stability Board, Liquidity Preparedness for Margin and Collateral Calls: Final report,10. Dezember 2024; Financial Stability Board, Leverage in Non-Bank Financial Intermediation: Consultation report, 18. Dezember 2024.

  51. Zu den Nichtbanken-Zahlungsdienstleistern gehören unter anderem Zahlungsinstitute im Sinne von Artikel 4 Absatz 4 der EU-Richtlinie über Zahlungsdienste sowie E-Geld-Institute im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 der E-Geld-Richtlinie.

  52. Verordnung (EU) 2024/886 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. März 2024 zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 260/2012 und (EU) 2021/1230 und der Richtlinien 98/26/EG und (EU) 2015/2366 im Hinblick auf Echtzeitüberweisungen in Euro (ABl. L 2024/886, 19.3.2024).

  53. Richtlinie 98/26/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 1998 über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs‑ sowie Wertpapierliefer‑ und ‑abrechnungssystemen (ABl. L 166, 11.6.1998, S. 45).

  54. Beschluss (EU) 2025/222 der Europäischen Zentralbank vom 27. Januar 2025 über den Zugang von Zahlungsdienstleistern aus dem Nichtbankensektor zu den von den Zentralbanken des Eurosystems betriebenen Zahlungssystemen und Zentralbankkonten (EZB/2025/2) (ABl. L 2025/222, 6.2.2025).

  55. Leitlinie (EU) 2022/912 der Europäischen Zentralbank vom 24. Februar 2022 über ein transeuropäisches automatisiertes Echtzeit-Brutto-Express-Zahlungsverkehrssystem (TARGET) der neuen Generation und zur Aufhebung der Leitlinie EZB/2012/27 (EZB/2022/8).

  56. Siehe den Bereich zu den Sondierungsarbeiten zu neuen Technologien für die Abwicklung von Großbetragszahlungen in Zentralbankgeld auf der Website der EZB.

  57. Siehe P. Cipollone, Der Weg zu einer digitalen Kapitalmarktunion, Grundsatzrede beim Zahlungsverkehrssymposium der Deutschen Bundesbank zur Zukunft des Zahlungsverkehrs, 7. Oktober 2024.

  58. Siehe EZB, Preliminary methodology for calibrating holding limits, Präsentationsfolien für die 14. technische Sitzung des ERPB zum digitalen Euro, 10. Dezember 2024; EZB, Update on workstream on the methodology for the calibration of holding limits, Präsentationsfolien für die 11. technische Sitzung des ERPB zum digitalen Euro, 11. April 2024; EZB, Summary of inputs on the methodology for calibrating holding limits, Präsentationsfolien für die 12. technische Sitzung des ERPB zum digitalen Euro, 16. Juli 2024; und EZB, ERPB – Annex to preliminary methodology for holding limit calibration, 10. Dezember 2024.

  59. Verordnung (EU) Nr. 795/2014 der Europäischen Zentralbank vom 3. Juli 2014 zu den Anforderungen an die Überwachung systemrelevanter Zahlungsverkehrssysteme (EZB/2014/28) (ABl. L 217, 23.7.2014, S. 16).

  60. Verordnung (EU) 2023/1114 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. Mai 2023 über Märkte für Kryptowerte und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 1095/2010 sowie der Richtlinien 2013/36/EU und (EU) 2019/1937 (ABl. L 150, 9.6.2023, S. 40).

  61. Verordnung (EU) 2022/2554 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2022 über die digitale operationale Resilienz im Finanzsektor und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009, (EU) Nr. 648/2012, (EU) Nr. 600/2014, (EU) Nr. 909/2014 und (EU) 2016/1011 (ABl. L 333, 27.12.2022, S. 1).

  62. Siehe EZB, Adopting TIBER-EU will help fulfil DORA requirements, September 2024.

  63. Verordnung (EU) Nr. 909/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Verbesserung der Wertpapierlieferungen und ‑abrechnungen in der Europäischen Union und über Zentralverwahrer sowie zur Änderung der Richtlinien 98/26/EG und 2014/65/EU und der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 (ABl. L 257, 28.8.2014, S. 1).

  64. Verordnung (EU) 2022/858 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2022 über eine Pilotregelung für auf Distributed-Ledger-Technologie basierende Marktinfrastrukturen und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 600/2014 und (EU) Nr. 909/2014 sowie der Richtlinie 2014/65/EU (ABl. L 151, 2.6.2022, S. 1).

  65. Verordnung (EU) 2024/2987 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2024 zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 648/2012, (EU) Nr. 575/2013 und (EU) 2017/1131 im Hinblick auf Maßnahmen zur Minderung übermäßiger Risikopositionen gegenüber zentralen Gegenparteien aus Drittstaaten und zur Steigerung der Effizienz der Clearingmärkte der Union (ABl. L, 2024/2987, 4.12.2024).

  66. Siehe P. Cipollone, P. Lane und I. Schnabel, Learning from crises: our new framework for euro liquidity lines, Der EZB-Blog, 29. Januar 2024.

  67. Gemäß Artikel 141 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. C 326, 26.10.2012, S. 47), Artikel 17, 21.2, 43.1 und 46.1 der ESZB-Satzung sowie Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 332/2002 des Rates vom 18. Februar 2002 zur Einführung einer Fazilität des mittelfristigen finanziellen Beistands zur Stützung der Zahlungsbilanzen der Mitgliedstaaten (ABl. L 53, 23.2.2002, S. 1).

  68. Gemäß Artikel 122 Absatz 2 und 132 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, Artikel 17 und 21 der ESZB-Satzung sowie Artikel 8 der Verordnung (EU) Nr. 407/2010 des Rates vom 11. Mai 2010 zur Einführung eines europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus (ABl. L 118, 12.5.2010, S. 1).

  69. Gemäß Artikel 17 und 21 der ESZB-Satzung in Verbindung mit Artikel 10 der Verordnung (EU) 2020/672 des Rates vom 19. Mai 2020 zur Schaffung eines Europäischen Instruments zur vorübergehenden Unterstützung bei der Minderung von Arbeitslosigkeitsrisiken in einer Notlage (SURE) im Anschluss an den COVID‐19‐Ausbruch (ABl. L 159, 20.5.2020, S. 1).

  70. Gemäß Artikel 17 und 21 der ESZB-Satzung in Verbindung mit Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Februar 2021 zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität (ABl. L 57, 18.2.2021, S. 17).

  71. Gemäß Artikel 17 und 21 der ESZB-Satzung in Verbindung mit Verordnung (EU) 2024/792 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. Februar 2024 zur Einrichtung der Fazilität für die Ukraine (ABl. L 2024/792, 29.2.2024).

  72. Gemäß Artikel 17 und 21 der ESZB-Satzung in Verbindung mit Beschluss (EU) 2024/1144 des Rates vom 12. April 2024 über eine kurzfristige Makrofinanzhilfe für die Arabische Republik Ägypten (ABl. L 2024/1144, 15.4.2024).

  73. Gemäß Artikel 17 und 21 der ESZB-Satzung in Verbindung mit Artikel 3(5) des EFSF-Rahmenvertrags.

  74. Gemäß Artikel 17 und 21 der ESZB-Satzung in Verbindung mit Artikel 5.12.1 der General Terms for ESM Financial Assistance Facility Agreements.

  75. Im Zusammenhang mit der Kreditrahmenvereinbarung zwischen den Mitgliedstaaten des Euroraums (mit Ausnahme Deutschlands und Griechenlands) und der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) – die im öffentlichen Interesse handelt und den Anweisungen der Bundesrepublik Deutschland unterliegt, die eine Garantie zugunsten der KfW übernimmt – als Kreditgeber einerseits und der Hellenischen Republik als Kreditnehmerin und der griechischen Zentralbank als deren Vertreterin andererseits sowie gemäß Artikel 17 und 21.2 der ESZB-Satzung und Artikel 2 des Beschlusses der Europäischen Zentralbank vom 10. Mai 2010 über die Verwaltung von der Griechischen Republik gewährten zusammengelegten bilateralen Krediten und zur Änderung des Beschlusses EZB/2007/7 (EZB/2010/4) (ABl. L 119, 13.5.2010, S. 24.).

  76. Gemäß Memorandum of Understanding for the European Union Issuance Service.

  77. Leitlinie (EU) 2021/827 der Europäischen Zentralbank vom 29. April 2021 zur Änderung der Leitlinie EZB/2013/24 über die statistischen Berichtsanforderungen der Europäischen Zentralbank im Bereich der vierteljährlichen Finanzierungsrechnungen (EZB/2021/20) (ABl. L 184 vom 25.5.2021, S. 4).

  78. Leitlinie (EU) 2022/747 der Europäischen Zentralbank vom 5. Mai 2022 zur Änderung der Leitlinie EZB/2011/23 über die statistischen Berichtsanforderungen der Europäischen Zentralbank im Bereich der außenwirtschaftlichen Statistiken (EZB/2022/23) (ABl. L 137 vom 16.5.2022, S. 177).

  79. Zweckgesellschaften sind in einer bestimmten Ländergruppe von erheblicher Bedeutung.

  80. Nähere Einzelheiten zu den Daten, den gewählten Methoden und den verbleibenden Einschränkungen finden sich in EZB, Climate change-related statistical indicators, Statistics Paper Series der EZB, Nr. 48, April 2024.

  81. Siehe EZB, Gründe für den massiven Rückgang der externen Kapitalströme des Euroraums im Jahr 2022 – Erkenntnisse aus einer detaillierteren Aufschlüsselung der Zahlungsbilanzstatistik, Kasten 6, Wirtschaftsbericht 4/2023.

  82. Siehe M. Anacki, A. Aragonés, G. Calussi und H. Olsson, Exploring the investment funds households own, ECB Data Blog, 17. September 2024.

  83. Die Liste der Partnerländer des Euroraums umfasst nun beispielsweise alle G20- und EU-Länder außerhalb des Euroraums. Insbesondere stehen nun Daten zu einer Reihe weiterer Industrieländer (Australien, Norwegen und Südkorea) sowie zu einigen Schwellenländern (Argentinien, Indonesien, Mexiko, Saudi-Arabien, Südafrika und die Türkei) zur Verfügung.

  84. Siehe EZB, Auswirkungen von Zweckgesellschaften auf die grenzüberschreitenden Finanzverflechtungen im Euroraum, Kasten 3, Wirtschaftsbericht 7/2024.

  85. Siehe J. Ashwin et al., Nowcasting euro area GDP with news sentiment: A tale of two crises, Journal of Applied Econometrics, Bd. 39, Nr. 5, 2024, S. 887-905.

  86. Siehe L. Leek, S. Bischl und M. Freier, Introducing Textual Measures of Central Bank Policy-Linkages Using ChatGPT, SocArXiv Papers, Center for Open Science, 2024.

  87. Siehe die Urteile des Gerichts in den Rechtssachen T-182/22, T-186/22, T-187/22, T-188/22, T-189/22, T-190/22 und T-191/22.

  88. Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 des Rates vom 15. Oktober 2013 zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank (ABl. L 287 vom 29.10.2013, S. 63).

  89. Dies sind zum einen die Behörden, deren Aufgabe es ist, zu überwachen, ob die Kreditinstitute ihre Verpflichtungen gemäß dem Richtlinienvorschlag erfüllen, und zum anderen die Behörden (einschließlich der EZB), die für die Beaufsichtigung von Kreditinstituten zuständig sind.

  90. Siehe P. Cipollone, Wahrung der Freiheit, ein öffentliches Zahlungsmittel zu verwenden: Einblicke in die Vorbereitungsphase für einen digitalen Euro, einleitende Bemerkungen vor dem Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments, 14. Februar 2024; P. Cipollone, Aus der Abhängigkeit in die Autonomie: die Rolle eines digitalen Euro für die europäische Zahlungsverkehrslandschaft, einleitende Bemerkungen vor dem Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments, 23. September 2024.

  91. Die EZB hat Beobachterstatus beim IWF und hat einen ständigen Vertreter zum Sitz des IWF in Washington, D. C., entsandt. Der EZB-Beobachter nimmt an ausgewählten Sitzungen des IWF-Exekutivdirektoriums teil.

  92. Mit der 2022 von Luxemburg unterzeichneten VTA stieg die Gesamtanzahl der mit dem Eurosystem abgeschlossenen VTAs auf 19 an (18 VTAs mit EU-Mitgliedstaaten und 1 VTA mit der EZB).

  93. Die Ergebnisse des Stresstests 2024 zu Klimarisiken in qualitativer Form werden im Jahr 2025 als Teil der Offenlegungen zu klimabezogenen Finanzinformationen des Eurosystems veröffentlicht.

  94. Siehe Central Banks and Supervisors Network for Greening the Financial System, NGFS publishes latest long-term climate macro-financial scenarios for climate risks assessment, Pressemitteilung vom 5. November 2024.

  95. Siehe United Nations Environment Programme, Emissions Gap Report 2024. Laut diesem Bericht ist auf Basis bestehender politischer Maßnahmen mit einem Temperaturanstieg von 2,6-2,8°C gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu rechnen.

  96. Siehe EZB, EZB präsentiert Maßnahmenplan zur Berücksichtigung von Klimaschutzaspekten in ihrer geldpolitischen Strategie, Pressemitteilung vom 8. Juli 2021; EZB-Bankenaufsicht, Aufsichtsprioritäten für die Jahre 2022-2024, aus dem Jahr 2021; EZB, Klimaagenda der EZB 2022, vom 4. Juli 2022.

  97. Siehe EZB, Einheitliche Mindeststandards für die Berücksichtigung von Klimarisiken in den internen Bonitätsanalyseverfahren des Eurosystems, Kasten 6, Wirtschaftsbericht 6/2022.